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9.2017
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Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Die Anlage besteht aus fünf Wohneinheiten. Drei standen im Alleineigentum
eines Eigentümers. Bei den Eigentümern der vierten Wohnung handelt es sich um ein
Ehepaar tunesischer Abstammung. Dieses hatte die Wohnung einst vom Voreigen-
tümer gemietet. Die Gemeinschaft wurde vom Mehrheitseigentümer verwaltet. Der
Mehrheitseigentümer hatte dem Voreigentümer der an das tunesische Ehepaar ver-
mieteten Wohnung signalisiert, dass er auf keinen Fall einen Verkauf an „Türken oder
andere Ausländer“ wolle. Als Verwalter versagte er die vorgesehene Zustimmung zur
Eigentumsübertragung. Sie wurde durch gerichtliches Urteil ersetzt. Später wurde der
Mehrheitseigentümer als Verwalter wiederbestellt. Diesen Beschluss hat das tunesische
Ehepaar erfolgreich angefochten. Seine Bestellung zum Verwalter widersprach wegen
dessen mangelhafter Neutralität den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
FAZIT:
Wegen der versagten Veräußerungszustimmung erscheint eine Entscheidung
für eine Verwaltung durch den Mehrheitseigentümer objektiv nicht mehr vertretbar.
AUSLÄNDERHASS
Keine Wiederbestellung
des Verwalters
Ein gegen die erneute Bestellung
eines Eigentümers als Verwalter
sprechender wichtiger Grund kann
möglicherweise in der früheren
unberechtigten Verweigerung der
Zustimmung zur Veräußerung des
Eigentums liegen.
AG Pinneberg, Urteil v. 21.03.2017, 60 C 49/16
FAKTEN:
Die Gemeinschaft hat gemeinsame Müllcontainer. Die Umlage der Entsor-
gungskosten erfolgt nach Miteigentumsanteilen. Die Eigentümerin eines Reihenhauses
initiierte einen Beschlussantrag dahingehend, dass sie eine eigene Mülltonne in ihrem
Vorgarten aufstellen dürfe und im Gegenzug nicht an den Kosten der Müllentsorgung
zu beteiligen sei, da sie fast keinen Müll verursache. Der Antrag wurde abgelehnt, die
Klage der Eigentümerinmusste erfolglos bleiben. Bei denMüllkosten handelt es sich um
Betriebskosten des gemeinschaftlichen Eigentums. Auch wenn sie meint, nicht ihrem
Kostenanteil entsprechend Müll zu erzeugen, entspricht gerade dies dem typischen Ri-
siko von Betriebskosten. Diese sind nach einem generellen Verteilmaßstab umzulegen.
FAZIT:
Jeder Eigentümer muss für Betriebskosten in gleicher Weise auch dann aufkom-
men, wenn er bestimmte Einrichtungen, wie z. B. Treppenhaus, Aufzug, Kinderspielplatz,
Fahrradkeller, Waschmaschinen- oder Tischtennisräume nicht nutzt. Denn es besteht
gerade kein Grundsatz, dass ein Eigentümer Kosten für Einrichtungen nicht oder nur in
geringerem Umfang zu tragen hat, wenn ihm diese persönlich keinen Nutzen bringen.
KOSTENBEFREIUNG
Kein Anspruch eines Eigentü-
mers auf eigene Müllgefäße
Besteht in einer Eigentumsanlage
eine gemeinsame Müllentsorgung,
hat ein einzelner Eigentümer keinen
Anspruch darauf, dass er von der
Pflicht zur anteiligen Tragung der
gemeinsamen Müllkosten befreit und
ihm das Aufstellen eigener Sammel-
gefäße ermöglicht wird.
LG Frankfurt/Main, Urteil v. 27.04.2017, 2-13 S 168/16
FAKTEN:
Die Eigentümer hatten die Durchführung von Sanierungsmaßnahmen be-
schlossen, zu deren Finanzierung eine Sonderumlage dienen sollte. Die Kostenverteilung
sollte nach Wohn- und Nutzfläche erfolgen. Nach der Teilungserklärung (TE) richtet
sich die Verteilung der Zuführungen zur Instandhaltungsrücklage nach Miteigentums
anteilen. Eine weitere Bestimmung der TE besagte, dass alle nicht ausdrücklich ver-
teilten Kosten im Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen getragen werden sollten. Ein
Eigentümer hatte den Kostenverteilungsbeschluss angefochten. Seine Klage hatte Erfolg.
Der Beschluss ist rechtswidrig. Da die Regelungen in der Teilungserklärung zum The-
ma unklar sind, musste es bei der gesetzlichen Regelung in § 16 Abs. 2 WEG bleiben,
wonach jeder Eigentümer verpflichtet ist, die Kosten der Instandhaltung/-setzung nach
dem Verhältnis der Miteigentumsanteile zu tragen.
FAZIT:
Immer wieder enthalten TEs unsinnige Bestimmungen. Wichtig für Verwalter ist
in solchen Fällen, dass der gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel des § 16 Abs. 2 WEG
gilt. Die unklaren und widersprüchlichen Regelungen sind nämlich schlicht unwirksam.
UNKLARE GEMEINSCHAFTSORDNUNG
Keine Kostenverteilungs-
änderung
Sieht die Gemeinschaftsordnung die
Finanzierung von Instandsetzungs-
maßnahmen durch die Rücklage vor
und bestimmt sie weiter, dass die Ei-
gentümer ggf. zu Nachzahlungen ver-
pflichtet sind, kann bei einer beschlos-
senen Ergänzungs-Sonderumlage nicht
von dem Kostenverteilungsschlüssel
abgewichen werden.
AG Hamburg, Urteil v. 24.11.2016, 35a C 106/16