IMMOBILIENWIRTSCHAFT 11/2016 - page 55

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1.2016
FAKTEN:
Ein Eigentümer begehrte zwecks Ladens seines Elektroautos die Abstimmung
über einen Beschlussantrag, wonach auf seine Kosten vom Verteilerkasten in der Tief­
garage ein Kabel zu seinem Stellplatz geführt und dort eine Steckdose montiert wird.
Der Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt. Der Eigentümer hatte diesen Beschluss an­
gefochten und die Verpflichtung zur Zustimmung beantragt. Seine Klage hatte keinen
Erfolg. Die Maßnahme stellt eine bauliche Veränderung dar. Das Kabel würde Gemein­
schaftseigentum werden. Die Eigentümer hätten damit jedenfalls die Instandhaltungs­
verpflichtung. Darauf müssen sie sich nicht einlassen. Die Eigentümer könnten einen
frei zugänglichen Ladeplatz einrichten. Diese Entscheidungmuss aber der Gemeinschaft
überlassen bleiben.
FAZIT:
Es könnte sich bei der von dem Eigentümer begehrten Maßnahme um eine Mo­
dernisierung im Sinne des § 22 Abs. 2 WEG handeln, doch kommt es darauf nicht an,
weil sie keinen Anspruch des Einzelnen begründen würde.
LADESTATION
Laden von Elektroauto: kein
Anspruch auf Stromzuleitung
Ein Anspruch auf Leitungsverlegung
nebst Montage einer Steckdose zum
Laden eines Elektroautos in der
gemeinschaftlichen Tiefgarage ergibt
sich nicht aus § 21 Abs. 5 Nr. 6 WEG.
LG München I, Urteil v. 21.01.2016, 36 S 2041/15 WEG
FAKTEN:
Im Vorfeld einer Versammlung überprüfte die Verwaltung Vollmachten. Der
Verwalter erteilte einemEigentümer Hausverbot, weil der massiv gestört haben soll. Die­
ser Eigentümer hatte alle dort gefassten Beschlüsse angefochten. Seine Klage hatte Erfolg:
Ein Ausschluss kommt nicht präventiv in Betracht. Notwendig ist, dass es kein milderes
Mittel gibt, das den Störungen in gleicher Weise entgegenwirkt. Hierzu gehört neben
der Begrenzung des Rederechts der nur zeitweise Ausschluss aus der Versammlung.
FAZIT:
Stets ist der störende Eigentümer abzumahnen, ambestenwiederholt. Es empfiehlt
sich, dies zu protokollieren. Kommt es zu weiteren Störungen, kann der Eigentümer
vorübergehend ausgeschlossen werden. Ein vollständiger Ausschluss von der Versamm­
lung kommt nur in Betracht, wenn sämtliche Vormaßnahmen erfolglos blieben und
der Ablauf bei weiterer Anwesenheit des Eigentümers erheblich gestört würde. Es ist zu
empfehlen, Geschäftsordnungsbeschlüsse der Versammlungsteilnehmer herbeizufüh­
ren. Sonst könnte dem Verwalter hinsichtlich der Verfahrenskosten einer erfolgreichen
Anfechtungsklage zumindest eine materiell-rechtliche Schadensersatzpflicht drohen.
EIGENTÜMERVERSAMMLUNG
Voraussetzungen für einen
Versammlungs-Ausschluss
Zwar kann ein Eigentümer vom
weiteren Verlauf einer Eigentümerver-
sammlung ausgeschlossen werden,
wenn er deren Ablauf erheblich stört.
Ein solcher Ausschluss muss allerdings
den Grundsatz der Verhältnismäßig-
keit wahren.
AG Offenbach, Urteil v. 23.05.2016, 320 C 9/16
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Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
FAKTEN:
DieWohnanlage wird von einemEigentümer als Hotel betrieben. Der Hotelbe­
treiber hat 50 Apartments von anderen Eigentümern gepachtet. Er hatte mit dem Land
einen Vertrag geschlossen, wonach es bis zu 300 Flüchtlinge unterbringen könne. Die
Teilungserklärung sieht vor, dass zur Ausübung eines Gewerbes in den Apartments die
Zustimmung der Gemeinschaft erforderlich ist, die nur aus wichtigem Grunde verwei­
gert werden kann. Zwei Eigentümer begehren auf dieser Grundlage die Untersagung
einer Nutzung der Hotelapartments als Flüchtlingsunterkunft. Das Gericht gab diesem
Anliegen jedoch nicht statt. Der Eigentümer durfte gemäß Teilungserklärung seineWoh­
nung auch an Feriengäste vermieten, auch über Internetdienste wie airbnb. Die Nutzung
der Räume durch Flüchtlinge beeinträchtigt die Kläger nicht, denn eine über alles Maß
hinausgehende beeinträchtigende anderweitige Nutzung liegt nicht vor.
FAZIT:
Freilichwar vorliegend zu berücksichtigen, dass dieWohnanlage als Hotel genutzt
wird. Der Tatsache, dass der Standort des Hotels heruntergewirtschaftet würde, konnten
sich die Richter nicht anschließen.
KEINE BEEINTRÄCHTIGUNG
Hotel-Apartments als Flücht-
lingsunterkunft
Die Nutzung von Apartments in einer
als Hotel betriebenen Wohnanlage
durch Flüchtlinge beeinträchtigt nicht
über das Maß hinaus, das bei einer
Nutzung des Eigentums typischerwei-
se zu erwarten ist.
LG Braunschweig, Urteil v. 08.12.2015, 6 S 409/15
1...,45,46,47,48,49,50,51,52,53,54 56,57,58,59,60,61,62,63,64,65,...84
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