IMMOBILIENWIRTSCHAFT 11/2016 - page 35

35
1
1.2016
plätze und Foodcourts hinausgingen. Als
Beispiel nennt die Mapic-Chefin iP2En-
tertainment, ein Unternehmen, das sein
Kerngeschäft im Bereich Branded Fami-
ly Edutainment Centers (BEFCs) sieht
– also einer auf Familien ausgerichteten
Mischung aus Unterhaltung, Wissensver-
mittlung und Konsum– und diesmal erst-
mals in Cannes Präsenz zeigen wird. „Uns
geht es darum, Verkäufe zu generieren,
indem wir eine angenehme Atmosphäre
schaffen und eine Aufenthaltsqualität,
die sich mit einer Marke oder einer Reihe
von Produkten verknüpft“, erklärt Roger
Houben, CEO von iP2Entertainment.
„Von dieser Präsentation profitieren die
Marken, auch wenn der Besucher nicht
direkt vor Ort, aber dafür später im Inter-
net einkauft.“
Das Verhältnis stationärer Einzelhan-
del versus Interneteinkauf – oder englisch
O2O/Online-to-offline – steht auch in
Cannes ganz oben auf der Agenda. „Heu-
te ist das Omnichanneling – das Bespielen
aller Vertriebskanäle – bei Einzelhandels-
spezialisten der Kern der Retail-Strategie.
Der physische Verkaufsstandort spielt
dabei eine sehr vitale Rolle: Selbst reine
Onlinehändler sehen sich vermehrt nach
stationären Verkaufsstellen um“, stellt
Messechefin Depetro fest.
Gemäß dem Global Retail E-Com-
merce Index 2015, einer aktuellen Studie
von A.T. Kearney, hat der Internethandel
weltweit stark an Bedeutung gewonnen.
Auch europäische Marktbeobachter er-
warten weiterhin starke Zuwachsraten. So
prognostiziert etwa der Hahn Retail Real
Estate Reports 2015/2016, der in Koope-
ration mit CBRE und GfK GeoMarketing
erstellt wurde, bis 2025 nahezu eine Ver-
dopplung des Onlineanteils am gesamten
Einzelhandelsumsatz (das heißt Food und
Non-Food) auf rund 15 Prozent. „Werden
Lebensmittel und Drogerieartikel ausge-
klammert, schätzen wir den Onlineanteil
sogar auf rund 25 Prozent, also rund ein
Viertel imNon-Food-Segment“, schreiben
die Autoren. Bis 2025 werde der Online-
handel ein Volumen von rund 75 Milli-
arden Euro erreichen. Zu noch höheren
Zahlen kommt JLL: Nach den Zahlen des
Immobiliendienstleisters sorgt der Onli-
nehandel aktuell für rund 11,6 Prozent des
Einzelhandelsumsatzes in Deutschland,
im weltweit stärksten Onlinemarkt Groß-
britannien sind es 15,2 Prozent. Halte das
Wachstum an, werden die Onlineumsätze
gemäß JLL im kommenden Jahr 73 Mil-
liarden Euro ausmachen – das wäre ein
Wachstum von 38 Prozent seit 2015.
DIE GRENZLINIEN VERSCHWIMMEN
Den-
noch kein Grund, um schwarzzumalen
– weder für den stationären Einzelhandel
noch für die Vermieter von Einzelhan-
delsflächen. Wie Depetro feststellt, fin-
den in den USA 90 Prozent der Einkäufe
weiterhin in realen Geschäften statt. Um
weiter wachsen zu können, würden reine
Onlinehändler die Grenze zwischen dem
physischen und dem virtuellen Geschäft
allmählich aufheben. Zu einem ähnlichen
Schluss sei auch eine Expertenrunde im
Google-Hauptquartier in Paris gelangt.
Die einhellige Meinung: Kunden schätz-
ten die sozialen Kontakte und die Un-
terhaltung, die die stationären Geschäfte
bieten.
Tatsächlich gibt es einen Aspekt, bei
dem die Onlinehändler gegenüber dem
stationären Einzelhandel das Nachsehen
haben: Online-Shopping vom Sofa aus
mag zwar bequem und praktisch sein,
doch es ist auch emotionsfrei und unsinn-
lich. „Menschen leben von fünf Sinnen –
und online bedient nur zwei davon“, sagt
Klaus Striebich, Geschäftsführer Leasing
bei der Hamburger ECE. Der Kunde kann
die Ware nicht anfassen, er kann sie nicht
fühlen, nicht daran riechen, nicht aus-
probieren. „Man ist also gut beraten, als
Händler online und offline zu kombinie-
ren“, sagt auch Striebich.
Wie dies am besten gelingen könnte,
dazu sollen Händler, Projektentwickler
und die Vermieter von Einzelhandelsflä-
chen auch in diesem Jahr Beispiele, Ideen
und Anregungen in Cannes finden.
SUMMARY
»
Die Transaktionsrekorde von Handelsimmobilien,
die 2015 erzielt wurden, werden 2016 nicht erreicht. Das liegt laut Experten
aber nicht an der mangelnden Nachfrage, sondern am fehlenden Angebot.
»
Auf der Mapic in Cannes
werden in diesem Jahr die Millennials im
Fokus stehen. Denn die junge Generation hat ganz andere Einkaufsgewohnheiten, auf die der Markt reagieren will.
»
Die Zukunft des Einzelhandels
liegt jedoch nicht nur im Internet, meint die Branche: Es sei wichtig, online und offline gut zu kombinieren.
Foto: F. BUKAJLO - IMAGE & CO
«
Birgitt Wüst, Freiburg
Auch im vergangenen Jahr gab es auf der Mapic zahlreiche Diskussionen.
1...,25,26,27,28,29,30,31,32,33,34 36,37,38,39,40,41,42,43,44,45,...84
Powered by FlippingBook