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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
DIGITAL REAL ESTATE
seinem Geschäftspartner und Kunden
mehr und mehr Möglichkeiten des Zu-
griffs auf dessen und weitere Daten sowie
Analyseergebnisse ermöglichen. Daten-
schutz und Standardisierung gehören
in diesem Zusammenhang zu den noch
offenen Baustellen. Doch grundsätzlich
gilt: Je umfangreicher und komplexer die
Gebäudetechnik, das Immobilienportfo-
lio oder der Katalog der Performancekri-
terien sind, desto punktgenauer müssen
die jeweils entscheidenden Key Facts vom
Software- undManagementsystembereit-
gestellt werden.
WER DIES LEISTET, HAT EINEN VORTEIL
. Und
zwar einen Vorteil, der absehbar stärker
nachgefragt werden wird. So hat die im
Frühsommer erschienene Schweizer Stu-
die „Digital Real Estate“ (Zürich 2016) er-
mittelt, dass technologischeWerkzeuge für
„Advanced Analytics & Data Science“ zu
denjenigen Faktoren der Digitalisierung
gehören, deren Verbreitung stark zuneh-
men wird. Ähnliche kurz- und mittelfris
tige Schübe werden – nach Meinung der
mehr als 600 antwortenden Investoren,
Verwalter, Bewirtschafter und Mieter/
Nutzer – für das deutlich mehr Aufmerk-
samkeit findende Building Information
Modeling (BIM) erwartet. Vergleichswei-
se weit verbreitet sind demnach bereits das
Mobile Computing und die Nutzung von
Plattformen und Portalen.
Visionär muten dagegen heute noch
Werkzeuge und Leistungsangebote an, die
mit Begrifflichkeiten wie „Navigation &
Location-Based Services“ oder „Virtual &
AugmentedReality“ umschriebenwerden.
Doch aufgemerkt: Diese Neuerungen und
Technologien finden auffallend starkes
Interesse in den lebenswichtigen Nie-
derungen der Gebäudebewirtschaftung.
Dies stellte Anfang April die Facility-Ma-
nagement-Innovationsbörse in München
eindrücklich unter Beweis. Die eine im-
mense Informationsfülle bereithaltende
Datenbrille für Wartungstechniker, eine
sich dieDigitalisierung zunutzemachende
Gebäudereinigung oder integrierte Tools
zur Messung von Kundenzufriedenheit
markieren auf dem weiten Feld der Fa-
cility Services noch lange nicht das Ende
der Fahnenstange. Branchengrößen wie
Strabag PFS oder Dussmann gehen hier
mit großen Schritten und lauthals voran.
NEUE GESCHÄFTSMODELLE WERDEN KOM-
MEN
Grundsätzlich dürfte gelten, dass die
im Zuge der Digitalisierung eingesetzten
und gleichzeitig als deren Treiber fungie-
renden neuen Technologien für absehbare
Zeit das Bild von Real Estate 4.0 prägen
werden. Doch Digital Real Estate wird
zwangsläufig auch neue Dienstleistungen
und Produkte beinhalten. Denn wer über
Big Data verfügt und wemes gelingt, diese
ungeheuren Datenmengen (hinter denen
sich Relationen, Abhängigkeiten, Sze-
narien, Prognosemöglichkeiten, Hand-
lungsoptionen verbergen) sinnvoll und
nutzbringend bereitzustellen, kann diese
Fähigkeit auch erfolgreich einsetzen – und
gegebenenfalls vermarkten.
Das launige Bonmot, Immobilien-
daten seien hier und da bereits mehr wert
als die Immobilien selbst, hat einen wah-
ren Kern. Recht unterschiedliche Yardi-
Kunden wie ECE, BEOS, Groß + Part-
ner oder JLL gehören in ihren Märkten
sicherlich zu denjenigen Unternehmen,
die sich in dieser Hinsicht auf der Höhe
zeigen. Zweifellos werden die heute noch
gern bloß im Mund geführten neuen Ge-
schäftsmodelle tatsächlich auch in weitere
Unternehmen der Immobilienwirtschaft
Einzug halten müssen. Der Markt, der
Wettbewerb und die Kunden werden sie
erfordern. Geschäftsprozesse, die Aufbau-
und Ablauforganisation, die internen und
externen Beziehungen stehen auf dem
Prüfstand. Einen radikalen Blick nach
vorn hat jüngst an dieser Stelle Katharina
von Knop gewagt: „In zehn Jahren wird
es Property-Management- und Facility-
Management-Unternehmen in der be-
kannten Form nicht mehr geben.“ Deren
Aufgaben würden von „cyberphysischen
Plattformen“ übernommen („Immobili-
enwirtschaft“ 5/2016, Seite 53).
MAN MAG ZWEIFELND DEN KOPF SCHÜT-
TELN
, doch sicher ist: Strategisches Denken
ist gefragt, wenn Immobilienunternehmen
den Megatrend Digitalisierung beherr-
schen und mitgestalten wollen. Visionen,
wenn auch sicherlich nicht alle, werden
Realität. Wer heute den Megatrend Digi-
talisierung nur als technologische Heraus-
forderung versteht, hat morgen verloren.
Manches Unternehmen wird so aus der
Steinzeit nicht herausfinden.
Das gilt für alle Beteiligten. Wer das
am Lebenszyklus orientierte immobilien-
wirtschaftliche Tun in seiner ganzen Viel-
falt unterstützenwill, muss selbstverständ-
lich nicht nur softwareseitig, sondern auch
in SachenReal Estate Expertise entwickeln
und vorzeigen können. Das eigene Know-
how und das Leistungsspektrum werden
sukzessive ausgebaut. Es ist kein Zufall,
dass sich etwa unter den Yardi-Akquisi-
tionen der jüngeren Vergangenheit eben
auch Spezialanbieter in Sachen Versiche-
rung, Banking, Energiemanagement und
Beschaffung befinden.
Diese Mehrung von Spezialwissen
geschieht bei Yardi, das sich hierzulande
vor rund neun Monaten mit der Mainzer
iMS verstärkt hat, vor einem einfachen
Hintergrund: „Yardi ist durch seine
100-prozentige Fokussierung ein Teil der
Real-Estate-Industrie selbst,“ soGerritsen
und Grüning unisono. Daher komme die
eigene Zuversicht und Stärke, die digita-
lisierte Zukunft der Immobilienwirtschaft
mitgestalten zu können.
«
Albert Engelhardt, Wiesbaden
Technologische Werkzeu-
ge für Analyse werden
sich stark verbreiten,
wie auch das Building
Information Modeling.
Ergebnisse der Studie
„Digital Real Estate“
(Zürich 2016)