Immobilienwirtschaft 9/2015 - page 64

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
TECHNIK MUSS BEDIENT WERDEN
Lüftung, Brandschutz und Auf-
zugswartung – das sind einige der Knackpunkte, die von Fach-
leuten immer wieder genannt werden. Grundsätzlichwerde dabei
ein Aspekt oft unterschätzt, sagt Dr. Thomas Herr, Sprecher der
Geschäftsführung des zu CBRE gehörenden Beratungsunterneh-
mens Valteq: „Je komplexer die Technik ist, desto schwieriger
ist es, sie zu nutzen. Ein hoher Technisierungsgrad bringt nur
etwas, wenn die Leute fähig sind, damit umzugehen.“ Bei man-
chen Einkaufszentren, berichtet REC-Chef Schlote, seien Über-
prüfung und Steuerung der technischen Anlagen kaum geregelt.
„Da“, berichtet Schlote, „gibt es auch mal den Hausmeister, der
sich nicht traut, die Anlage abends runterzufahren, weil er nicht
glaubt, dass sie in der Früh wieder hochfährt.“
Auf diesen Sachverhalt reagieren die Beratungsunterneh-
men. „Unsere Devise lautet: So viel Technik wie nötig, aber ein
innovatives Gebäude muss nicht bis unters Dach mit Technik
vollgeplant sein“, betont Thomas Häusser, Partner beim Stuttgar-
ter Beratungsunternehmen Drees & Sommer. „Wir sehen unsere
Aufgabe darin, individuelle und innovative technische Konzepte
zu planen, die auch funktionieren und wirtschaftlich sind.“ Dabei
achten die Experten von Drees & Sommer laut Häusser „nicht
nur auf die Kosten des Baus, sondern auch auf die Kosten des
künftigen Betriebs. Umdiese Erkenntnis durchzusetzen, scheuen
wir auch die Diskussionmit Architekten und Fachplanern nicht.“
TECHNISCHE DUE DILIGENCE: „SEHR ERNSTHAFTE DISKUSSIONEN“
Zu solchenDiskussionen kommt es auch bei der TechnischenDue
Diligence, also der technischen Prüfung von Immobilien imHin-
blick auf ihren Ankauf. „Der Druck auf die Investoren, ihre Li-
quidität anzulegen, ist immens hoch“, beobachtet Andreas Schlote
von REC Partners. „Da guckt der eine oder andere Investor schon
mal nicht so genau hin. Wenn wir dann eine Technische Due
Diligence machen und vomKauf abraten, kommt es gelegentlich
zu sehr ernsthaftenDiskussionen.“ Ähnliche Erfahrungenmacht
Dr. Thomas Herr von Valteq. „Die Investoren berücksichtigen
unsere Erkenntnisse nur in dem Maß, das ihnen erlaubt, den
Deal trotzdem zumachen“, sagt er und äußert Zweifel, ob sich alle
von den Technikexperten ermittelten Kosten in den jeweiligen
Business-Plänen wiederfinden.
Hinzu kommt zumindest nach Ansicht mancher Marktteil-
nehmer der enorme Kostendruck, unter dem die Dienstleister
stehen. „Die Marge verringert sich, und Aufwand und Ertrag
klaffen auseinander“, stellt Samir Salti fest, der bei DUDiederichs
Projektmanagement den Bereich Technische Due Diligence lei-
tet. Und auch REC-Partners-Geschäftsführer Schlote spricht von
einem„enormenWettbewerb“ in der TechnischenDue Diligence,
wobei „Qualität nicht von allen Auftraggebern honoriert“ werde.
Keinen Preisdruck vermag hingegen Valteq-Chef Herr zu erken-
nen: „Wir hatten schon Phasen, in denen es preislich deutlich
enger war.“ Problematisch sei vielmehr der enorme Zeitdruck,
unter dem die Gutachter stünden. Der Grund dafür liege in der
Marktsituation: „Die Verkäufer“, analysiert Herr, „nutzen ihre
Marktmacht aus und machen den Kaufinteressenten völlig un-
realistische Zeitvorgaben.“
AKUTER PERSONALMANGEL
In der Summe ergibt sich so das Bild
eines schwierigen, ja teilweise zerrütteten Verhältnisses zwi-
schen kaufmännisch orientierten Immobilienfachleuten und
technischen Gebäudespezialisten: Auf der einen Seite der mehr
oder weniger offen geäußerte Vorwurf der Unfähigkeit undÜber-
forderung, auf der anderen Seite die Kritik am Desinteresse in
Bezug auf die technischen Aspekte von Immobilien – das ist
eine brisante Mischung. Wobei sich in einem Punkt dann doch
beide Seiten einig sind: Es herrscht ein gravierender Mangel an
technischen Spezialisten. „Es ist derzeit nahezu unmöglich, in
angemessener Zeit einen versierten Brandschutztechniker zu en-
gagieren“, nennt Gabriele Stegers von Hochtief Projektentwick-
lung ein Beispiel. Besonders schwierig sei es bei technisch und
energetisch innovativen Projekten. „Da“, stellt Stegers fest, „wird
die Luft bei der Auswahl geeigneter Büros dünn.“
„Offenbar hat mancher Gutachter
eine Brille aufgesetzt, die den
Blick auf das Projekt trübt.“
Götz U. Hufenbach,
Benchmark Real Estate
Development
Foto:TÜV SÜD AG; Benchmark Real Estate Development
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