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20 JAHRE SPEZIAL
I
INSTRUMENTE UND RAHMENBEDINGUNGEN
eine EG-Richtlinie 1993 die gesetzliche Pflicht zur regelmäßigen
Anlageninspektion und Energieberatung fest. Neun Jahre später
führte die europäische Gebäudeenergierichtlinie zur Einführung
des Energieausweises für Immobilien und zu festen Verbrauchs-
und Effizienzvorgaben in der Gebäudetechnik. Das EG-Regel-
werkmündete inDeutschland 2002 in die erste Fassung der noch
heute heiß diskutierten Energieeinsparverordnung (EnEV). Ihr
wesentlicher Kern ist die neue Bilanzierung der Verbrauchswerte,
die sich nun an der Primärenergie ausrichtet, die die bei der Er-
zeugung, Verteilung und Speicherung zusätzlich aufgebrachten
Energiemengen berücksichtigt. Der deutsche Gesetzgeber ging
in vielen Fällen noch über die europäischen Vorgaben hinaus. So
wurde die 2007 formulierte europäische Maßgabe zum Ausbau
regenerativer Energien um 20 Prozent vom Stand 1990 bis 2020
hierzulande auf 40 Prozent verdoppelt. Der 2008 eingeführte ob-
ligatorische Energieausweis gilt in Deutschland für alle Bauten
über 50 Quadratmeter Nutzfläche ohne Denkmalstatus. Ohne
vorliegenden Ausweis drohen Bußgelder von 15.000 Euro.
MEHR KOMFORT GEFRAGT
Doch nicht nur die gesetzlichen Vor-
gaben weiteten sich aus, sondern auch die Nutzerbedürfnisse.
„Der Komfortanspruch von Büronutzern ist in den letzten 20
Jahren extrem gestiegen. Wo früher die Stoßlüftung und das
Heizungsrad reichten, werden heute exakte Temperaturen und
genaue Luftzuflüsse nachgefragt“, stellt Hans-Jörg Frieauff, Ge-
schäftsführer von Goldbeck Nord, fest. „Die gezielte Energiever-
sorgung einzelner Zonen innerhalb derselben Etage ist in den
letzten Jahren zur größten Herausforderung der Gebäudetech-
nik geworden.“ Die Ursache hierfür liegt in einer verstärkten
Flächendifferenzierung von Büroimmobilien. Während in den
1990er Jahren noch die klassische Aufteilung nach Arbeitsplatz,
Besprechungsraum und Teeküche vorherrschte, kamen in den
Folgejahren Freizeitflächen, Lounges oder Einzelkabinen zum
konzentrierten Arbeiten und Telefonieren hinzu. Jede Teilfläche
hat entsprechend unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich
Klimatisierung, Luftzufuhr oder Beleuchtung.
Dass die Ansprüche innerhalb kurzer Zeit in diesem Maße
gestiegen sind, ist die unmittelbare Folge technischer Errun-
genschaften. „Viele Zweck-, Geschäfts- und Wirtschaftsbauten
„Viele Zweck-, Geschäfts- und Wirtschaftsbauten konn-
ten erst durch innovative Konzepte der Gebäudetechnik
realisiert und sinnvoll nutzbar gemacht werden.“
Günther Mertz,
Hauptgeschäftsführer des Bundesindustrieverbands
Technische Gebäudeausrüstung (BTGA)
konnten erst durch innovative Konzepte der Gebäudetechnik rea-
lisiert und sinnvoll nutzbar gemacht werden“, sagt GüntherMertz,
Hauptgeschäftsführer des Bundesindustrieverbands Technische
Gebäudeausrüstung (BTGA). Einen wesentlichen Impuls hierzu
gab die moderne Sensorik, die in den vergangenen 20 Jahren zu
einer Verzehnfachung der verfügbaren Daten geführt hat. „Sen-
soren geben die Messdaten an die Gebäudeautomation weiter
und sorgen so für eine bedarfsgerechte Versorgung einzelner
Gebäudeteile“, erklärt Frieauff. Neben den Einsparungen durch
die rein bedarfsorientierte Energieaufbereitung sind weitere Ef-
fizienzgewinne durch die Fortentwicklung der einzelnen Geräte
erzielt worden. In der Kältetechnik sind hermetische Anlagen
auf den Markt gekommen, die kaum noch Energie entweichen
lassen. Die dazugehörigen Kältemittel setzen verstärkt auf eine
natürliche Basis, die erforderlichen Füllmengen haben sich signi-
fikant reduziert. Für die Heizversorgung haben sich Lösungen
über Kraft-Wärme-Kopplungen wie Gas-Brennwertkessel oder
Blockheizkraftwerke durchgesetzt. Abwärme aus der Stromerzeu-
gung wird dabei zur Wärmeenergie für die Heizung. Besonders
durch die staatliche Förderung ab Jahresbeginn 2009 erfolgte eine
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