Immobilienwirtschaft 10/2016 - page 103

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treffen – auch unter Zeitdruck. Sie können
sich nicht für jede Entscheidung eine Wo-
che Zeit nehmen. Manchmal muss das in-
nerhalb von ein paarMinuten entschieden
werden, weil sonst die ganze Organisation
blockiert wird.“
Wer die Komplexität versteht, vor wel-
che Führungskräfte wie auch Mitarbeiter
täglich gestellt sind, sowohl inhaltlich als
auch zwischenmenschlich, wird sich mit
vielen Aspekten des unternehmerischen
Alltags leichter tun. Empathie ist an der
Tagesordnung – gegenüber Mitarbeitern
wie auch gegenüber Shareholdern und
Investoren. „Ich möchte auch in Ver-
handlungen verstehen, warum die Per-
son so agiert“, beschreibt Iris Schöberl
die Notwendigkeit der Empathie im Ta-
gesgeschäft: „Mein Gegenüber hat eine
Position, ich habe eine Position. Wenn
ich nicht weiß, warum mein Gesprächs-
partner diese Position hat, finde ich keine
Brücke. Und ich muss ein Brückenbauer
sein, damit wir beide aus dem Gespräch
rausgehen, gemeinsam noch ein Glas
Wein trinken können und uns gut fühlen.
Das ist eigentlich, was mich antreibt.“
FRAUEN & KARRIERE
BeimThema Frauen
in der Immobilienwirtschaft ging es um
die Frage, welche Kriterien die interview­
ten Top-Managerinnen zum Erfolg ge-
führt haben. Die Antworten: übertragene
Aufgaben stets fachlich fundiert und
somit erfolgreich erfüllen, einen Mentor
haben, auf Authentizität achten, sich in
Netzwerken engagieren und ein gesun-
des Selbstverständnis pflegen – gepaart
mit entsprechender Eigeninitiative.
Frauen seien bei den fachlichen The-
men der Branche nach wie vor stark un-
terrepräsentiert, beklagten sich die Inter-
viewten, auch wenn es eine Tendenz zur
Besserung gebe. Unbedingt berücksichti-
gen sollte man ihren Erfahrungen zufolge
die vorgenannten Erfolgsfaktoren bei der
Karriereplanung.
Ein weiteres zentrales Thema war, Kind
und Beruf klug miteinander zu verknüp-
fen. „Klug“ heißt, lieber ein oder zwei Jah-
re Auszeit nehmen und dann wieder voll
einsteigen oder nach einem Jahr in Teilzeit
zurückkommen und dafür kleine Projekte
professionell abarbeiten. Christine Hager,
Geschäftsführerin der Redos Real Estate
GmbH, fügt einen Punkt in Sachen Fle-
xibilität hinzu: „In Deutschland liegt die
Aufgabe stärker im gesellschaftlichen Be-
reich, da sind uns Schweden und Frank­
reich bereits weit voraus, die Wahrneh-
mung ist eine andere. Man muss keine
schlechte Mutter sein, nur weil man ar-
beitet. Es geht maximal um die Frage, wie
und von wo kann ich meine Arbeit erledi-
gen. Stichwort Präsenzkultur, Hauptsache,
der Job ist erledigt. Und ich glaube, das ist
viel wichtiger.“ Hier seien Flexibilität und
Umdenken seitens der Führungskräfte,
aber auch seitens der Frauen gefragt. Und
die aktuelle Situation mache einmal mehr
deutlich, dass jahrelange Absichtserklä-
rungen noch nicht zu einem gesellschaft-
lichen Umdenken geführt haben.
BRANCHE GEWINNT TRANSPARENZ
Agilität
und Flexibilität sehen die befragten Füh-
rungskräfte als Kernkompetenzen der Im-
mobilienbranche. Begründet wird diesmit
der zunehmenden Digitalität, aber auch
mit den Konjunkturzyklen. Man gestalte
keine Immobilienmehr, sondern Projekte
innerhalb eines fließenden Marktgesche-
hens. Man müsse visionär, unternehme-
risch und agil sein, um die Komplexität
der Märkte richtig zu analysieren und
weiterzudenken: Dazu gehörten Kaufge-
wohnheiten von Konsumenten („In Line
with the Consumer“ als neuer Richtwert)
genauso wie die Arbeitswelt der Branche
selbst. Alles sei im Fluss. Die Bewegung
brauche Visionen und fordere gleichzeitig
einen hohenAktionsgrad: Umdenken und
Neustrukturierungen seien an der Tages-
ordnung. Barbara Knoflach beschreibt:
„Diese Branche wird sich in sehr schnellen
Schritten weiter professionalisieren. Sie
wird sich an den Kapitalmarkt annähern.
20 Jahre lang habenwir umdie Assetklasse
gekämpft. Jetzt brauchen wir nicht mehr
zu kämpfen, sondern uns nur noch ent-
sprechend zu verhalten. Und wir werden
wahrscheinlich endlich in das Zeit
alter
kommen, wo wir sehr viel mehr Daten
zur Verfügung haben, also transparentere
Märkte. “
Die Immobilienbranche wird von den
Befragten als uberschaubare und stark
vernetzte Branche beschrieben: „Famili-
enstimmung“ bei Kongressen, jeder kennt
(fast) jeden. Stark gelitten habe das Image
vor allem aufgrund „einiger Persönlich-
keiten“, die das „schnelle Geld“ machen
wollten. Abhilfe schaffen könnten fun-
dierte Ausbildungen mit geschutzten
Berufsbezeichnungen und eine Gesetzge-
bung, die vor gewisse Geschäftspraktiken
einen Riegel setzt. Doch die Befragten er-
warten vor allem durch die zunehmende
Transparenz der Branche – dank analyse-
basierter Zahlenwerke (Digitalität) – eine
wesentliche Imageverbesserung.
SUMMARY
»
Die Persönlichkeit und die individuellen Charaktereigenschaften der Führungskräfte
sind in der Immobilienbranche
wichtiger als der akademisch-kulturelle Hintergrund der Manager. Die Werdegänge sind sehr unterschiedlich.
»
Frauen in der Immobilienbranche
sind nach wie vor unterrepräsentiert.
Sie benötigen Unterstützung und viel Eigeninitiative, um Karriere machen zu können.
»
Generell werden
Agilität und Flexibilität
als Kernkompetenzen angesehen, um in der Immobilienwirtschaft Erfolg zu haben.
«
Beate Stelzer
Signium München,
Schwerpunkte im
Executive Search:
Real Estate, Finan-
cial Services
AUTOREN
Margareta Glass
Signium München,
Schwerpunkte im
Executive Search:
Real Estate, Retail,
Fashion & Lifestyle
Beate Stelzer und Margareta Glass, München
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