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2|2019
Noch hat die Stadtwerkschaft in München kein Grundstück gefunden. Anregungen für ihre
Projekte holten sich die Mitglieder aber schon einmal in Zürich bei einer Exkursion
Quelle: Stadtwerkschaft eG
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tungen ziehen wollen, sondern auch an Anleger,
denen es in erster Linie um den Kapitalertrag
geht. Die Dividende betrug bei den bisherigen
Projekten 4% – ein sehr attraktiver Wert in der
gegenwärtigen Zinslandschaft. Da allerdings die
Anteile einemkonkreten Projekt zugeordnet wer-
den, fließt die Dividende jeweils erst nach dessen
Fertigstellung. „Dieser Renditeverzicht von etwa
zwei Jahren“, stellt Okrslar zufrieden fest, „führt
dazu, dass die Renditefüchse außen vor bleiben.“
Lingen: Stadt gründet Genossenschaft
Ein weiteres ungewöhnliches Genossenschafts-
modell findet sich in Lingen. In der 56.000-Ein-
wohner-Stadt im Emsland ging die Initiative zur
Genossenschaftsgründung nicht von engagier-
ten Bürgern aus, sondern von der Kommune. Der
Gründung vorangegangen sei ein „sehr breiter
Diskussionsprozess“, berichtet Lothar Schreine-
macher, Stadtbaurat von Lingen und gleichzei-
tig Vorstand der Lingener Wohnbau eG (LWB).
Zweites Vorstandsmitglied ist die Kämmerin der
Stadt. In diesemProzess habe es sich gezeigt, dass
private Investoren nicht bereit gewesen seien, die
von der Stadt gewünschten Sozialwohnungen zu
bauen. Deshalb habe man sich entschlossen, ein
eigenes Unternehmen zu gründen – aber nicht
eine kommunale Gesellschaft, „weil dann nur die
Kommune verantwortlich gewesen wäre“, wie
Schreinemacher sagt.
Das Genossenschaftsmodell bot die Möglichkeit,
weitere Partner ins Boot zu holen. Zu den Grün-
dungsmitgliedern der im November 2017 ge-
gründeten Genossenschaft zählen deshalb neben
der Stadt Lingen auch die Volksbank Lingen, das
Christophorus-Werk und das Bonifatius-Hospital,
die jeweils 2.500 Anteile zu 100 € gezeichnet ha-
ben. In geringerem Umfang sind die katholische
und die evangelische Kirchengemeinde beteiligt.
Privatpersonen waren zunächst noch nicht Mit-
glied; Anfang 2019 sollte jedoch nach Angaben
Schreinemachers das Marketing und der Verkauf
von Anteilen an Lingener Bürger beginnen. Sie
dürfen eine Dividende von 1 bis 1,5% erwarten.
Um reine Kapitalanleger fernzuhalten, beträgt die
Kündigungsfrist der Anteile fünf Jahre.
Geplant ist, dass sich die LWB zunächst aus-
schließlich im Bereich des öffentlich geförderten
Wohnungsbaus engagiert. ZumGründungbestand
gehören 95 zuvor kommunaleWohnungen. Bereits
gesichert ist zudem ein erstes Neubauprojekt mit
74 Wohnungen, die Mitte 2020 bezugsfertig sein
werden. Das entsprechende Grundstück kommt
zu günstigen Konditionen von der Stadt, was laut
Schreinemacher „vergaberechtlich geklärt und
unproblematisch“ ist.
Die LWB sei ein „unkonventionelles Konstrukt“,
räumt der Stadtbaurat ein – aber eines, das auch
„ein Stück Wirtschaftsförderung“ sei. Denn bei
einer extrem geringen Arbeitslosenquote von
2,3% und einem kaum vorhandenen Wohnungs-
leerstand müsse die Stadt Menschen mit niedri-
gem Einkommen Wohnraum anbieten, damit die
örtlichen Unternehmen Fachkräfte gewinnen
könnten.