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9.2015
Aktuelle Urteile
Präsentiert von:
Werner Dorß,
Rechtsanwalt, Frankfurt/M.
KLIMANEUTRALER GEBÄUDEBESTAND: FAST 80 PROZENT DER BUNDESBÜRGER HALTEN IHN NICHT FÜR ERREICHBAR
Unter den gegebenen Bedingungen halten 79 Prozent der Deutschen das politische Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes bis zum
Jahr 2050 für nicht erreichbar. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA) und Forsa.
Mehrkos-
ten für den Einbau energiesparender Technik sind für rund die Hälfte der Bevölkerung (56 Prozent) denkbar. 33 Prozent der Befragten erklären, dass sie
keinerlei Mehrkosten für Heizung, Strom oder Mieten in Kauf nähmen. Wer für die Kosten der energetischen Modernisierung eines Gebäudes aufkommen
solle? Rund die Hälfte der Befragten (51 Prozent) bevorzugen einen Drittelmix zwischen Staat, Mieter und Vermieter.
HEIZÖLEINKAUF
BGH fixiert Verbraucherrechte: Wider-
ruf der Bestellung bei Fernabsatzver-
trägen über die Lieferung von Heizöl
nicht ausgeschlossen
BGH, Urteil v. 17.06.2015, VIII ZR 249/14
Aktuell hatte der Bundesgerichtshof (BGH)
zu entscheiden, ob ein Verbraucher sei-
ne bereits erfolgte Bestellung gegenüber
einem Heizölhändler widerrufen kann,
wenn im Zeitraum zwischen der Order und
der Lieferung der Preis sinkt bzw. er einen
günstigeren Verkäufer findet. Abweichend
von den Vorinstanzen, die besonders die vo-
latilen Kurse und ein spekulatives Element
beim Ölkauf betonten, hat der VIII. Senat
entschieden, dass Verbraucher ihre Bestel-
lung von Heizöl nach den gleichen Regeln
stornieren können wie bei anderen Gütern,
die über das Internet, Fax oder Telefon
gekauft werden. Zwischenzeitlich wird die
weitaus überwiegende Menge Heizöl über
diese Vertriebswege geordert.
PRAXIS
Eine umstrittene Grundsatzentschei-
dung, die jedoch gegenüber ersten allge-
meinen Meldungen nur für Verbraucher gilt
(§ 13 BGB), die das Heizöl im Wesentlichen
für den eigenen Verbrauch erwerben. Somit
ist die Entscheidung nicht anwendbar auf
die gewerbliche Bewirtschaftung von nicht
selbstgenutzten Immobilien. Zudem darf
das Öl noch nicht ausgeliefert worden sein
und das Widerrufsrecht ist, wie für andere
Güter auch, auf zwei Wochen begrenzt.
TIPP
In der jüngeren Vergangenheit waren
Zeitfenster zu beobachten, in denen der
Ölpreis über Wochen, abgesehen von Ein-
zelausschlägen, rückläufig war. Somit kann
ein Verbraucher auch nach seiner Bestellung
bei weiter fallenden Preisen innerhalb von
zwei Wochen noch zu einem günstigeren
Anbieter wechseln. Die Mineralölbranche
sieht in der Entscheidung eine unfaire Ver-
lagerung des Risikos typischer Preisschwan-
kungen auf den Endverbraucherhandel und
somit auf den regionalen Händler. Das Urteil
wird möglicherweise noch dem Bundesver-
fassungsgericht zur Überprüfung vorgelegt.
Unabhängig davon werden die Vertriebs-
strategien neu justiert, um das Risiko kurz-
fristiger Preisschwankungen für die Händler
zu minimieren. Aktuell lohnt sich jedoch für
den Verbraucher die Beobachtung der Preis-
entwicklung auch nach einer Bestellung.
RECHT
Die Top 25 der führenden Anbieter von
Facility Services (FS) steigerten dasMarkt-
volumen 2014 gegenüber demVorjahr von
47,2 auf 48,1 Milliarden Euro. Zu diesem
Ergebnis kommt eine Studie des Markt-
forschungsunternehmens Lünendonk.
Getriebenwird der Anstieg unter anderem
von der zunehmenden Nachfrage nach
Multidienstleistungen. 2014 bauten meh-
rere Dienstleister ihr Leistungsportfolio
aus. Strabag PFS stärkte mit der Übernah-
me der DIW ihre Kompetenz in der Indus-
trie und ergänzte das Service-Portfolio um
infrastrukturelles Gebäudemanagement.
Auch Cofely und Spie kauften 2014 hinzu.
Beide Unternehmen erhöhten ihr Ange-
bot an technischen Dienstleistungen aus
eigener Hand. Bei Spie gehören neben der
Gebäudetechnik auch Energie, Informa-
tions- und Kommunikationstechnologie
sowie Engineering zum Portfolio. Diese
Vergabestrategie findet vor allem bei län-
derübergreifend agierenden Konzernen
und Großunternehmen wachsenden Zu-
spruch.
Andere Dienstleister spezialisieren sich
weiter auf Branchen oder Leistungen:
Kötter Services aus Essen übernahm 2014
OSD Schäfer und einen Teil der Sicher-
heitsdienstleistungssparte der ISS. Das
Essener Unternehmen konzentriert sich
auf das Geschäft mit Security Services.
Erstmals erhob Lünendonk Daten zum
Thema „baubegleitendes FM“. Die Anbie-
ter erwarten, dass der Bedarf an baubeglei-
tenden Beratungsleistungen insbesondere
in der Industrie künftig deutlich steigt.
Den Grund, warum die möglichen Syner-
giepotenziale aktuell noch nicht gehoben
werden, sehen die befragten FS-Unterneh-
men in der traditionellen Trennung von
Bau und Betrieb und der geringen Wahr-
nehmung der eigenen Beratungskompe-
tenz. Schafftman diesen ab, rechtfertigt ein
effizienter Betrieb höhere Verkaufskosten.
FACILITY SERVICES
Nutzer fragen verstärkt Multidienstleistungen nach
Die Anbieter erwarten, dass der Bedarf an baubeglei-
tenden Beratungsleistungen künftig deutlich steigt.