Immobilienwirtschaft 7/2015 - page 43

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7
-8.2015
Schwierige Prognosen
Die relativ lange
Lebensdauer und die geringe Transakti-
onshäufigkeit von Immobilien führen
dazu, dass die Prognose über die Ver-
zinsung des eingesetzten Kapitals auf der
Basis unsicherer Informationen erfolgen
muss. Immobilienmärkte sind zudem
hochgradig segmentiert, sowohl lokal als
auch durch die besonderen Präferenzen
der Marktakteure. Daher kommt dem
Fachwissen, der Erfahrung und der Unab-
hängigkeit des Gutachters vom Kreditak-
quisitions- und Kreditentscheidungspro-
zess, aber auch von Vermittlung, Verkauf
und Vermietung des Objektes eine hohe
Bedeutung zu.
Obwohl nur für Pfandbriefbanken ver-
bindlich, lehnt sich die Kreditwirtschaft
bei der Immobilienbewertung an die Re-
gelungen der Beleihungswertermittlungs-
verordnung an, die umfangreiche Anfor-
derungen an die Gutachter stellt. Diese
müssen über besondere Kenntnisse und
Erfahrungen auf dem Gebiet der Bewer-
tung von Immobilien verfügen. Diese Vo-
raussetzungen erfüllen öffentlich bestellte
und vereidigte Sachverständige, aber auch
zertifizierte Sachverständige für Immobi-
lienbewertung.
Ziel der EU-Richtlinie über Wohnim-
mobilienkreditverträge für Verbraucher
ist es, denWettbewerb des Binnenmarktes
und den Verbraucherschutz zu stärken.
Inzwischen liegt ein Entwurf zur Umset-
zung der Wohnimmobilienkreditrichtli-
nie in deutsches Recht vor.
Verbraucherdarlehensverträge und
Immobiliardarlehen
Die künftig im
BGB geregelten „Immobiliar-Verbrau-
cherdarlehensverträge“ umfassen einen
weiteren Anwendungsbereich als die
bislang geregelten Immobiliardarlehen.
Erfasst werden nicht mehr nur grund-
pfandrechtlich besicherte Darlehen, son-
dern sämtliche grundpfandrechtlich besi-
cherten Darlehen sowie sämtliche Darle-
hen, die auf den Erwerb einer Immobilie,
eines Rechts an einer Immobilie oder eines
vergleichbaren Rechts gerichtet sind, auch
wenn sie nicht durch einGrundpfandrecht
gesichert werden.
Darlehensgeber, die grundpfand-
rechtlich besicherte Immobiliar-Verbrau-
cherdarlehen vergeben, müssen künftig
dafür sorgen, dass bei der Bewertung von
Wohnimmobilien zuverlässige Standards
angewandt werden. Sie haben zudem si-
cherzustellen, dass interne und externe
Gutachter, die Immobilienbewertungen
für sie vornehmen, fachlich kompetent
und so unabhängig vom Darlehensver-
gabeprozess sind, dass sie eine objektive
Bewertung vornehmen können. Die Qua-
lifikation des Gutachters, seine Teilnahme
anQualifizierungsmaßnahmen sowie sei-
ne Unabhängigkeit sind dabei schriftlich
nachzuweisen.
Vermittelnde Makler treffen vor allem
die Neuerungen der Richtlinie in der Ge-
werbeordnung. Nach den Vorgaben der
Richtlinie werden die Voraussetzungen
für die Erteilung einer gewerberechtlichen
Erlaubnis für die Vermittlung von Immo-
bilienkrediten verschärft. Dazu wird mit
demneuen § 34i GewO ein eigenständiger
Erlaubnistatbestand in der Gewerbeord-
nung geschaffen, der von den vermitteln-
den Maklern beispielsweise einen Sach-
kundenachweis und den Nachweis einer
Berufshaftpflichtversicherung als neue
Berufszugangsvoraussetzung fordert.
summary
»
Markt- und Beleihungswert
spielen bei Ermittlung der Kreditkonditionen eine große Rolle.
Hat eine Bank ihr Eigenmittelvolumen ausgereizt, kann sie selbst bei hervorragender Bonität des potenziellen
Kreditnehmers keine Kredite mehr vergeben.
»
Die europäische Harmonisierung
könnte zum Exodus der
deutschen Beleihungswertverordnung führen. Wahrscheinlich werden aber Vorsichtsprinzip und Nachhaltigkeit
europaweit übernommen.
«
Gabriele Bobka, Bad Krozingen
Stirbt die Beleihungs-
wertermittlung, sind die
Konsequenzen groß ...
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