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2.2017
EDITORIAL
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
im Büro des Verlegers Herder hängt ein Brief, den die Stadt Freiburg
im Jahr 1901 an sein Haus verschickt hat. Er beginnt so: „In dieser
schnellebigen Zeit ...“ Ich dachte immer „schnelllebig“ sei ein Wort aus
unserer Zeit. Überall baut es. Quartiere werden eilig hochgezogen. Die
Nachfrage nach Immobilien ist riesig, doch – objektiv betrachtet – geht
es zu langsam: Laut Ifo-Institut wurden 2016 rund 100.000 Woh-
nungen zu wenig fertig. Also macht halt noch schneller!
Und dabei bitte auch an Baukultur denken, macht es schön sorgfältig!
Nicht wie die eher eilig realisierte Wohnimmobilienkreditrichtlinie,
die so über das Ziel hinausschoss, dass Ältere kaum noch an Immobili-
enkredite kommen. Wird gerade überarbeitet. Soll schnell passieren.
In dieser schnelllebigen Zeit wollte ich mit derselben gehen und mich
mal schnell ans Smart Home gewöhnen. Ich mietete eins in den Ferien.
Schon okay, wenn ich auch die Heizung manuell nicht regulieren
konnte und mich von der sicher, sicher gerade nicht aufnehmenden
Kamera im Wohnzimmer doch etwas überwacht fühlte. Liegt sicher an
mir. Brauche ich schon Altbau? Ich muss mal zum Arzt.
Dass bereits in vier Jahren jedes zweite Haushaltsgerät vernetzt sein
soll, ist ja eine super Sache. Wie schnell ist das denn? Nur nimmt sich
anscheinend keiner die Zeit, auf technische Standards zu warten. Ha-
cken wird leicht. Was, wenn der gehackte vernetzte Kühlschrank beim
Händler Warsteiner statt Jever bestellt? Ein erschreckendes Szenario!
Auch Donald Trump schießt schnell. Anstrengend. Konsequenz für
alle, die mit ihm zu tun haben: schnell das Gesagte analysieren, treff-
sicher antworten. Aber dabei immer – gelassen bleiben.
Ihr
„Die Zeit lief immer
schon hurtig, wir sind
schneller geworden,
aber oft noch zu lang-
sam. Sollen uns immer
mehr beeilen. Es wird
wichtig, Gegenmecha-
nismen zu entwickeln.“
Dirk Labusch
, Chefredakteur
Hundert Jahre Rallye