Immobilienwirtschaft 9/2017 - page 84

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20 JAHRE SPEZIAL
I
INSTRUMENTE UND RAHMENBEDINGUNGEN
beiden Jahrzehnten sprunghaft gestiegen: Berufsverbände, Woh-
nungswirtschaft, Industrie- und Handelskammern, Seminar-
veranstalter, private Weiterbildungsinstitute, Berufsakademien,
Fachhochschulen und Universitäten in der ganzen Republik
offerieren eine Fülle von Möglichkeiten, sich immobilienwirt-
schaftliche Fachkenntnisse anzueignen.
DIE DUALE AUSBILDUNG ALS BASIS
„Als die Deutsche Immobilien-
Akademie (DIA) 1995 gegründet wurde, geschah dies vor dem
Hintergrund unzureichender Aus- undWeiterbildungsmöglich-
keiten in der Immobilienwirtschaft. Dieser Bereichwar insbeson-
dere an den Wissenschaftlichen Hochschulen sträflich vernach-
lässigt worden. Allenfalls gab es einige Wahlfächer im Bereich
des betriebswirtschaftlichen oder volkswirtschaftlichen Studi-
ums, die allerdings imWesentlichen auf dieWohnungswirtschaft
konzentriert waren“, erinnert sich Peter Graf, Geschäftsführer der
Deutschen Immobilien-Akademie an der Universität Freiburg.
Der Erwerb des notwendigen immobilienwirtschaftlichenKnow-
hows stützte sich lange Zeit vor allem auf die duale Ausbildung
zum Kaufmann der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft, die
nach einer grundlegenden Novellierung 2006 unter der Bezeich-
nung „Immobilienkaufmann“ firmiert.WichtigeNeuerungenwa-
ren das breitere Spektrum, die größere Flexibilisierung und die
Profilbildung durch Wahlbausteine.
Da die internationale Ausrichtung der Immobilienunterneh-
men zunimmt, lernen die Azubis seitdemnoch intensiver Fremd-
sprachen. Die neue Ausbildungsordnung fördert zudemverstärkt
prozessorientiertes Arbeiten sowiemethodische, soziale und per-
sonale Kompetenzen. Darauf aufbauend oder eine entsprechende
Qualifizierung vorausgesetzt, bildeten sich Berufspraktiker bis in
die 1990er Jahre vor allem zum Immobilienfachwirt weiter. Die
Universitäten boten zunächst keine spezifischen Studiengänge
im Bereich Real Estate an.
KONTAKTSTUDIENGÄNGE ALS SCHRITT ZUR AKADEMISIERUNG
Eine
erste Weiterbildungsmöglichkeit auf akademischem Niveau er-
laubten ab Mitte der 1990er Jahre die Kontaktstudiengänge, die
berufstätigen Hochschulabsolventen, aber auch durch Berufs
erfahrung geeigneten Studierenden dieMöglichkeit einer wissen-
schaftlich fundiertenVertiefung und Erweiterung ihrer bereits er-
worbenen Kenntnisse ermöglichten. Die Abschlüsse bieten zwar
trotz ihrer Anbindung an die Universitäten keinen akademischen
Grad, bescheinigen aber wie der Diplom-Immobilienwirt (DIA),
der Immobilienökonom (ADI) oder der Immobilienökonom
(IREBS) per Zertifikat immobilienwirtschaftliche Kenntnisse auf
universitärem Niveau. Im Zuge des Bologna-Prozesses und der
Etablierung des European Credit Transfer System (ECTS) bilden
sie für Berufspraktiker – auch ohne Abitur – den ersten Schritt
zumErwerb eines akademischenGrades. Parallel oder aufbauend
auf ein Kontaktstudium kann der Bachelorabschluss im Bereich
Real Estate undweiterführend auch derMaster erworbenwerden.
Eine Aufwertung hat auch die Erstausbildung an den Berufs-
akademien in unmittelbarer Kombination mit immobilienwirt-
schaftlichenUnternehmen oder Institutionen erfahren. Diese fir-
mieren seit der Bologna-Reformals Duale Hochschulen und sind
berechtigt, akademische Grade zu verleihen. Dabei können die
Studenten flexibel wählen, ob sie nach dem Abschluss als Bache-
lor sofort einMasterstudium anhängen oder zunächst berufliche
Praxis sammeln. Aufgewertet wurden auch die Fachhochschu-
len, die heute als Hochschulen für angewandte Wissenschaften
fungieren. Der Trend zu berufsbegleitender Aus- und Weiter-
bildung im akademischen Bereich lässt sich auch bei anderen
Hochschulen und deren angeschlossenen Instituten beobachten.
Dabei unterstützen einmodularer Aufbau, zeitlich begrenzte Prä-
senzphasen, flexible Einstiegsmöglichkeiten und die enge Verzah-
nung mit der beruflichen Praxis die Vereinbarkeit von Studium,
Beruf und Familie.
ZUNEHMENDE KOMPLEXITÄT FÖRDERT SPEZIALISIERUNG
„Die He-
rausforderung an die immobilienwirtschaftliche Weiterbildung
insbesondere der ADI Akademie der Immobilienwirtschaft ist die
Modularisierung des Studienangebots sowie die curriculare Ab-
bildung der Innovationen und der Digitalisierung der Immobili-
enbranche in den nächsten zehn Jahren“, so Hanspeter Gondring
„Die Auszubildenden arbeiten später in Strukturen,
die mit der heutigen Praxis kaum etwas zu tun haben.“
Klaus Leuchtmann,
Vorstandsvorsitzender der EBZ Business School, Bochum
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