Immobilienwirtschaft 9/2017 - page 100

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MARKT & POLITIK
I
BUNDESTAGSWAHL 2017
BESTELLERPRINZIP
Auch die hohen Mak­
lergebühren beimWohnungskauf führen,
so meinen Experten, zu der auffallend
niedrigen Eigentumsquote Deutschlands.
Da sich in vielen Bundesländern Käufer
und Verkäufer die Provision teilen, ty­
pischerweise aber alleine die Käufer die
Kosten tragen, wird die Einführung des so
genannten Bestellerprinzips beim Woh­
nungskauf diskutiert. Danach würde der­
jenige die Gebühren zu tragen haben, der
den Makler zuvor auch engagiert hat, wie
es bereits bei der Vermietung geschieht.
Die
CDU
spricht sich gegen die Auswei­
tung des Bestellerprinzips auf den Wohn­
raumkauf aus. Die
FDP
äußert sich in ih­
rem Wahlprogramm zwar nicht deutlich
hierzu, ist tendenziell allerdings ebenfalls
gegen das Bestellerprinzip.
SPD
,
B90/Die Grünen
und
Die Linke
setzen sich dafür ein, dass das Besteller­
prinzip bei den Maklergebühren auch
beim Verkauf einer Immobilie Anwen­
dung findet.
REFORM DER GRUNDSTEUER
Mittlerweile
wird bereits seit über 20 Jahren eine Re­
form der Grundsteuer gefordert. Neben
einer grundlegenden Reform wird auch
über die Einführung einer so genann­
ten Baulandsteuer diskutiert, bei der die
Kommunen für baureifeGrundstücke und
bestimmte Gebiete einen erhöhten Hebe­
satz verlangen können. Die Baulandsteuer
war in den Jahren 1961 und 1962 erhoben
worden. Die in den Folgejahren jedoch
eher restriktive Baulandausweisung der
Gemeinden führte dazu, dass die Steuer­
pläne nicht weiterverfolgt wurden.
Einige Fachleute machen sich in die­
sem Zusammenhang für eine reine Bo­
denwertsteuer stark, die den Wert der
Gebäude gänzlich außer Acht lässt. Es ist
eine Methode, mit der öffentliche Staats­
einnahmenmittels einer jährlichen Steuer
auf den Rentenwert des Bodens erhoben
werden und die bestehende Steuern er­
setzt.
Wie auch immer die Veränderungen
im Detail aussehen sollen –
alle Parteien
fordern eine Grundsteuerreform. Aller­
dings soll, im Gegensatz zu den anderen
Parteien, laut
Der Linken
eine Grundsteu­
erreform durchaus zu Steuererhöhungen
führen.
Die
CDU
lehnt eine Baulandsteuer ab,
B90/Die Grünen
,
SPD
und
Die Linke
äu­
ßerten sich dieser gegenüber neutral. Die
FDP
setzt sich für die Bodenwertsteuer ein.
FINANZMARKTREGULIERUNG
Mit der Ent­
wicklung des Ungleichgewichts zwischen
Angebot und Nachfrage und der damit
einhergehenden Steigerung von Miet-
und Kaufpreisen und dem niedrigen
Zinsumfeld ist die Existenz von speku­
lativen Blasen auf dem Wohnungsmarkt
zunehmend in die Diskussion gerückt. Die
damit verbundene Gefahr für die Finanz­
stabilität löst eine Debatte über weitere
Verschärfungen bei der Wohnimmobili­
enfinanzierung aus. Konkret werden die
Bedingungen für die Wohnimmobilien­
kreditvergabe diskutiert.
Die
CDU
schätzt die Gefahr einer Preis­
blase als gering ein und argumentiert da­
her dafür, die Bedingungen für die Kredit­
vergabe nicht zu verschärfen.
Die
FDP
plädiert aus ähnlichen Grün­
den wie die CDU für die Eins-zu-eins-
Umsetzung der EU-Wohnimmobilienkre­
ditrichtlinie, die vorsieht, dass bei Prüfung
der Kreditwürdigkeit der Wert eines Neu-
oder Umbaus berücksichtigt wird anstatt
nur das Einkommen des Schuldners.
Die Linke
dagegen fordert eine stär­
kere Regulierung der Gewerbeimmo­
bilienkredite und die Einführung eines
verlässlichen und umfangreichen Wohn-
immobilienkredit-Registers.
B90/Die Grünen
fordern, dass die
Finanzierungen nachhaltig bleiben und
Banken ihre Kreditvergabestandards
nicht übermäßig senken. Erst wenn sich
Gefahren abzeichnen, sollten die der Auf­
sicht durch den Bundestag zur Verfügung
gestellten Instrumente eingesetzt werden.
Die
SPD
äußert sich nicht explizit im
Wahlprogramm, sie hat allerdings bereits
die Stärkung der Finanzdienstleistungs­
aufsicht und die Umsetzung der Wohn­
immobilienkreditrichtlinie unterstützt.
KLIMAPOLITIK
Für die Energiewende
ist eine deutlich verbesserte Energieeffi­
zienz im Gebäudebestand erforderlich,
und so wird zum Beispiel langfristig bis
zum Jahr 2050 die klimaneutrale Ge­
staltung des Wärmebedarfs angestrebt.
Wege zur Umsetzung dieses ehrgei­
zigen Ziels rücken immer wieder in den
Fokus der politischen Diskussionen.
CDU
,
SPD
,
B90/Die Grünen
und
Die Linke
setzen sich prinzipiell alle für eine weitere
Förderung der Effizienzmaßnahmen bzw.
der energetischen Gebäudesanierung ein.
CDU
und
Die Linke
plädieren hierzu für
eine steuerliche Sonderabschreibung
(Sonder-AfA).
B90/Die Grünen
möchten unter an­
deremdie Gesetze zur Energieeinsparung
und erneuerbarenWärme zusammenfüh­
ren, diese stärker als heute auf CO
2
-Ein­
sparung fokussieren und den Einsparpfad
auf die Klimaziele von Paris ausrichten.
Zusätzlich fordern sie eine Verdoppelung
der Fördermittel des Bundes, um Klima­
schutz im Gebäudebereich zu erreichen
und sozialverträglich zu machen.
Die
SPD
möchte die Mieterhöhung
nach einer Modernisierung begrenzen.
Mieter sollen über so genannte Mieter­
strommodelle von der Einspeisung re­
generativer Energien und einer eigenen
Stromerzeugung finanziell profitieren.
Im Wahlprogramm der
FDP
finden
sich keine Aussagen über eine dezidierte
sektorale Strategie für Gebäude.
«
Dr. Ralph Henger, Köln,
Prof. Dr. Michael Voigtländer, Berlin
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