Immobilienwirtschaft 2/2017 - page 12

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MARKT & POLITIK
I
WOHNUNGSBAU-ANSICHTEN
schwenken bei der Liegenschaftspolitik
des Bundes eine Neuausrichtung der
Ener
giepolitik: weg vom Fokus auf Ener
gie, hin zum Blick auf Kohlendioxid. Dies
müsse auch für Vergaben der KfW gelten
– zentrale Frage solle sein, wie viel Koh-
lendioxid ein Gebäude verbrauche, so der
Grünen-Fraktionssprecher.
Die von der Wohnungswirtschaft
erhobene Forderung nach einem eigen-
ständigen Bauministeriumbewertet Kühn
ähnlich wie seine Kollegen aus den ande-
ren Fraktionen übrigens als nachrangig:
Damit würde wertvolle Zeit verloren ge-
hen, in der sichMitarbeiter und Aufgaben
neu sortieren müssten, sagt er.
Auch CDU-Frau Dött fände es wich-
tiger, dass mit Bau- undWohnungspolitik
befasste Ämter gleichwertig zwischen Ko-
alitionspartnern aufgeteilt würden – nur
so könnten echte Kompromisse ausgehan-
delt werden, sagt sie.
STILLSTAND BIS SEPTEMBER – BLICK AUF
DAS LAND BERLIN
Wie konkret linke
Stadtentwicklungspolitik aussehen kann,
können die Bundespolitiker seit Kurzem
in Berlin beobachten, wo nach der Wahl
die Linkspolitikerin Katrin Lompscher
das Bauressort übernommen hat. Trotz
des Rücktritts ihres designierten Staats-
sekretärs Andrej Holm sehen sich Berli-
ner Gentrifizierungskritiker im Aufwind,
nachdemeine große Koalition lange zuge-
sehen hat, wieMieten in die Höhe schnell-
ten und Baulandpreise explodierten. Die
LandesregierungennachderWende haben
eigene Grundstücke zum großen Teil ver-
scherbelt, was eine aktive Liegenschafts-
politik erschwert. Rot-Rot-Grün will nun
etwa dieMietpreisbremse verschärfen und
die Umwandlung vonMiet- in Eigentums-
wohnungen unmöglich machen. Wirt-
schafts- und Verbandsvertreter reagieren
entsprechend verschreckt, konservative
Politiker wittern gar einen Bruch der
Landesverfassung (in der die Förderung
von Eigentumsbildung festgeschrieben
ist) – und liefern damit einen deutlichen
Hinweis, dass Wohnungspolitik auch auf
Bundesebene zum Wahlkampfschlager
taugt.
FAZIT
Sowird die Energie von Politikern in
den kommenden Monaten wohl eher ins
Programmatische denn in die Gestaltung
fließen: Der Koalitionsvertrag ist abgear-
beitet, Nachbesserungen derWohnimmo-
bilienkreditrichtlinie hat das Kabinett auf
den Weg gebracht. Als einziges Ergebnis
des monatelang tagenden Bündnisses für
Bauen und Wohnen ist zuletzt ein neues
Gebiet urbanen Typs geschaffen worden,
das Bauen in Zentren erleichtern soll. Die
Frage, wie Familien beimBauen undWoh-
nen unterstützt werden können, dürfte be-
reits in den Wahlkampf wandern – vom
Zuschuss, den die Bundesbauministerin
vorschlägt, bis zur CDU-Variante Bau-
kindergeld oder Freibeträgen bei der
Grunderwerbssteuer liegen verschiedene
Vorschläge auf dem Tisch.
Und wie reagiert die Immobilienwirt-
schaft? Sie mahnt zur Eile. Doch wirklich
bekümmert geben sichdieVerbände nicht,
wissend umdie Aussichten der Bauindus­
trie für 2017: Dem Institut der deutschen
Wirtschaft zufolge ist die Auftragslage so
gut wie seit 20 Jahren nicht. Und so lange
gebaut wird, profitieren auch die demBau
verwandten Branchen – Politikprogram-
matik hin oder her.
«
Kristina Pezzei, Berlin
Wofür sind die wohnungspolitischen Sprecher?
Für lineare Steuerabschrei-
bungsmöglichkeiten in
Höhe von drei Prozent.
Marie-Luise Dött,
Baupolitische Sprecherin der CDU/
CSU-Bundestagsfraktion
Für ein Fünf-Milliarden-Eu-
ro-Programm in Form von
Zuschüssen oder steuer-
lichen Vergünstigungen bei
energetischer Sanierung.
Caren Lay,
Baupolitische Sprecherin der
Linksfraktion im Bundestag
Für ein Modell, in dem
der Staat einen Rahmen
um die Lebenssituation
der Bürger zieht, und für
Häuslebauer- Zuschüsse.
Michael Groß,
Baupolitischer Sprecher der
SPD-Bundestagsfraktion
Für eine neue Wohn-
gemeinnützigkeit ohne
aufgeblähte Verwaltungs-
strukturen und mangelnde
Transparenz.
Chris Kühn,
Baupolitischer Sprecher
der Grünen
Fotos: Laurence Chaperon_Creative Commons; Anke Illing; spdfraktion.de
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