Immobilienwirtschaft 2/2017 - page 17

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2.2017
EU-Förderung:
Plädoyer für einfachere Regeln
D
ie Förderung von Projekten der nachhaltigen Stadtentwicklung hat innerhalb der
EU-Strukturfonds einen hohen Stellenwert. Allein inDeutschland werden aus dem
Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) bis 2020 1,5 Milliarden
Euro eingesetzt. DieseMittel bieten eine wertvolle Ergänzung zu den Förderprogrammen
von Bund und Ländern. Durch lokale Projekte im Bereich Bildung, soziale Infrastruk-
turen, Mobilität, lokale Ökonomie oder Aufwertung von Gebäuden und öffentlichem
Raumwird die EU-Förderung für die Bürger sichtbarer als durchmanch andere abstrakte
und teils negativ bewertete EU-Politiken.
Obwohl die Bundesländer und Kommunen noch mitten in der Umsetzung der lau-
fenden Förderperiode stecken, muss man sich bereits jetzt intensiv mit der Zukunft der
EU-Förderung nach 2020 auseinandersetzen. Die neuen Verordnungsvorschläge sind
für 2018 geplant. Angesichts der zunehmenden Europa-Skepsis melden sich imVorfeld
der Debatte vermehrt kritische Stimmen zu Wort, die den Mehrwert einer integrierten
Stadtentwicklungsförderung vor allem für besser entwickelte Regionen infrage stellen.
VIELE WICHTIGE IMPULSE
Doch die EU-Strukturförderung ist mehr als eine Ausgleichspo-
litik. Sie setzte in der Vergangenheit immer wieder wichtige Impulse für neue Ansätze
in der integrierten Quartiersentwicklung oder jüngst im Bereich der interkommunalen
Zusammenarbeit im Rahmen stadtregionaler Entwicklungskonzepte. Durch verschie-
denste normative und regulative europäische Zielvorgaben beeinflusst die EU zudem
indirekt die städtische und regionale Entwicklung, weshalb Städte und Regionen zur
Umsetzung der EU-Normen flächendeckend Unterstützung benötigen. Die Kommu-
nen in Deutschland stehen vor einem erheblichen Druck, ihre Wettbewerbsfähigkeit
zu sichern. Weiterhin gilt es, sich neuen Herausforderungen wie der fortschreitenden
Digitalisierung aller Lebensbereiche oder der zunehmenden Migration zu stellen. Die
EU-Strukturpolitik bleibt daher auch für kleine und mittelgroße Städte in ländlicheren
und strukturschwachen Regionen unverzichtbar.
Allerdings bilden hohe Verwaltungs- und Kontrollvorschriften eine große Gefahr
für die Akzeptanz der EU-Förderung in den Bundesländern und Kommunen. Um die
Effizienz der Förderpolitik auch in Zukunft gewährleisten zu können, bedarf es deshalb
einer starken administrativen Vereinfachung und inhaltlicher Flexibilität des Regel-
werkes – sowohl seitens der EU als auch in der Auslegung durch Behörden.
Die Förderung integrierter Stadtentwicklungsprojekte wurde in der Vergangenheit
durch zu enge Zielvorgaben, erhöhte Prüf- und Kontrollverfahren sowie unklare Rechts-
auslegung erschwert. Hinzu kommt eine politische Tendenz seitens des Kommissions-
präsidenten Juncker, zunehmend auf sektoral ausgerichtete Förderpolitiken zu setzen.
BEZUG ZUM BÜRGER
Die EU-Förderpolitik darf jedoch den Bezug zu den Bürgern nicht
verlieren, indem sie einseitig auf eine „Elitenförderung“ ausgerichtet wird. Die Bürger
identifizieren sich gerade mit solchen Vorhaben der integrierten Stadtentwicklung, in
denen unterschiedliche bauliche und soziale Maßnahmen kombiniert werden. Diese
EU-Projektemüssen daher auch in Zukunft fester Bestandteil des Förderkanons bleiben.
Der Deutsche Verband hat dies in seiner Arbeitsgruppe Europa erörtert und zudem
durch sein Deutsch-Österreichisches Urban-Netzwerk ein fundiertes Positionspapier
erarbeitet.
Deutscher Verband
Die
EU-Strukturpolitik darf den
Bürger nicht verlieren: Die
Förderung der nachhaltigen
Stadtentwicklung leistet dazu
einen wertvollen Beitrag.
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Jonas Scholze, Leiter Büro Brüssel,
Deutscher Verband
Jonas Scholze
Foto: Deutscher Verband
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