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VERMARKTUNG & MANAGEMENT
I
RECHT
Präsentiert von:
Rechtsanwältin Constanze Becker
Fachanwältin für Miet- und Wohnungs-
eigentumsrecht, München
Maklerrecht
tanz in beiden Fällen den Grundstücks-
käufern Recht. Beide mussten keine Pro-
vision zahlen.
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
Der BGHhat im
erstgenannten Verfahren I ZR 30/15 die
Klage abgewiesen. In demzweitgenannten
Verfahren I ZR 68/15 hat er die Revision
der klagenden Maklerin zurückgewiesen.
Einem Verbraucher steht bei einem Fern-
absatzvertrag ein Widerrufsrecht nach
§ 355 BGB alte Fassung (a. F.) zu.
Nach § 312b Abs. 1 Satz 1 BGB a. F. sind
Verträge über die Erbringung auch von Fi-
nanzdienstleistungen, die zwischen einem
Unternehmer und einemVerbraucher un-
ter reiner Verwendung von Fernkommu-
nikationsmitteln abgeschlossen werden,
in der Regel Fernabsatzverträge. Der Bun-
desgerichtshof bejaht dies hier und sieht
somit einWiderrufsrecht für denMakler-
kunden. Die beklagten Kunden hätten die
Maklerverträge noch imProzess widerru-
fen können, weil sie nicht über ihr Wider-
rufsrecht belehrt worden seien.
Das Gericht führt aus, dass das Wider-
rufsrecht der beklagten Kunden zum
Zeitpunkt der Widerrufserklärungen
noch nicht gemäß § 312d Abs. 3 BGB a. F.
erloschen gewesen sei. Das Erlöschen
nach dieser Bestimmung setze voraus,
dass bei einer Dienstleistung der Vertrag
von beiden Seiten auf ausdrücklichen
Wunsch des Verbrauchers vollständig
erfüllt worden ist, bevor der Verbraucher
sein Widerrufsrecht ausgeübt hat. Diese
Voraussetzungen hätten in beiden Fällen
nicht vorgelegen, weil die jeweiligen Be-
klagten die Provision vor der Ausübung
SACHVERHALT:
Erster Fall:
DerMaklerver-
trag wurde über das Internet angebahnt.
Im Verfahren wurde der Maklerkunde
auf Zahlung einer Provision in Anspruch
genommen. Die Maklerin hatte in einem
Internetportal ein Hausgrundstück be-
worben. Der Kunde bekundete daraufhin
per E-Mail sein Interesse. Ihmwurde nach
der E-Mail von der Maklerin ein Exposé
als pdf-Dokument zugesandt.
In diesemExposé war die Käuferprovision
ausgewiesen. Eine ausdrückliche Wider-
rufsbelehrung enthielten aber weder die
Internetanzeige noch das Exposé. Der
Kunde bestätigte telefonisch den Eingang
des Exposés und bat um einen Besichti-
gungstermin. EinigeWochen nach der Be-
sichtigung erwarb er das Grundstück. Die
Maklerin verlangt die Zahlung einerMak-
lerprovision. Im Verlauf des Rechtsstreits
widerrief der Kunde den Maklervertrag.
Das Land- und Oberlandesgericht hatten
der Zahlungsklage stattgegeben.
Zweiter Fall:
Im zweiten Verfahren be-
warb die klagende Maklerin auf einem
Internetportal ein Grundstück. Auf die
Anfrage des Kunden übersandte sie ihm
per E-Mail ein Exposé, in dem eine vom
Käufer zu zahlende Maklerprovision aus-
gewiesen war. Eine Widerrufsbelehrung
fand sich in dem Exposé nicht. Der Kun-
de bestätigte per E-Mail den Eingang des
Exposés und vereinbarte mit der Mak-
lerin einen Besichtigungstermin. In der
Folgezeit erwarb er das Grundstück. Die
Maklerin verlangt die Zahlung einer Pro-
vision. Im Lauf des Rechtsstreits hat der
Kunde den Maklervertrag widerrufen.
Der Bundesgerichtshof gab in letzter Ins
des Widerrufsrechts nicht bezahlt hatten.
DenMaklern stehe in beiden Fällenwegen
der erbachtenMaklerleistungen auch kein
Anspruch auf Wertersatz zu. Nach § 312e
Abs. 2 BGB a. F. müsse der Verbraucher
bei Fernabsatzverträgen über Dienst-
leistungen Wertersatz für die erbrachte
Dienstleistung nur leisten, wenn er vor
Abgabe seiner Vertragserklärung auf diese
Rechtsfolge hingewiesen worden sei und
ausdrücklich zugestimmt habe, dass der
Unternehmer vor Ende der Widerrufs-
frist mit der Ausführung der Dienstleis
tung beginnt. In beiden Fällen hatte es
an einer entsprechenden Belehrung der
Maklerkunden gefehlt.
FAZIT:
Aufgrund dieser eindeutigen Ent-
scheidungen kann Maklern nur dringend
angeraten werden, jedem Exposé eine
Widerrufsbelehrung beizufügen und da-
rüber hinaus sich vomKunden durch Un-
terzeichnung bestätigen zu lassen, dass der
Makler vor dem Ende der Widerrufsfrist
mit der Ausführung der Dienstleistung
bereits beginnen soll.
Jedem Exposé sollte eine Widerrufsbeleh-
rung beigefügt sein, die vom Kunden durch
Unterzeichnung bestätigt werden muss.
«
Ein per E-Mail oder telefonisch geschlossener Grundstücksmaklervertrag ist
ein Fernabsatzgeschäft im Sinn von § 312b BGB in der bis zum 12.06.2014
geltenden Fassung und kann vom Maklerkunden innerhalb der gesetzlichen
Fristen widerrufen werden.
BGH, Urteile vom 07.07.2016, I ZR 30/15 und I ZR 68/15
Auf Widerrufsbelehrung achten