Immobilienwirtschaft 4/2015 - page 20

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Investment & Entwicklung
i
Basel III
Tabelle auf Seite 22). Daher kann derzeit
auch noch keine verbindliche Aussage da-
rüber getroffen werden, welchen Einfluss
die neuen Regeln haben. Allerdings lassen
sich bereits durch eine genauere Betrach-
tung einzelner Kennziffern Anreizwir-
kungen für die künftige Kreditvergabe
identifizieren.
Kleine zahlen weniger als groSSe
Im
Zentrum der Diskussion um die neuen
Baseler Richtlinien steht die Erhöhung
des risikogewichteten Eigenkapitals, die
für europäische Kreditinstitute bis Ende
2019 abgeschlossen sein soll. Langfristig
besteht die Gefahr, dass Kredite aufgrund
der höheren Eigenkapitalanforderungen
teurer werden, da die Eigenkapitalkosten
für Banken in der Regel über den Fremd-
kapitalkosten liegen. Um die Kreditver-
gabe an KMU jedoch nicht zu gefährden,
haben sich die Gesetzgeber auf europä-
ischer Ebene darauf geeinigt, derartige
Auswirkungen zumindest für diesen
Geschäftsbereich zu neutralisieren. Die
Neutralisierung erfolgt über den so ge-
nannten Unterstützungsfaktor, mit dem
die jeweiligen Risikogewichte zur Eigen-
kapitalhinterlegung von Krediten an Un-
ternehmen mit einem Jahresumsatz unter
50 Millionen Euro multipliziert werden.
Institute sollen nach der Einführung von
Basel III für die Kreditvergabe an KMU
keine zusätzlichen Belastungen erfahren.
Daher ist zumindest für die Finan-
zierung der KMU mit einem geringeren
regulatorisch bedingten Zinsaufschlag zu
rechnen als für große Unternehmen. Auch
die aktuelle Wettbewerbssituation um die
Kreditvergabe an KMU deutet darauf hin,
dass vorerst keine Finanzierungsengpäs-
se zu erwarten sind. Ob dieser Vorteil
für KMU jedoch langfristig Bestand ha-
ben wird, ist ungewiss, da der Unterstüt-
zungsfaktor nach 2017 auf Empfehlung
des Baseler Ausschusses erneut auf dem
Prüfstand stehen soll.
I
n kaum einem anderen Wirtschafts-
zweig sind die Verbindungen zwischen
Finanz- und Realwirtschaft stärker als in
der Immobilienwirtschaft. Die enge Ver-
zahnung ist zunächst darauf zurückzufüh-
ren, dass Baumaßnahmen, Reparaturen,
Modernisierungen und auch der Kauf von
Immobilienmeist sehr kapitalintensiv sind
und daher sowohl Privatpersonen als auch
Unternehmen auf die Verfügbarkeit von
Fremdkapital angewiesen sind. Daher ha-
ben Rahmenbedingungen der Kreditver-
gabe einen wesentlichen Einfluss auf die
Preisentwicklungen auf Immobilienmärk-
ten. Zusätzlich ist die Immobilienwirt-
schaft in Deutschland maßgeblich durch
kleine undmittelständische Unternehmen
(KMU) geprägt, die über keinen direkten
Zugang zu den Kapitalmärkten verfügen
und somit für ihre Kapitalbeschaffung auf
Finanzintermediäre wie Banken angewie-
sen sind. Eine Auseinandersetzung mit
neuen regulatorischen Anforderungen im
Finanzsektor ist daher für die Immobili-
enwirtschaft unabdingbar.
Die Auswirkungen der jüngsten Fi-
nanz- und Wirtschaftskrise gaben welt-
weit den Anstoß für eine stärkere Regu-
lierung des Finanzsektors, die vor allem
die Banken als Bindeglied zwischen Real-
und Finanzwirtschaft getroffen hat. Als
Fundament der Finanzmarktarchitektur
haben sich die Empfehlungen des Base-
ler Ausschusses für Bankenaufsicht fest
etabliert. Das jüngste Reformpaket Basel
III umfasst neben Anforderungen an
Qualität und Höhe des risikogewichteten
Eigenkapitals die Einführung einer risi-
koungewichteten Höchstverschuldungs-
quote – der so genannten Leverage Ratio
– sowie maßgebliche Anpassungen für die
Liquiditätssteuerung der Kreditinstitute.
Das Grundlagenpapier zu den neuen
Standards wurde zwar bereits 2010 veröf-
fentlicht, die finale Ausgestaltung einiger
Kennzahlen und die Umsetzung in natio-
nales Recht stehen jedoch noch aus (siehe
Das Problem mit der Leverage Ratio
Folge von Basel III: Sofern
Banken 2017 die vorläufige
Zielquote von drei Prozent
(Kernkapital im Verhältnis
zur gesamten Bilanzsumme)
nicht erfüllen, könnten aus-
laufende Kreditverträge nicht
verlängert werden.
90
%
der Bankkredite an die
Immobilienwirtschaft hatten
Ende 2014 eine Laufzeit von
mehr als fünf Jahren.
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