Immobilienwirtschaft 10/2016 - page 85

85
1
0.2016
FAKTEN:
Die Eigentümergemeinschaft hatte gegen einen säumigen Eigentümer rückstän-
dige Hausgelder nebst Verzugskosten geltend gemacht. ImVerwaltervertrag ist fürMah-
nungen bei Hausgeldrückständen eine Sondervergütung inHöhe von 10,20 Euro netto je
Mahnung vorgesehen. Für die Beitreibung vonHausgeldern oder Sonderumlagebeiträge
ist eine Sondervergütung in Höhe von 120 Euro netto „ab Mahnbescheid“ vorgesehen.
Insgesamt verfasste der Verwalter im Vorfeld der gerichtlichen Auseinandersetzung
zwei Mahnschreiben und stellte dem säumigen Eigentümer für die „Bearbeitung eines
Rechtsfalls“ die Pauschale von 120 Euro nebst Umsatzsteuer in Rechnung.
Die Gemeinschaft begehrt noch Restzahlung hinsichtlich der Kosten für das Mahn-
schreiben und die „Beitreibungs-Pauschale“. Hier hatte sie keinen Erfolg. Zwar hat der
säumige Eigentümer der Gemeinschaft den ihr entstandenen Verzugsschaden zu erset-
zen. Die Schadensersatzpflicht wird dabei begrenzt durch die demGläubiger obliegende
Schadensminderungspflicht. DemVerwalter wird zwar zugebilligt, imVerwaltervertrag
separat Mahnkosten für säumige Hausgeldzahler zu vereinbaren. Dies ist allerdings
umstritten. Nach demWortlaut des § 27 WEG ist die Mahnung schon mit dem Grund-
honorar abgegolten.
FAZIT:
Mit dieser Entscheidung steigt die Brisanz um Sonderhonorare für Mahnungen.
Das Gericht hat nicht ganz Unrecht, wenn es auf die gesetzliche Bestimmung des § 27
Abs. 1Nr. 4WEGBezug nimmt. Unter Berücksichtigung der demGläubiger obliegenden
Schadensminderungspflicht wird daher außerhalb des WEG auch nur eine äußerst mä-
ßige Mahnkostenerstattung maximal bis 2,50 Euro anerkannt.
MAHNUNGEN BEI
HAUSGELDRÜCKSTÄNDEN
Schleichendes Ende
der Sonderhonorare?
Zu den Aufgaben der Verwaltung
gehört nach § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG
die Anforderung von Beiträgen. Der
Begriff „Anfordern“ setzt dabei eine
Tätigkeit voraus. Der Verwalter ist
deshalb nicht nur zur passiven Annah-
me von Geldern verpflichtet, sondern
muss darüber hinaus auch aktiv dafür
sorgen, dass die geschuldeten Beiträ-
ge gezahlt werden.
AG Reutlingen, Urteil v. 13.05.2016, 11 C 105/16
NOTGESCHÄFTSFÜHRUNG
Eigenmacht nach
ablehnendem Beschluss
Der einzelne Eigentümer kann nur
aufgrund einer Ermächtigung der
Gemeinschaft gemeinschaftsbezogene
Schadensersatzansprüche gegen den
Vorverwalter geltend machen. Die
Berechtigung zur Notgeschäftsführung
durch einen Eigentümer rechtfertigt
nicht, unmittelbar im Nachgang zu ei-
ner ablehnenden Beschlussfassung auf
eigene Faust rechtliche Maßnahmen
für die Gemeinschaft einzuleiten. Die
Bestimmung des § 21 Abs. 2 WEG dient
nicht dazu, nach erfolgter Beschluss-
fassung ein Handeln des einzelnen Ei-
gentümers zu rechtfertigen und einen
anfechtbaren Beschluss zu korrigieren.
AG Offenbach, Urteil v. 30.05.2016, 320 C 50/15
nicht rechtskräftig
MIT PFLANZEN UMSÄUMT
Kiesfläche kann auch
Ziergarten sein
Als Ziergarten bezeichnet man einen
Garten, der im Gegensatz zu einem so
genannten Nutzgarten nicht vorrangig
dem Anbau von Nutzpflanzen dient.
Im Ziergarten werden Pflanzen ledig-
lich aufgrund ästhetischer Aspekte
in unterschiedlichen Kombinationen
verwendet, insbesondere auch im Zu-
sammenhang mit Pflasterungen und
Bekiesungen. Zwar hatte die Eigen-
tümerin eine große Fläche mit Kies
bedeckt. Gleichwohl hatte sie aber
auf einer ebenso großen Fläche um
die Kiesfläche herum unterschiedliche
Grünpflanzen gepflanzt. Dies reicht
zur Bezeichnung der Gesamtfläche als
Ziergarten aus.
AG Essen, Urteil v. 02.06.2016, 196 C 272/15
NICHTIGE EIGENTUMSZUWEISUNG
Kostentragungspflicht
Die Regelung in der Teilungserklä-
rung, nach der die Heizungsanlagen
jeweils im Eigentum der Sondereigen-
tümer einer Doppelhaushälfte stehen,
ist unwirksam, da die Anlagen zwin-
gend Gemeinschaftseigentum sind.
Allerdings kann eine nichtige Zuwei-
sung von Gebäudebestandteilen zum
Sondereigentum im Einzelfall in eine
Regelung umgedeutet werden, wo-
nach, soweit Gebäudeteile zwingend
im Gemeinschaftseigentum stehen,
die alleinige Kostentragungslast die
jeweiligen Sondereigentümer trifft, in
deren Bereich sich das Gemeinschafts-
eigentum befindet.
AG Wedding, Urteil v. 23.09.2015, 6a C 112/15
»
1...,75,76,77,78,79,80,81,82,83,84 86,87,88,89,90,91,92,93,94,95,...116
Powered by FlippingBook