Immobilienwirtschaft 2/2017 - page 26

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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
IMMOBILIENFINANZIERUNG
jedoch rein national zwischen inlän­
dischenKreditinstituten und inländischen
Kreditnehmern geschlossenwird, fehlt das
Kriterium eines grenzüberschreitenden
Kapitalverkehrs. Damit ist der Binnen­
markt nicht tangiert und ein Tätigwerden
der EUkeinesfalls zwingend geboten (Art.
26Vertrag über die Arbeitsweise der Euro­
päischen Union, AEUV). Allerdings wird
eine Angleichung von Rechtsvorschriften
dadurch nicht ausgeschlossen (Art. 114
AEUV), insbesondere wenn der Verbrau­
cherschutz im Vordergrund steht. Jedoch
könnte die Richtlinie aufgrund der offen­
sichtlichen Benachteiligung bestimmter
Personengruppen gegen das Diskriminie­
rungsverbot gemäß Art. 21 Abs. 1 Charta
der Grundrechte der EuropäischenUnion
verstoßen. Ebenfalls könnte ein Verstoß
gegen die unternehmerische Freiheit (Art.
16Charta) vorliegen. Zudemsind die Rah­
menbedingungen für die Gefahren eines
übersteigerten Immobilienmarkts und
dessen Folgen in Deutschland nicht gege­
ben. Zinsbindungen über fünf und zehn
Jahre sind die Regel, die Beleihungsgrenze
wird restriktiv gehandhabt. Deutschland
ist nicht Spanien!
Von der Immobilienwirtschaft, den
Kreditinstituten und dem Bundesver­
band der Verbraucherzentralen wird
deshalb eine Gesetzesänderung und eine
Ausschöpfung möglicher Spielräume ge­
fordert. Der Bundesrat hat am14. Oktober
2016 beraten. Kernpunkte einer Überar­
beitung sollten die Beseitigung von Unsi­
cherheiten für die Kreditinstitute und die
Rücknahme einzelner Regelungen sein:
„Wahrscheinlich“-Definition
(Art. 18
Abs. 5 lit. a WKR): Die Wahrschein­
lichkeit der Vertragserfüllung und die
etwaigen Haftungsbefreiungen sind
entweder gesetzlich oder durch Ausle­
gungsvorschriften zu konkretisieren.
Kreditwürdigkeitsprüfung:
Sie darf kei­
ne Beschränkung auf das laufende Ein­
kommen beinhalten, sondern muss die
D
ie unerwünschten Folgen der derzei­
tigen Geldpolitik der Europäischen
Zentralbank (EZB) sind unüberseh­
bar. Zwar wurde das Inflationsziel von
knapp unter zwei Prozent bislang nicht
erreicht. Demgegenüber gibt es jedoch
Anzeichen, dass die umfängliche Liqui­
ditätsausweitung eine Vermögenspreis­
inflation verursacht. So sind die Preise für
Wohneigentumweiter angestiegen, insbe­
sondere der beschleunigte Preisanstieg im
Altbestand weist auf eine liquiditätsverur­
sachte Vermögenspreisinflation hin.
Ein Zinsanstieg bei zeitgleichem
Rückgang der Immobilienpreise könnte
Kreditnehmer bei Anschlusskrediten vor
Probleme stellen. Sollte es darüber hinaus
zu stärker einbrechenden Immobilien­
preisen kommen, so führen diese in der
Regel zu Kreditausfällen, die den Banken­
sektor treffen würden.
BENACHTEILIGUNG BESTIMMTER GRUP-
PEN
Die Geldpolitik der EZB beinhaltet
demnach erhebliche Risiken für den Fi­
nanz- und Immobiliensektor. Um dem
entgegenzuwirken, wurden Folgeinter­
ventionen wie die EU-Wohnimmobili­
enkreditrichtlinie (WKR) für notwendig
befunden. Die WKR wurde allerdings
überaus restriktiv in deutsches Recht um­
gesetzt. Der neu eingeführte Grundsatz,
dass die Rückzahlfähigkeit des Kredits
während der Laufzeit sichergestellt sein
muss (§ 505b Abs. 2 BGB), hat einige
Gruppen besonders getroffen: ältere Per­
sonen, junge Familien, Selbstständige mit
schwer kalkulierbarem Einkommen und
Grenzgänger, derenEinkommenWechsel­
kursrisiken unterliegen. Zugleich führte
die Neuregelung zu einer Entwertung von
Wohneigentum, da es nicht mehr vollum­
fänglich als Besicherung geeignet ist.
DieWKR soll einen funktionierenden
Binnenmarkt in Bezug auf Immobilien­
kreditverträge schaffen. Da der überwie­
gende Teil der Immobilienkreditverträge
Die erneuerte
Wohnimmobilienkreditrichtlinie
Die Bundesregierung hat in
einem Gesetzentwurf Regu-
lierungen zur Immobilienfi-
nanzierung beschlossen. Der
Entwurf berücksichtigt zwar
einige Kritikpunkte, beinhal-
tet aber weitere planwirt-
schaftliche Eingriffe in die
Vertragsfreiheit und Markt-
steuerung.
Prof. Dr. Dirk
Meyer
lehrt am
Institut für Volks-
wirtschaftslehre
der Universität
der Bundeswehr
in Hamburg. Er
arbeitet an der
Umsetzung der EU-Wohnimmobili-
enkreditricht-linie in das deutsche
Recht.
AUTOR
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