Immobilienwirtschaft 10/2016 - page 87

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0.2016
Mietrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
Der inHannover wohnhafte Kunde eines Fitness-Studios hat denVertragmit ei-
ner Laufzeit von 24Monaten abgeschlossen, dieMitgliedschaft aber aufgrund beruflicher
Versetzung vorzeitig gekündigt. Der BGH hat die Wirksamkeit der vorzeitigen Kündi-
gung hier verneint. Hat der Kunde (Mieter) einen befristeten Vertrag abgeschlossen, so
ist er auch dann an den Vertrag gebunden, wenn er die Leistungen des anderen Teils (die
Mietsache) nicht nutzen kann. EinWohnortwechsel stellt grundsätzlich keinenwichtigen
Grund für eine außerordentliche Kündigung eines Fitness-Studio-Vertrags dar.
FAZIT:
Für die Wohnraummiete gilt Folgendes: Der Mieter ist nicht zur fristlosen Kün-
digung berechtigt, wenn er berufsbedingt seinen Wohnsitz wechseln muss. Er hat auch
kein Recht zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist. Ebenso hat der
Mieter grundsätzlich keinen Anspruch auf vorzeitige Entlassung aus dem Mietvertrag.
Ausnahmsweise kann der Vermieter aber nach Treu und Glauben zum Abschluss eines
Mietaufhebungsvertrags verpflichtet sein. Nach der Rechtsprechung des BGH kann der
Mieter seine vorzeitige Entlassung aus dem Mietverhältnis verlangen, wenn er hieran
ein berechtigtes Interesse hat und demVermieter einen geeigneten und zumutbaren Er-
satzmieter (Nachmieter) stellt. Erforderlich ist außerdem, dass das berechtigte Interesse
des Mieters an der Aufhebung dasjenige des Vermieters am Bestand des Vertrags ganz
erheblich überragt. Es ist also eine Interessenabwägung vorzunehmen. Der Umstand,
dass der Mieter aus beruflichen Gründen seinen Wohnort wechseln muss, ist dabei
gebührend zu berücksichtigen.
WOHNORTWECHSEL
Kein Kündigungsrecht für
Dauerschuldverhältnisse
Allein der Umstand, dass der Kunde
eines Fitness-Studios berufsbedingt
seinen Wohnort wechselt, vermag
eine außerordentliche Kündigung
seines Vertrags nicht zu rechtfertigen.
Die Entscheidungsgründe sind auch
für andere Dauerschuldverhältnisse,
etwa befristete Mietverträge über
Geschäfts- oder Wohnräume, und für
Mietverträge mit einem befristeten
Ausschluss der ordentlichen Kündi-
gung von Bedeutung.
BGH, Urteil v. 04.05.2016, XII ZR 62/15
VERBINDLICHKEITEN
NACH ABLAUF DER VERTRAGSZEIT
Die Haftung des Mietbürgen
Der Bürge haftet nicht für Mietforde-
rungen, die nach Ablauf der ur-
sprünglichen Vertragszeit infolge der
Ausübung einer Verlängerungsoption
durch den Mieter entstehen. Zweifels-
frei endet die Bürgschaft, wenn die
Parteien des Mietvertrags vor Ablauf
der Vertragszeit eine Verlängerung
vereinbaren. Dieselbe Rechtsfolge
gilt auch, wenn der Mieter von einem
vertraglich vereinbarten Optionsrecht
Gebrauch macht. Denn es soll ver-
hindert werden, dass Gläubiger und
Hauptschuldner durch eine nachträg-
liche Absprache das Haftungsrisiko des
Bürgen zu stark verschärfen.
OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.04.2016 - 24 W 12/16
ANMIETVEREINBARUNG
Nichtzustandekommen des
Anschlussmietvertrags
Der Eigentümer kann mit einem Drit-
ten vereinbaren, dass dieser berech-
tigt sein soll, die Mietsache im Falle
der Beendigung des bestehenden
Mietverhältnisses selbst zu mieten
(Anmietrecht) oder einen Nachmieter
zu benennen (Mieterbenennungs-
recht). Entscheidet sich der Dritte für
das Mieterbenennungsrecht, so muss
der vorgeschlagene Mieter in der Lage
sein, das Mietobjekt entsprechend sei-
ner Zweckbestimmung zu nutzen und
die Verpflichtungen aus dem Mietver-
hältnis zu erfüllen. Kann der Beweis
nicht geführt werden, so steht dem
Eigentümer ein Ablehnungsrecht zu.
OLG Hamburg, Urteil vom 17.12.2015 - 4 U 131/15
KÜNDIGUNG
Gesundheitsgefährdende
Beschaffenheit der Mietsache
Der Kündigungsgrund des § 569 Abs.1
BGB liegt vor, wenn die Gefahr be-
steht, dass das Dach einer gemieteten
Lagerhalle bei außergewöhnlichen
Belastungen, etwa bei starkem Wind
oder bei Schneelast, einstürzen kann.
Eine Kündigung ist ausgeschlossen,
wenn der Mieter den gesundheits-
gefährdenden Zustand selbst herbei-
geführt hat. Der Umstand, dass der
Mieter die Gefahr beim Abschluss des
Mietvertrags gekannt hat, steht der
Kündigung dagegen nicht entgegen.
Eine Abmahnung ist entbehrlich,
wenn der Vermieter den Mangel nach-
haltig bestreitet.
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.02.2016 -
10 U 202/15
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