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3.2018
– letztere aus dänischer Produktion. In
den abgelegensten Orten steht ein Smart
Home, das von außen nicht unbedingt als
solches erkennbar ist.
Sind neue Gebäude alle Smart Homes?
Ja, die allermeisten–die Infrastruktur ist in
hohemMaße ausgebaut. Das Smart Home
wurde vor etwa zehn Jahren in Schweden
Thema, als es technisch möglich war, sich
über Webcam sein Haus anzuschauen
(liegt Schnee?), also aus Effizienzgründen
kombiniert mit einem Sicherheitsaspekt.
Ferienhäuser sind anfällig gegenüber jeder
Form von Vandalismus. Es passte auch in
die technische Landschaft, da in Schweden
fast jeder immer online ist.
Schweden sind bei der Umsetzung euro-
päischer Klimaschutzvorschriften ganz
vorne mit dabei. Warum?
Die hohen
Baustandards beruhen nur teilweise auf
EU-Vorgaben, sie werden eher aufgrund
der Kälteproblematik im Winter so hoch
gehandelt. Die Urbanisierung erzeugte
auch in SchwedenDruck auf zunehmende
Verdichtung. Der Baustandard entwickelte
sich von innen nach außen hin, das heißt
von den Metropolen an die Peripherie.
Beim Thema modulares Bauen wird
Schweden immer wieder als Vorrei-
ter genannt.
Es passt zur schwedischen
Sichtweise zum Thema Design: Ein Mö-
belstück, einHaus soll hübsch sein, gleich-
zeitig reduziert, aber vor allemeffizient. Es
gibt im Bereich modulares Bauen einige
Leuchttürme. Einer befindet sich in Mal-
mö. Aber ansonsten verharrt das Thema
weiterhin bei den Prototypen.
In Schweden wurden wohnungslose
Straßenverkäufer jüngst mit Kartenle-
sern ausgerüstet. Sind die Schweden un-
kritisch technikgläubig?
Die Gesellschaft
ist technischen Dingen gegenüber einfach
offener. Auch der Faktor Zeitersparnis ist
wichtig – zumindest beimBezahlen. Über
80 Prozent der Schweden nutzen seit etwa
fünf Jahren nur noch die Swish-Methode
und die SwishApp. Interessant ist, dass
die von den fünf größten schwedischen
Banken gemeinsam entwickelt wurde
– als ein gemeinsamer Standard – eben
effizient. Profiteure davon sind auch die
schwedischen Kollekt-Stationen in den
Kirchen. Das heißt, die Kollekte wird über
das Smartphone abgebucht.
Volvo legt den Neubau des Diesels ad
acta. Hängt das am Diesel-Gate oder
sind die Schweden besonders zukunfts
orientiert?
GanzklarLetzteres.Diebeteilig-
ten Unternehmen haben das E-Mobil als
ausschließlich zukunftsträchtig erkannt.
Dass die Schweden strategisch umrüsten,
liegt auch daran, dass sie die Innenstädte
oft genug gar nicht mehr mit dem Auto
befahren können. Das wird immer restrik-
tiver gehandhabt und hat hohe Parkplatz-
kosten zur Folge.
Legen Schweden ihr Geld in Immobilien
an?
Jedenfalls so lange, wie es sich dabei
um eigengenutzte Immobilien handelt
und das Ferienhaus. Wenn Sie eine Eigen-
tumswohnung erwerben, um sie zu ver-
mieten, zahlen Sie sich als Privatvermieter
teilweise steuerlich dumm und dämlich.
Deswegen sind auf diesem Gebiet Schwe-
den weniger aktiv. Der Deckungsstock bei
Immobilien oder die daraus resultierende
Eigentumsquote ist sehr ausgeprägt, sie
liegt bei aktuell 65 Prozent.
Spielt das Thema Kryptowährung und
Immobilienerwerb in Schweden schon
eine Rolle?
Nein, davon ist mir nichts
Reales bekannt. Etwas anderes gilt beim
Thema Blockchain, jedenfalls im Bereich
des Katasterwesens. Da sind die Schweden
definitiv weiter als die Deutschen.
ZUR PERSON
Dr. Thomas Beyerle
ist Geschäftsführer bei der schwedischen Catella Property Valuation GmbH sowie Head of Group Research im
Catella Konzern. Er ist Lehrbeauftragter an verschiedenen immobilienwirtschaftlichen Hochschulen und Fortbildungsinstitutionen. Bei der gif Gesellschaft
für Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V. ist er im Vorstand aktiv, beim ZIA Zentraler Immobilien Ausschuss e.V. leitet er den Arbeitskreis „Transparenz
und Benchmarking“, und bei der INREV engagiert er sich im Sustainability Committee. Er ist Autor zahlreicher Artikel und Lehrbücher.
«
Dirk Labusch, Freiburg
Warum ist die schwedische Gesellschaft
so transparent?
Die Einstellung, dass mit
Transparenz grundsätzlich bessere Ergeb-
nisse erzielt werden können, ist die DNA
– auch und gerade im Wirtschaftsleben.
Ein weiterer Grund liegt historisch in
der pietistisch geprägten Erziehung und
dem damit weit verbreiteten sozial-gesell-
schaftlichenGrundgedanken, nicht unbe-
dingt zu zeigen, was man so hat. Dann soll
es wenigstens möglich sein, sich aufgrund
transparenterMechanismen jederzeit und
an jedemOrt darüber informieren zu kön-
nen, was der andere so hat oder verdient.
Zeigt die Reihenhaussiedlung auf der
ersten Seite des schwedischen Passes,
dass man sich nicht von anderen abhe-
ben will? Gibt es keine protzigen Villen?
Das Traumziel vieler Schweden ist eher
eine Wasserlage – wo dann aber ein frei-
stehendes Haus mit großem Garten steht.
Ein rotes Holzhaus …
Ja. Drinnen stehen
aber oft High-End-Produkte vom Feins-
ten – von der Küche über das IT-Netzwerk
bis hin zu durchdesignten Hi-Fi-Geräten