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Investment & Entwicklung
i
kolumne
Diverse Termine später dusche ich im Hotel den verschwitzten
Tag ab und telefoniere mit der Familie. Alle denken, ich würde
Urlaub machen. Dann geht es mit dem Bus in ein Restaurant
am Strand. Die Gastgeber erfreuen ihre Gäste mit einer extrem
kurzen Ansprache. Mein Tischnachbar beeindruckt mit einer
eigenen Evolutionstheorie. Die Entwicklungslinie in der Immo-
bilienwirtschaft geht so: Architekt, Makler, Projektentwickler und
der Investor als Krone der Schöpfung. Auf meine Anmerkung,
dass alle intensiv zusammenarbeiten müssen, um erfolgreich
zu sein, antwortet er mir: „Ich brauche hier keine Couch und
auch keinenTherapeuten!“ Seine Kollegin staunt wie ich über so
viel Selbstvertrauen. Ja, daran mangelt es der Branche in diesen
Boomzeiten nicht. Manch einer fühlt sich an 2007 erinnert, als
auf grenzenlose Euphorie der Absturz folgte. Die Erfahrung rät
zur Vorsicht, aber konkrete Argumente für eine bevorstehende
Trendwende kann keiner nennen.
AmnächstenTaghabe ich15TermineundeineGesprächsrun-
de. Morgen bin ich heiser. Nach dem Abendessen geht’s auf eine
Yacht mit Saxophonspielerin. Dort erfahre ich, dass der Auftrag-
geber, mit dem ich am Tag vor der Mipim den Architektenver-
trag für den gewonnenen Wettbewerb unterschrieben habe, das
Grundstück mit unserer noch zu erstellenden Planung bereits
wieder so gut wie verkauft hat. Der Käufer verhandelt schon mit
einem neuen Käufer für das dann fertiggestellte Gebäude. Von
dieser Hans-im-Glück-Geschichte oder von dem biotonischen
Getränk schwirrt mir schon der Kopf – ich verlasse das Schiff.
D
ie Stimmung imFlugzeug ist beschwingt, wie bei einer Klas-
senfahrt. Die meisten kennen sich von diesen Ausflügen
seit Jahren. Nach der Landung geht es mit dem Fahrer nach
Cannes. Vorbei an Palmen und Segelschiffen, die warme Nach-
mittagssonne spiegelt sich auf den glitzerndenWellen des Mittel-
meers. Am Horizont ist ein kleiner dunkler Punkt zu erkennen.
Ein Hubschrauberflug direkt von Nizza Airport auf die Mipim
nach Cannes. Flugzeit: 7 Minuten, 510 Euro für drei Personen.
Das Hotel liegt zentral, ist abgerockt, plüschige Vorhänge
im winzigen, altrosa gestrichenen Zimmer simulieren gehobene
Klasse. Aus dem Bad riecht es nach Schimmel. Bis vor ein paar
Jahren hatte ich jeweils Ferienwohnungen gemietet. Die Apart-
ments wurden von Jahr zu Jahr teurer und armseliger, bis ich
dann einem Betrüger aufgesessen bin und trotz Anzahlung auf
der Straße stand. Kein Einzelfall. Cannes ist kein Ort für Mimo-
sen. Hier wird entschieden zugegriffen. Sorgen über ausbleibende
Gäste macht sich keiner.
Zur Eröffnung ist der deutsche Pavillon proppevoll. Reiner
Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, spricht elo-
quent und stolz über den Baukulturbericht 2014/15. Zu Recht.
Der deutsche Botschafter lässt sich vertreten. Auch JürgenMeyer
H., Sauerbruch Hutton, Michael Schumacher, Rainer Schmidt,
Lava, Jan Kleihues, Auer undWeber, Eller und Eller sind an Bord.
22.000 Besucher aus über 90 Ländern bieten sich als mögliche
Geschäftspartner an. Das sollte für alle reichen. Ein Architekt
braucht nicht einmal 50 Auftraggeber in seinem Leben.
Hans im Glück
Foto: Dirk Weiß