Immobilienwirtschaft 10/2017 - page 55

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tumszahlen beziehen sich dabei auf den
jeweiligen stadtweitenDurchschnitt. Kon-
zentriert man sich in der ABBA-Strategie
nur auf die A-Lagen, so lassen sich die
Steigerungszahlen sogar noch erhöhen.
IM EINKAUF LIEGT DER GEWINN
Die A-Lage
amB-Standort wäre damit imerstenHalb-
jahr 2017 sogar etwas für den kurzfristigen
Immobilienhändler gewesen. Für den
langfristig orientierten Portfolio-Investor
steht das ganz außer Frage. Für ihn lauert
eher die Gefahr in der Bewertung und im
Immobilienmanagement vor Ort, denn
in Städten wie Kiel (243.000 Einwoh-
ner), Mainz (207.000) oder Regensburg
(142.000) ist kaum ein bundesweit agie-
render Immobiliendienstleister wirklich
präsent. Außerdemfindet vieles direkt vor
Ort statt, man kennt sich. Kommt ein Ob-
jekt in den Verkauf, so wird es sehr häufig
direkt gehandelt, ohne dass der nationale
oder sogar internationale Immobilien-
markt davon etwas erfährt. Die Heraus-
forderung liegt also im Einkauf.
Hinzu kommt dieMentalität der loka-
len Büromieter. Mieter Incentives fallen in
B-Städten meist deutlich geringer aus, die
Umbautenübernimmt derMieter, das liegt
an den geringen Leerständen aufgrund
fehlender Immobilienspekulationen. Mit-
telständische Mieter wachsen gerne im
Gebäude und haben eine längere Verweil-
dauer, das Interesse am Umzug innerhalb
des begrenzten Stadtgebiets ist häufig ge-
ring. Die Flächen sind in der Regel kleiner
als in den Großstädten, die Mieter haben
selten eigene Immobilienverantwortliche
oder Profi-Software, sondern die Vermie-
tung läuft hier auf traditionellen Wegen.
Dadurch entsteht dem Vermieter ein hö-
herer Betreuungsaufwand, es lässt sich
kaum etwas automatisieren oder über
Software steuern – der Mieter braucht ei-
nen persönlichen Ansprechpartner in der
Region. Die Herausforderung liegt also im
Immobilienmanagement.
Was vielen, insbesondere internationa-
len Immobilieninvestoren schwerfällt, ist
das Verständnis für die regionale Vielfalt
Deutschlands. Städte wie Regensburg oder
Kiel sind im internationalen Kontext klein
und nahezu – häufiger: völlig – unbe-
kannt. Hier in Immobilien zu investieren
setzt großes Vertrauen in denDienstleister
voraus. Es wird diesen Lernprozess geben,
wenn die ersten großen Pensionskassen,
Fonds und Bestandshalter ihre Immobili-
enerträge (siehe Mietentwicklungen) und
Wertsteigerungen im Portfolio sehen und
miteinander vergleichen.
EIN RUN AUF B-STÄDTE IST MÖGLICH
Es
könnte sogar sein, dass beizeiten ein ge-
wisser „Run“ auf ausgewählte deutsche
B-Städte stattfindet. Der Anlagedruck ist
hoch und die A-Städte sind leergefegt. Die
Welt hat sich auch daran gewöhnt, dass
globale Riesen wie Adidas und Puma im
beschaulichen Herzogenaurach ihren
Hauptsitz haben oder mit VW einer der
größten Autobauer der Welt im nieder-
sächsischen Wolfsburg sitzt.
Abschließend lässt sich festhalten: Die
ABBA-Strategie ist etwas für Profis auf
der Immobilienseite und für langfristig
Orientierte auf der Investorenseite. Die
Sicherheit und Rendite dieser Investment-
strategie wird sich herumsprechen. Wer
jetzt einsteigt, ist noch ein „First Mover“
mit allenVorteilen gegenüber der „Immo-
bilienherde“, die sich noch an A-Standor-
ten um rare, teilweise überteuerte, häufig
nicht mehr lukrative A-Objekte balgt.
SUMMARY
»
Die ABBA-Strategie rückt in den Fokus:
In Zeiten sehr hoch gehandelter Core-Immobilien an den A-Standorten fällt der Blick
automatisch auf die zweite Reihe.
»
Das Risiko besteht darin,
dass in Boom-Zeiten auch B-Immobilien profitieren.
»
Ebbt der Boom ab, steht das
„B“ einer Wertsteigerung im Wege.
»
Die Chancen sind deutliche Mietpreissteigerungen
– aktuell übertreffen sie die A-Metropolen – und lang-
fristige Sicherheit aufgrund fehlender Spekulationsobjekte.
»
Die Herausforderungen im Portfolioaufbau
ergeben sich aus den lokalen Begeben-
heiten: Objektmangel oder erschwerter Zugang und das kleinteiligere, traditionellere und persönlichere Immobilienmanagement.
Foto: Corpus Sireo Real Estate
«
Dr. Bernd Wieberneit, Köln
Dr. Bernd
Wieberneit,
Chief Financial
Officer bei Cor-
pus Sireo Real
Estate
AUTOR
B-Städte wie Regensburg weisen derzeit hohe Wachstumsraten auf.
1...,45,46,47,48,49,50,51,52,53,54 56,57,58,59,60,61,62,63,64,65,...116
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