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9.2017
KOLUMNE
Die Immobi-
lienbranche
braucht keine
alternativen
Fakten
Frank Peter Unterreiner
Stellen Sie sich vor, die Nachrichtenagentur
X meldet einen Rückgang des Dax, während
sich die Agentur Y über einen Anstieg freut.
Sie würden sich vermutlich fragen, was Sie
mit diesen Informationen anfangen sollen,
und den Datenlieferanten jegliche Kompe-
tenz absprechen. „Chaosbranche“ wäre noch
ein milder Ausdruck. Dann willkommen in
der Immobilienwirtschaft!
„Alternative Fakten“ sind keine Erfindung
von Donald Trump. Die Immobilienbranche
kann das auch – ja, konnte noch nie anders.
Wenn Sie das nicht glauben, lesen Sie mal
zwei Marktberichte zu einem Standort.
Beispiele gefällig? Die Schere zwischen Kauf-
und Mietpreisen sei abermals weiter ausein-
andergegangen, meldet der IVD Süd zum
Stuttgarter Wohnimmobilienmarkt. Um fast
13 Prozent hätten sich Neubauwohnungen
binnen Jahresfrist verteuert, Bestandswoh-
nungen um 10 Prozent. Die Mieten hingegen
hätten nur um 5 beziehungsweise 3,5 Pro-
zent zugelegt. Zwei Tage später berichtet JLL,
dass in der Schwabenmetropole der Preisan-
stieg für Eigentumswohnungen merklich auf
2,6 Prozent abgekühlt wäre. Die Mieten seien
hingegen kräftig um 8 Prozent gestiegen.
Für den Logistikmarkt Stuttgart 1. Halbjahr
beklagt Ellwanger & Geiger einen Umsatz-
rückgang um fast 10 Prozent, Colliers meldet
ein Plus von 19 Prozent und Realogis sogar
einen Anstieg von 30 Prozent.
Haben die gewürfelt? Selbstverständlich
nicht. Entscheidend ist jedoch, dass der
Nutzwert für den Leser so zu gering ist und
die Reputation der Immobilienbranche
leider zu Recht unter diesem Chaos leidet. Es
hilft nichts, wir brauchen einheitliche Defini-
tionen und ebensolche Datensammelstellen.
Zwar hat Markttransparenz und Datenver-
fügbarkeit die vergangenen Jahre deutlich
zugenommen, doch ist sie längst nicht
ausreichend. Alternative Fakten sollten wir
dem amerikanischen Präsidenten überlassen.
