Immobilienwirtschaft 9/2015 - page 66

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TECHNOLOGIE, IT & ENERGIE
I
TITELTHEMA
Foto: ad-juvo GmbH & Co KG
Apropos Brandschutz: Sind etwa die
Mängel beim neuen Berliner Flugha-
fen nur die Spitze des Eisbergs?
Den
Brandschutz müsste ein guter Projekt-
steuerer zusammen mit den Planern und
Behörden selbstverständlich in den Griff
bekommen. Es werden zwar vermehrt
Projektsteuerungsbüros eingesetzt, aller-
dings sind diese und die Bauherren offen-
sichtlich häufig schlicht überfordert.
Sind die Anforderungen an die Gebäu-
detechnik in den letzten Jahren zu stark
gestiegen?
Interessant ist dabei, dass
nicht alle TGA-Planer der Entwicklung
und der Vielfalt bei der Gebäudetechnik
kritisch genug begegnen. Außerdem be-
klagen viele Bauherren diemangelnde Zu-
verlässigkeit und Stringenz beimPersonal
von Planungsbüros, speziell im Bereich
der TGA. So kommunizieren manche
Büros nicht ausreichend verbindlich.
Woran liegt diese mangelnde Zuver-
lässigkeit? Am Fachkräftemangel?
Der
Fachkräftemangel ist das eine. Oft werden
unerfahreneMitarbeiter bei den Projekten
allein gelassen. Der zweite Punkt: Seit der
letzten großenWirtschaftskrise 2008/2009
hat es eine spürbare Konzentration nicht
nur bei den TGA-Dienstleistern, sondern
auch bei Planungs- und Projektsteue-
rungsbüros gegeben. Manche Firmen
wachsen schlicht zu schnell.
Nehmen Investoren die Technische Due
Diligence ernst genug?
Diese Leistung
wird bei Immobilien-Transaktionen zu oft
vernachlässigt. Doch die Investoren bezie-
hungsweise die finanzierenden Banken
und Fonds merken, dass ohne Technische
Due Diligence die Katze im Sack gekauft
wird. Wenn Schwächen bei der Gebäude-
technik zu spät bemerkt werden, kann das
sehr schnell sehr teuer werden.
Herr Bürk, schenken Bauherren und Im-
mobilieneigentümer den technischen
Aspekten die gebührende Aufmerksam-
keit?
Wir beobachten, dass sich unsere
Kunden zunehmend für Gebäudetechnik
interessieren. Und das umso mehr, wenn
sie nicht nur die Herstellkosten, sondern
auch die Kosten des laufenden Betriebs für
die Technik der Immobilie während ihres
Lebenszyklus in den Blick nehmen.
Wo liegen die größten Herausforde-
rungen bei der Gebäudetechnik?
Ge-
bäudetechnik sollte funktional, einfach
bedienbar und günstig instand zu halten
sein. Sie darf niemals einer Drittverwen-
dungsfähigkeit der Immobilie im Wege
stehen. Wir legen deshalb Wert darauf,
dass die Gebäudeplaner die Bauteile und
Anlagen nach diesen Kriterien projektie-
ren.
Worauf ist in der Betriebsphase zu ach-
ten?
Besonders wichtig ist eine überschau-
bare und einfache Vertragsgestaltung mit
den Technik-Dienstleistern in Bezug auf
den laufenden Betrieb. Sonst gibt es auch
auf der Kostenseite der Bewirtschaftung
Schwierigkeiten.
Was liegt im technischen Bereich im
Argen?
Ein Beispiel sind hochwertige
Edelstahl-Rohrleitungssysteme, die rein
mechanisch verpresst werden. Hier gab es
schon mehrere spektakuläre Schadenfälle
durch undicht gewordene wasserführende
Rohre mit teils sehr hohen Schadensum-
men. Ein anderes Beispiel sind Klimaan-
lagen, die nicht richtig konzipiert wurden.
Wenn die Nutzer klagen, kann das bis zum
Abschalten solcher Anlagen führen. In
einer Technischen Due Diligence prüften
wir ein Objekt, in dem tagein, tagaus ein
Pförtner Brandwache schob, da die Brand-
meldeanlage nicht ordentlich funktio-
nierte. Alleine das verursachte jedes Jahr
rund 60.000 Euro Personalkosten!
„Die größte Herausforderung
liegt in der Einfachheit“
ZUR PERSON
Christian Bürk FRICS
ist
Geschäftsführer des Projektmanagementbüros
ad-juvo GmbH & Co KG in Nürtingen. Er ist
außerdem Fellow of the Royal Institution of
Chartered Surveyors (FRICS), Gründungsmitglied
des RealFM e.V. sowie Vorsitzender der Fach-
gruppe Immobilien- und Facility Management
der Ingenieurkammer Baden-Württemberg.
Ob beim Technischen Asset
Management oder bei der
Technischen Due Diligence –
im Bereich der Gebäudetech-
nik läuft nach Ansicht des
Projektmanagers
Christian
Bürk
FRICS eine Menge
schief. Er kritisiert die Qualität
vieler technischer Dienstleis-
ter und spricht sich für funk-
tionale, einfach bedienbare
technische Lösungen aus.
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Christian Hunziker, Berlin
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