IMMOBILIENWIRTSCHAFT 11/2016 - page 45

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1.2016
Gibt es bald keine Makler mehr,
weil sich Häuser ihre Mieter oder
Käufer in Kürze automatisiert
selber suchen? Es besteht kein
einheitliches Bild darüber, was die
Digitalisierung genau bedeutet.
Was vonnöten ist: die konstruktive
Auseinandersetzung der Immobi-
lienwirtschaft mit sich und ihrem
Geschäftsmodell. Nicht, sich darü-
ber Gedanken zu machen, ob es
das Berufsbild in zehn Jahren noch
gibt, sondern vor allem, wie es
aussehen könnte. Denn die Start-
ups und Geschäftsmodelle, die
dabei sind, die Mieter-Verkäufer-
Käufer-Beziehung nachhaltig zu
ändern, werden die große Chance
zur Weiterentwicklung sein. Weil
sie die steigenden Anforderungen
dieser Beziehungen zueinander
zum Thema machen.
Konkret wird es im Bereich Ver-
mieten, Verkaufen und Verwalten
viel um „Selbermachen“ gehen
auf der Nachfrager-Seite. Aber
auch um mehr Informationen.
Adressen selber pflegen, sich im
VIP-Bereich selber informieren,
digitalisierte Wohnungsübergaben
etc. – analoge Prozesse sind dabei,
durch digitale Beziehungen mit
einem hohen Grad an Mitmachen
ersetzt zu werden.
Am Ende des Tages wird der
Makler effizienter und der Ballast
digitalisiert. Makler werden
sich auf ihre Kernwertschöp-
fung besinnen, nämlich auf das
Gespräch mit dem Anbieter und
mit dem Nachfrager. Zulieferer
werden mehr und mehr Aufgaben
übernehmen, zum Nutzen für den
Makler, den Interessenten und den
Kunden. Dienstleister wie Ogulo
werden dabei unterstützen, das
Makeln effizienter zu machen.
Weil diese Art der Immobilienprä-
sentation ganz viel Nutzen bietet.
Sie hält nämlich maklerseitig die
Besichtigungskosten im Griff und
ist für Interessenten wie auch Kun-
den hocheffizient, denn die einen
schauen keine Häuser an, die sie
hinterher nicht kaufen wollen, und
die anderen müssen ihre Zeit nicht
mit Menschen verbringen, die ihr
Haus nicht kaufen wollen.
Umziehen wird einfacher, auch
Häuser kaufen wird einfacher.
Durch die hohe Mobilität wird die
Transaktionshäufigkeit steigen.
Der US-Dienstleister Dotloop ist
ein schönes Beispiel für die sehr
vereinfachte Abwicklung eines
Immobiliendeals – und zwar MIT
Verkäufer- und Käufermakler.
Als die Dampfmaschine in die We-
berei kam, hat sie die Wasserkraft
abgelöst und damit die Produk-
tivität deutlich erhöht. Egal ob
Eisenbahn oder Dampfmaschine,
Veränderungen machen produk-
tiver. Der Preis ist der Wandel.
Große Veränderungen tun immer
auch ein bisschen weh. Auf der
anderen Seite: Wer will schon auf
dem Waschbrett waschen?
Wenn der Ballast digitalisiert wird,
wird der Makler effizienter
LARS GROSENICK
Lars Grosenick,
CEO FLOWFACT
GmbH
Alles, was digitalisiert werden
kann, wird digitalisiert. Digita-
lisierung ist ein Sprungbrett für
grundlegende Zukunftsentwick-
lungen, aber auch Bedrohung für
alte Geschäftsmodelle. Wer die
digitalen Transformationen mit
den klassischen Stärken verbindet,
der verschafft sich entscheidende
Wettbewerbsvorteile.
Jedes Unternehmen sollte sich die
folgenden Fragen stellen: Welche
konkrete Zielsetzung verbinde ich
mit Big Data? Kenne ich überhaupt
den „neuen“ Kunden? Wie weit
ist mein Unternehmen bei der
Digitalisierung betrieblicher Ab-
läufe? Und was ist meine Antwort
auf Property Technology? Für die
Dienstleistungsunternehmen in der
Immobilienwirtschaft sind die we-
sentlichen Aufgaben der Umgang
und das Arbeiten mit Smart Big
Data. Unsere Berufsgruppen haben
eine riesige Schatztruhe – und die-
se ist gefüllt mit Daten. Dieser Da-
tenschatz aus Objekt-, Verbrauchs-
und Kunden-/Mieterdaten muss
nutzbarer und effizienter gemacht
werden. Dafür müssen Datenerhe-
bungen mittels Schnittstellen mit
einem intelligenten Research erfol-
gen. Die Digitalisierung hat einen
neuen, vollständig emanzipierten
Kunden hervorgebracht. Der will
sich in Echtzeit über buchstäblich
alles informieren und es miteinan-
der vergleichen. Die Branche muss
so Mieter in die digitalen Prozesse
einbinden, wenn es um Nebenkos­
tenabrechnung, Beschwerdema-
nagement, Vermietungsprozesse
und Wartungen/Reparaturen geht.
Auch in der betrieblichen Optimie-
rung durch Digitalisierung sehen
wir große Chancen. Im Vorder-
grund stehen das effiziente Mat-
ching von Angebot und Nachfrage
sowie Effizienzsteigerungen im
Vermietungs- und Verkaufsprozess.
Wir wollen Vorreiter bei der
Digitalisierung sein und gehen mit
gutem Beispiel voran. Aus unserer
Mitte heraus ist das Start-up-
Unternehmen IVD24 Immobilien
AG mit Sitz in München gegründet
worden. Das neue Immobilienpor-
tal, das ausschließlich Angebote
von Profis für Profis enthält,
bietet nicht nur einen Marktplatz,
sondern professionalisiert auch die
Datenauswertung.
In den nächsten 15 Jahren werden
laut der Catella Property Valuation
1,2 Billionen Euro Immobilien-
vermögen vererbt. Das sind 20
Prozent vom gesamten Vermö-
gensstock in Deutschland. Auf
die Branche kommt also eine
vorteilhafte Marktlage zu, die
sich jeder zu Nutze machen kann.
Die Digitalisierung ist hier der
Schlüssel. Es ist für mich eine der
Hauptaufgaben, diesen Verände-
rungsprozess aktiv in der Branche
zu begleiten. Einmal mehr gilt
das Credo: „Wer nicht mit der Zeit
geht, geht mit der Zeit.“
Wer nicht mit der Zeit geht,
geht mit der Zeit
JÜRGEN MICHAEL SCHICK
Jürgen Michael
Schick, Präsident
IVD
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