Immobilienwirtschaft 9/2015 - page 63

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der technischen Aspekte“, verdeutlicht dies Hufenbach, „hat an
Umfang zugenommen und sich stark verwissenschaftlicht. Dabei
werden auf vielen hundert Seiten Berechnungen abgefragt, die
man eigentlich auf drei Seiten zusammenfassen könnte.“ Nicht
im Vordergrund stehe hingegen die für einen Projektentwickler
viel wesentlichere Frage, welche Maßnahmen überhaupt sinn-
voll seien. Außerdemkritisiert Hufenbach „die Tendenz, dass die
Dienstleister vorrangig eigene Risiken ausschließen wollen, statt
die technischen Probleme zu lösen“.
Handlungsbedarf erkennen jedoch nicht nur private Pro-
jektentwickler, sondern auch die öffentliche Hand. „Die Zusam-
menarbeit mit technischen Dienstleistern ist für die Städte und
Gemeinden ein permanentes, unter der Decke schwelendes Pro-
blem“, sagt ein Sprecher des Deutschen Städte- und Gemeinde-
bundes. Akut sei dieses Problem für die Kommunen nicht zuletzt
deshalb, weil sie unter dem permanenten Spardruck gezwungen
seien, eigenes Personal abzubauen, und deshalb verstärkt auf
externen Sachverstand zurückgreifen müssten. Dabei sei es aus
Sicht der Kommunen als Bauherren erforderlich, „die Planung
der Planung zu verbessern“.
Das aber ist alles andere als einfach. Denn längst nicht im-
mer sind sich die technischen Fachleute einig. Das verdeutlicht
Benchmark-Chef Hufenbach am Beispiel eines von seinem Un-
ternehmen entwickelten Projekts an einer wenig befahrenen
Straße. Dort kam ein erster Schallschutzgutachter zum Schluss,
es gelte an diesem Standort die (mit hohen Auflagen verbun-
dene) Schallschutzklasse 5. Darüber war der Projektentwickler
verständlicherweise nicht begeistert – und siehe da: Ein zweiter
Gutachter errechnete die Schallschutzklasse 3. „Offenbar“, bilan-
ziert Hufenbach, „hatte der erste Gutachter eine Brille aufgesetzt,
die den Blick auf das Projekt trübte.“
DIE KOMPLEXITÄT DER TECHNIK
Nicht gelten lässt Hufenbach
das Argument, die Gebäudetechnik sei in den letzten Jahren
deutlich komplizierter geworden. „Tatsächlich weiterentwickelt
hat sich lediglich die Vernetzung der Gebäudesysteme“, sagt er.
„Aber selbst in diesem Bereich ist die Welt nicht neu erfunden
worden.“ Andere Marktteilnehmer widersprechen dieser Ein-
schätzung allerdings. Die schnellen Veränderungen im Bereich
der Gesetze und Verordnungen machten es den technischen
Büros „nicht gerade leicht“, sagt beispielsweise Gabriele Ste-
gers, Pressesprecherin von Hochtief Projektentwicklung. Dabei
verweist sie insbesondere auf den Brandschutz und die Ener-
gieeinsparverordnung.
„Es gibt ein Sammelsurium an Gesetzen, Richtlinien und
Normen, das es dem Eigentümer nicht leicht macht“, kritisiert
ein Fachmann aus dem Bereich der Projektsteuerung, der nicht
genannt werden will. „Die Technik ist in den letzten Jahren de-
finitiv komplizierter geworden“, ergänzt Andreas Schlote, Ge-
schäftsführer von REC Partners, einem Unternehmen, das auf
strategische Gebäudeplanung und alle technischen Aspekte rund
um die Immobilie spezialisiert ist. Eigentlich, sagt Schlote, sei
ein Gebäude ja „eine äußere Hülle mit einem wahnsinnig kom-
plizierten Innenleben“. Nicht einfacher wird die Sache dadurch,
dass das Innenleben, also die Technik, eine deutlich kürzere Le-
bensdauer hat als die Gebäudehülle.
Hinzu kommt, dass das Interesse vieler Investoren und Ei-
gentümer an diesem komplizierten Innenleben begrenzt zu sein
scheint. „Viele Immobilienfachleute unterschätzen die Bedeu-
tung der Technik völlig“, bedauert jedenfalls Schlote. Mehr noch:
„BeimUmgangmit Bauherren und Investoren erlebenwir immer
wieder, dass die Kaufleute uns das Ergebnis unserer technischen
Prüfung diktieren wollen“, berichtet er. „Die Kaufleute setzen auf
den kurzfristig zu erzielenden Veräußerungsgewinn und sagen
sich: Was soll ich mich um technische Details kümmern?“ Lang-
fristig orientierte Investoren hingegen haben nachAnsicht Schlo-
tes die Bedeutung des technischen Asset Managements durchaus
erfasst: „Für sie sind der Erhalt der Technik und deren saubere
Kostenplanung zentrale Punkte.“
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„Unsere Devise lautet: So viel
Technik wie nötig, aber ein
innovatives Gebäude muss nicht
bis unters Dach mit Technik
vollgeplant sein.“
Thomas Häusser,
Drees & Sommer
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