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INVESTMENT & ENTWICKLUNG
I
IMMOBILIENFINANZIERUNG
jedoch rein national zwischen inlän
dischenKreditinstituten und inländischen
Kreditnehmern geschlossenwird, fehlt das
Kriterium eines grenzüberschreitenden
Kapitalverkehrs. Damit ist der Binnen
markt nicht tangiert und ein Tätigwerden
der EUkeinesfalls zwingend geboten (Art.
26Vertrag über die Arbeitsweise der Euro
päischen Union, AEUV). Allerdings wird
eine Angleichung von Rechtsvorschriften
dadurch nicht ausgeschlossen (Art. 114
AEUV), insbesondere wenn der Verbrau
cherschutz im Vordergrund steht. Jedoch
könnte die Richtlinie aufgrund der offen
sichtlichen Benachteiligung bestimmter
Personengruppen gegen das Diskriminie
rungsverbot gemäß Art. 21 Abs. 1 Charta
der Grundrechte der EuropäischenUnion
verstoßen. Ebenfalls könnte ein Verstoß
gegen die unternehmerische Freiheit (Art.
16Charta) vorliegen. Zudemsind die Rah
menbedingungen für die Gefahren eines
übersteigerten Immobilienmarkts und
dessen Folgen in Deutschland nicht gege
ben. Zinsbindungen über fünf und zehn
Jahre sind die Regel, die Beleihungsgrenze
wird restriktiv gehandhabt. Deutschland
ist nicht Spanien!
Von der Immobilienwirtschaft, den
Kreditinstituten und dem Bundesver
band der Verbraucherzentralen wird
deshalb eine Gesetzesänderung und eine
Ausschöpfung möglicher Spielräume ge
fordert. Der Bundesrat hat am14. Oktober
2016 beraten. Kernpunkte einer Überar
beitung sollten die Beseitigung von Unsi
cherheiten für die Kreditinstitute und die
Rücknahme einzelner Regelungen sein:
›
„Wahrscheinlich“-Definition
(Art. 18
Abs. 5 lit. a WKR): Die Wahrschein
lichkeit der Vertragserfüllung und die
etwaigen Haftungsbefreiungen sind
entweder gesetzlich oder durch Ausle
gungsvorschriften zu konkretisieren.
›
Kreditwürdigkeitsprüfung:
Sie darf kei
ne Beschränkung auf das laufende Ein
kommen beinhalten, sondern muss die
D
ie unerwünschten Folgen der derzei
tigen Geldpolitik der Europäischen
Zentralbank (EZB) sind unüberseh
bar. Zwar wurde das Inflationsziel von
knapp unter zwei Prozent bislang nicht
erreicht. Demgegenüber gibt es jedoch
Anzeichen, dass die umfängliche Liqui
ditätsausweitung eine Vermögenspreis
inflation verursacht. So sind die Preise für
Wohneigentumweiter angestiegen, insbe
sondere der beschleunigte Preisanstieg im
Altbestand weist auf eine liquiditätsverur
sachte Vermögenspreisinflation hin.
Ein Zinsanstieg bei zeitgleichem
Rückgang der Immobilienpreise könnte
Kreditnehmer bei Anschlusskrediten vor
Probleme stellen. Sollte es darüber hinaus
zu stärker einbrechenden Immobilien
preisen kommen, so führen diese in der
Regel zu Kreditausfällen, die den Banken
sektor treffen würden.
BENACHTEILIGUNG BESTIMMTER GRUP-
PEN
Die Geldpolitik der EZB beinhaltet
demnach erhebliche Risiken für den Fi
nanz- und Immobiliensektor. Um dem
entgegenzuwirken, wurden Folgeinter
ventionen wie die EU-Wohnimmobili
enkreditrichtlinie (WKR) für notwendig
befunden. Die WKR wurde allerdings
überaus restriktiv in deutsches Recht um
gesetzt. Der neu eingeführte Grundsatz,
dass die Rückzahlfähigkeit des Kredits
während der Laufzeit sichergestellt sein
muss (§ 505b Abs. 2 BGB), hat einige
Gruppen besonders getroffen: ältere Per
sonen, junge Familien, Selbstständige mit
schwer kalkulierbarem Einkommen und
Grenzgänger, derenEinkommenWechsel
kursrisiken unterliegen. Zugleich führte
die Neuregelung zu einer Entwertung von
Wohneigentum, da es nicht mehr vollum
fänglich als Besicherung geeignet ist.
DieWKR soll einen funktionierenden
Binnenmarkt in Bezug auf Immobilien
kreditverträge schaffen. Da der überwie
gende Teil der Immobilienkreditverträge
Die erneuerte
Wohnimmobilienkreditrichtlinie
Die Bundesregierung hat in
einem Gesetzentwurf Regu-
lierungen zur Immobilienfi-
nanzierung beschlossen. Der
Entwurf berücksichtigt zwar
einige Kritikpunkte, beinhal-
tet aber weitere planwirt-
schaftliche Eingriffe in die
Vertragsfreiheit und Markt-
steuerung.
Prof. Dr. Dirk
Meyer
lehrt am
Institut für Volks-
wirtschaftslehre
der Universität
der Bundeswehr
in Hamburg. Er
arbeitet an der
Umsetzung der EU-Wohnimmobili-
enkreditricht-linie in das deutsche
Recht.
AUTOR