Immobilienwirtschaft 4/2015 - page 45

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4.2015
tung war erfolgreich: Der Beschluss wurde
für ungültig erklärt.
Die Regelung in der Teilungserklärung,
wonach bauliche Veränderungen nur mit
Zustimmung des Verwalters vorgenom-
men werden dürfen, stellt ein sog. „Vor-
schalterfordernis“ dar. Die Zustimmung
des Verwalters ersetzt nicht die Genehmi-
gungsbeschlussfassung der Eigentümer.
Mit dem angefochtenen Beschluss hatten
die Eigentümer demgegenüber mehrheit-
lich eine allzustimmungspflichtige bau-
liche Veränderung beschlossen, nämlich
die grundsätzliche Befugnis zur Montage
vonMarkisen. Da nicht sämtliche über das
Maß des § 14 Nr. 1 WEG beeinträchtigten
Eigentümer dem Beschluss zugestimmt
hatten, war dieser für ungültig zu erklären.
Fakten:
Die Teilungserklärung enthielt
folgende Regelung: „Die Eigentümer
dürfen die äußere Gestalt des Bauwerkes
und seine im gemeinschaftlichen Eigen-
tum stehenden Bestandteile nicht ohne
Zustimmung des Verwalters verändern.“
Die Eigentümer wollten Markisen mon-
tieren. Sie fassten daher mehrheitlich fol-
genden Beschluss: „Jeder Eigentümer darf
zukünftig grundsätzlich an der rückwär-
tigen Fassade Markisen anbringen lassen.
Die Farbgestaltung soll möglichst einheit-
lich sein ... Hierzu ist die Zustimmung
des Verwalters erforderlich.“ Dieser Be-
schluss wurde seitens eines Eigentümers
angefochten mit dem Ziel, die Markisen
müssten auch eine möglichst einheitliche
Form und Größe aufweisen. Die Anfech-
Urteil des Monats:
Das verwirrende „Vorschalterfordernis“ bei baulichen Veränderungen
Hängt die Zulässigkeit einer baulichen Veränderung nach der Teilungserklärung von der Zustimmung des
Verwalters ab, können die Eigentümer nicht mehrheitlich ihre grundsätzliche Befugnis zur Vornahme baulicher
Veränderungen – hier Anbau von Markisen – beschließen.
LG Düsseldorf, Urteil v. 18.06.2014, 25 S 125/13
Wohnungseigentumsrecht
– Aktuelle Urteile
Fakten:
Die Wohnanlage wird über Fernwärme beheizt. Der bislang geltende Heizkos-
tenverteilungsschlüssel sah eine Verteilung von 50 Prozent nach Fläche und 50 Prozent
nach Verbrauch vor. Die Eigentümer beschlossen im Juli 2012 eine Änderung dieses
Schlüssels. Rückwirkend für das Jahr 2011 sollte die Verteilung der Heiz- und Warm-
wasserkosten zu 30 Prozent nach Fläche und zu 70 Prozent nach Verbrauch erfolgen.
Ein Eigentümer klagte mit Erfolg. Eine rückwirkende Änderung des Heizkostenvertei-
lungsschlüssels ist unzulässig. Nach § 6 Abs. 4 Satz 3 HeizKVO ist die Festlegung und
die Änderung der Abrechnungsmaßstäbe nur mit Wirkung zum Beginn eines Abrech-
nungszeitraums zulässig. Diese Regelung gilt auch im Wohnungseigentumsrecht.
Fazit:
Generell sind rückwirkende Änderungen des Kostenverteilungsschlüssels zu
vermeiden, da sie in der Regel unwirksam sind. Höchstrichterlich ist zwar noch nicht
entschieden, dass eine Änderung des Verteilungsschlüssels im Laufe der Abrechnungs-
periode unwirksam ist, dennoch sollte auch hier eine Änderungsbeschlussfassung erst
für die kommende Wirtschaftsperiode erfolgen.
Heizkostenverteilungsschlüssel
Rückwirkende Änderung
ist unzulässig
Festlegung und Änderung des Abrech-
nungsmaßstabs bei der Verteilung der
Heiz- und Warmwasserkosten können
lediglich mit Wirkung zum Beginn
eines Abrechnungszeitraums erfolgen.
Eine rückwirkende Änderung des
Kostenverteilungsschlüssels für Hei-
zung und Warmwasser ist unzulässig.
LG Hamburg, Urteil v. 09.04.2014, 318 S 66/13
Fazit:
Leider sind in der Praxis reich-
lich undurchschaubare Regelungen zur
Genehmigung von baulichen Verände-
rungen in den Teilungserklärungen ver-
breitet. Ist dort geregelt, dass bauliche
Veränderungen der Zustimmung des
Verwalters bedürfen, dürfte es meist er-
forderlich sein, die Frage der Genehmi-
gung auch zur Beschlussfassung einer Ei-
gentümerversammlung zu stellen. Denn
in derartigen Regelungen wird lediglich
ein so genanntes „Vorschalterfordernis“
gesehen. Der bauwillige Eigentümer soll
in derartigen Fällen die Genehmigung des
Wohnungseigentumsverwalters einholen
müssen. Maßgeblich ist aber die tatsächli-
che Genehmigung(sbeschlussfassung) der
übrigen Eigentümer.
Präsentiert von:
Rechtsanwalt Alexander C. Blankenstein
Fachanwalt für Miet- und
Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Wohnungs-
eigentumsrecht
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