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-8.2015
ganzheitliches Angebot mit etwa 100.000 Anzeigen von Mak-
lern und Privatpersonen auf etwa 13.000 „lokalenMarktplätzen“.
Nintzel hat sich mit dem Fokus auf Kommunen ebenfalls eine
Nische gesucht. „Die Zukunft im Portalmarkt liegt aus unserer
Sicht auf lokalen Marktplätzen, fast wie im Zeitungsstil“, sagt
er. Das Portal ist frei von Werbung. Kommunen zahlen einen
Obulus, Makler 39 Euro im Monat für eine Flatrate, die werbe-
haltige Plattform wunschgrundstueck.de liefert die notwendige
Querfinanzierung. Nintzels Teamumfasst neunMitarbeiter, auch
das hält die Kosten im Rahmen (zum Vergleich: Bei Immoscout
arbeiten 550 Menschen).
KIP gibt es seit einem halben Jahr bundesweit, in Hessen
arbeitet auch die Wirtschaftsförderung des Landes damit. Seit
Kurzem hat auch der Maklerverband BVFI eine Kooperation
mit KIP geschlossen und bietet auf Fachportalen ausschließlich
Immobilien von Mitgliedern an.
Wie Pilze aus dem Boden
Das Heidelberger und das kommunale
Modell sind zwei Beispiele von vielen. Selbst Marktbeobachtern
fällt ein Überblick schwer. „Die schießen wie Pilze aus dem Bo-
den“, sagt Bölting vom InWIS-Institut. Zuletzt machte etwa der
IVD Süd mit einem eigenen Immobilienportal von sich reden –
ein Experiment, das die anderen regionalen IVD-Verbände genau
beobachten, wie Präsidiumsmitglied Kloth erklärt.
Über die langfristigenMöglichkeiten solcher kleinererPortale
gehen die Meinungen auseinander. Branchenkenner verweisen
auf frühere ähnliche Börsen, die nicht überlebt hätten. Über-
haupt sei die Zahl von Online-Portalen vor ein paar Jahren noch
viel höher gewesen, die Konsolidierung habe längst eingesetzt.
Gleichzeitig wird angesichts des relativ einfachen Markteintritts
damit gerechnet, dass immer wieder neue Immobilienbörsen,
Auktionshäuser, Infoplattformen aufpoppen – und verschwin-
den. Die Beschränkung auf Regionen ist dabei Chance und Ri-
siko zugleich: Die Zahl der Business-Kontakte bleibt genauso
überschaubar wie das mögliche Wachstum. Mit Letzterem indes
erhöht sich die Reichweite eines Portals und damit nicht nur das
Volumen lukrativer Daten, sondern oft auch die Qualität von
Angebot und Nachfrage. „Letztlich zählen die Reichweite und
die Bekanntheit der Marke, und das interessiert am Ende auch
die Makler: Hauptsache ist ja, dass das Telefon des Maklers klin-
gelt und qualitativ hochwertige Anfragen produziert werden“,
erklärt Berater Obermann. Börsen produzieren Skalenvorteile:
Je größer, desto günstiger. Auch das ist ein Faktor, der kleinere
Anbieter per se benachteiligt. Weitere Fusionen werden ein Ret-
tungsanker sein.
Gleichzeitig ist der Fokus auf eine Region die Möglichkeit,
sich aus demWachstums-Wettbewerb auszuklinken. Persönliche
Kontakte, der genauere Blick auf die Bedürfnisse von Maklern
und Suchenden vor Ort, Detailkenntnisse von Objekten und
Entwicklungsperspektiven – das sind Vorteile, die sich auszah-
len können – ähnlich wie in anderen Branchen, in denen sich
«
Kristina Pezzei, Berlin
„Angesichts des relativ
einfachen Markteintritts wird
damit gerechnet, dass immer
wieder neue Immobilienbör-
sen, Auktionshäuser, Info-
plattformen aufpoppen – und
verschwinden.“
Das meinen Branchenkenner
lokale Anbieter in Globalisierungsnischen behaupten. Vertrauen
und Transparenz werden so zum Verkaufsargument. „Das beste
Beispiel ist das Verkaufsschild im Fenster“, sagt Kloth vom IVD.
„Damit kann ich mir das Inserieren sparen, das schlägt nach wie
vor alles.“
Gelassenheit beim Marktführer
Immoscout gibt sich ange-
sichts der Konkurrenz von unten gelassen. „Unsere Marke ist so
stark, dass Menschen direkt nach unserer Seite suchen, anstatt
Gattungsbegriffe zu googeln“, erklärt Barbara Wittmann. Au-
ßerdem werde Immoscout aufgrund seiner Größe und Möglich-
keiten Trendsetter bei digitalen Innovationen bleiben. Gerüchte
aus der Branche, das Unternehmen wolle selbst als Makler aktiv
werden, weist der Branchenprimus zurück. „Wir verfolgen ein
digitales Geschäftsmodell und haben keine Ambitionen, Offline-
Services anzubieten.“ In sozialenMedien hatte Immoscout zuletzt
Vor-Ort-Services für private Eigentümer angeboten, etwa die ko-
stenpflichtige Aufnahme von Fotos und Daten.
Maklern stößt ein solches Vorgehen auf, sie fürchten mittel-
fristig den Aufbau eines Franchise-Systems. Experten glauben
nicht an eine solche Unternehmensstrategie: Das E-Business sei
viel zu lukrativ, die physische Präsenz vor Ort zu aufwändig und
kostspielig, umdie Ausrichtung grundsätzlich zu ändern, heißt es
unisono. Auch BVFI-Geschäftsführer Jürgen Engelberth nimmt
die Immoscout-Angebote sportlich. „Ich sehe das eher als An-
sporn für Makler“, sagt er. „Eine Art qualifizierter Besichtiger
zu sein, das reicht heute eben nicht mehr – wir müssen uns mit
Klasse von der Masse abheben.“