108
SERIE
GEDÄCHTNISTRAINING
selbst aus Ihrem Gedächtnis abrufen, wie
ihr Name war und mit welchem Bild Sie
ihn sich gemerkt haben. Das wurde in den
letzten Jahren auch in der Wissenschaft
wiederholt eindrücklich bestätigt. Unter
dem Namen „Testing Effect“ wurde in
vielen Studien gezeigt, wie viel mehr ein
„Abtesten“ des Gelernten im Vergleich
zum „Noch-einmal-Anschauen“ bringt.
Das gilt unabhängig vom Inhalt. Egal ob
Sie Kundennamen gelernt oder einen tol-
len Artikel gelesen haben. Wollen Sie die
Informationen langfristig in Erinnerung
behalten, sollten Sie sich abtesten. Nach-
dem Sie das Magazin aus der Hand gelegt
haben, etwa einfach noch einmal kurz
nachdenken, welche Artikel Sie gelesen
haben und was darin stand. Bereits das
hilft enorm viel. An zweiter Stelle heißt
es, in den richtigen zeitlichen Abständen
W
ir können das Gehirn mit einem
Dschungel vergleichen. Stellen Sie
sich einen dichtbewachsenen Ur-
wald vor. Auf beiden Seiten sind Dörfer.
Nun bricht ein Dorfbewohner auf, um
mitten durch den Dschungel hindurchzu-
gehen und das andere Dorf aufzusuchen.
Den Dschungel wird dies zunächst nicht
allzu sehr beeindrucken. Die Spur, die
der Wanderer hinterlässt, ist sehr gering
und wuchert extrem schnell wieder zu.
Wenn jetzt aber in kurzem Abstand eine
Gruppe hinterhergeht, um ihn zu suchen,
vielleicht in Sorge, ob er dieseWanderung
schaffen kann, wird sie seine Spur gerade
noch finden – und zugleich selbst weiter
festigen. Wenn nun alle auf der anderen
Seite angekommen sind und zurückwol-
len, geht dies deutlich schneller. Die Spur
vom Hinweg ist jetzt noch recht deutlich
und wird durch das erneute Ablaufen
weiter festgetreten, sodass ein kleiner
Trampelpfad entsteht. Bis dieser wieder
zugewachsen ist, würde es schon deutlich
länger dauern. Die Dorfbewohner finden
aber diese direkte Verbindung zwischen
ihnen toll und nutzen sie immer öfter, le-
gen eine kleine Straße an. Und noch später
gibt es dann eine Autobahn, welche dauer-
haft den Dschungel durchkreuzt.
BAHNEN IM GEHIRN SCHAFFEN
Für das
Lernen soll uns das sagen: Bahnen im
Gehirn entstehen schnell, wachsen aber
auch schnell wieder zu, wenn sie nicht
bald wieder benutzt werden. Jede weitere
Nutzung festigt sie umso mehr und führt
auch zu schnellerem Tempo, bis sie dau-
erhaft etabliert ist. Wenn wir also etwas
lernen, müssen wir es wiederholen. Aber
das sollten wir sinnvoll tun.
Sinnvoll wiederholen heißt zual-
lererst Informationen aus dem eigenen
Gedächtnis abrufen. Im Gegensatz dazu
heißt es eben nicht, Dinge noch einmal
anzusehen. Sie müssen Frau Weber also
nicht wiedertreffen. Sie sollten stattdessen
Serie –
Teil 9
Der letzte Schritt zum Namen-
merken, die Wiederholung,
führt gelegentlich zur Resi-
gnation. Zumal man ja häufig
den Kunden oder Geschäfts-
partner nicht gleich wieder
auf der nächsten Immobilien-
messe trifft. Die gute Nach-
richt: Sie müssen weniger
wiederholen, als Sie denken.
„Sie schon wieder?“
Wiederholung macht den Meister
Dr. Boris Nikolai Konrad
(32) ist
Deutschlands Gedächtnisexperte.
Der Gedächtnistrainer, Autor und
Neurowissenschaftler hält den
Weltrekord im Namenmerken und
drei weitere Einträge im Guinness-
Buch der Rekorde. Am Donders In-
stitut in Nijmegen erforscht er die
neuronalen Grundlagen außerge-
wöhnlicher Gedächtnisleistungen
und ist einem breiten Publikum
durch seine zahlreichen Fern-
sehauftritte bekannt. In seinem
Buch „Superhirn – Gedächtnistrai-
ning mit einem Weltmeister“ und
in seinen regelmäßigen Vorträgen
erklärt er Techniken, mit denen
sich das Gedächtnis erheblich
verbessern lässt.
ZUR PERSON
Wie hieß der Kunde gleich
nochmal? Es hilft, die Namen
direkt nach dem Lesen noch
einmal durchzugehen.