DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 2/2019 - page 42

MARKT UND MANAGEMENT
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stücken, die Ertragsverteilung im Erfolgsfall und
natürlich die politischen Informations- und Be-
teiligungsformen.“ Dieser Vertrag sei ein hartes
Stück Arbeit des Gründungsteams aus Landkreis,
Sparkasse, vdw Verband der Wohnungs- und Im-
mobilienwirtschaft in Niedersachsen und Bremen
e.V. und den politischen Gremien gewesen.
Den ersten Neubau mit zehn Wohnungen hat die
KWG Mitte 2018 in Salzhausen begonnen, seit
Anfang Dezember 2018 laufen die Arbeiten für
zwei Objekte in Jesteburg (9 Wohnungen) und
in Rosengarten (16). „Fördergelder nehmen wir
dabei nicht in Anspruch, denn es ist mit den in
Niedersachsen derzeit geltenden Miethöhen für
sozialgebundenen Wohnungsbau bei Neubauten
nicht möglich, wirtschaftlich zu agieren“, so
Thurmann.
Erfahrungsaustausch wünschenswert
Bezahlbarer Wohnungsbau ist aus Thurmanns
Sicht auch nicht gleichzusetzenmit sozialemWoh-
nungsbau. „Wir werden bei den erstenWohnungen
2 € unter vergleichbarenWohnungen bleiben und
eine Kaltmiete von 8,50 €/m
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nicht überschrei-
ten.“ Damit würde eine Wohnung vor allem für
Alleinstehende, junge Familien, Auszubildende,
Senioren und Arbeitnehmer mit durchschnittli-
chem Einkommen wieder bezahlbar. „Um diese
Mietpreise zu erreichen, haben wir bei den ersten
Bauten auf serielles Bauen gesetzt.“ Es sei dabei
darauf geachtet worden, Bautypen zuwählen, die
zum jeweiligen Umfeld und Ortsbild passen. An-
gestrebt ist, bis Ende 2021 bis zu 200Wohnungen
jährlich zu errichten. Perspektivisch sei dann auch
die Nutzung von Förderszenarien denkbar, „aber
da werden wir nun erst einmal abwarten, wie die
neuen Ausführungsbestimmungen des Landes im
Detail ausfallen“.
Thurmann unterstreicht, dass es die große Her-
ausforderung ist, mit den Neubauten gleich wirt-
schaftlich zu agieren. „Wir haben ja schließlich
keinen Altbestand, der ggf. zur Quersubventio-
nierung dienen könnte.“ Für die Zukunft wünscht
sich Thurmann einen bundesweiten Austausch
unter den Neugründungen. „Alle haben die
identische Aufgabenstellung“: Gute Baufirmen
gewinnen, rasch und zu bezahlbaren Konditio-
nen bauen. „Da kann es nur von Vorteil sein, von
anderen zu lernen und gemachte Fehler nicht zu
wiederholen.“
Auch kleine Gemeinden werden aktiv
Das kommunale Engagement erstreckt sich bis in
kleine Gemeinden runter. Ein Beispiel dafür ist die
Samtgemeinde Bersenbrück im Kreis Osnabrück
(etwa 30.000 Einwohner in sieben Kommunen).
„Wir erwarten bis 2035 etwa 10% Bevölkerungs-
wachstum“, sagt Dr. Horst Baier, der Geschäfts-
führer der HaseWohnbau GmbH & Co. KG und
zugleich Samtgemeindebürgermeister ist. Heute
gebe es noch fast 80% Eigenheime in der Region,
doch „das wird sich sowohl durch den demogra-
fischen Wandel als auch durch die veränderten
Bedürfnisse der jüngeren Generationen ändern“.
Als Kommune habe man aufgrund auslaufender
Sozialbindungen vor der Frage gestanden, „wie wir
ein passendes Angebot für Menschen mit gerin-
gem Einkommen schaffen“. Es habe kontroverse
Diskussionen in der Politik bis zur Gründung eines
Tochterunternehmens – der neuen HaseWohnbau
– gegeben. Zügig seien die Planungen für zehn
Projekte aufgenommenworden und bis Ende 2020
werden nun 100 Wohnungen – vor allem 1- und
2-Zimmer-Einheiten – fertiggestellt. Allerdings
werde nur die Hälfte mit Sozialbindung versehen
sein. Dr. Baier: „Als neue Gesellschaft haben wir
keine stillen Reserven und müssen jedes Projekt
wirtschaftlich kalkulieren.“ Alle Wohnungen mit
Bindung und damit einer Kaltmiete von 5,60 €/m
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zu vermieten, sei nicht machbar.
UmamMarkt dauerhaft agieren zu können, sei zu-
demklar gewesen, dass die neue Gesellschaft straff
geführt werden müsse. „Viele Aufgaben werden
durch unsere ebenfalls neu gegründeten Stadt-
werke erledigt“, so der Bürgermeister. Gut zwei
Jahre nach der im Juli 2016 erfolgten Gründung
ist Dr. Baier durchweg zufrieden. „Wir haben eine
öffentliche Diskussion in Gang gebracht. Dadurch
hat auch der private Mietwohnungsbau Fahrt auf-
genommen. Die Investoren sagen sich: Wenn die
Gemeinde Wohnungen baut, dann macht es Sinn,
dass auch wir investieren.“ Auch bei der Politik in
der Region sei die anfängliche Skepsis gewichen.
„Ich werde immer häufiger zu Vorträgen eingela-
den.“ Das zeige, dass derWeg, als Kommune selbst
zu bauen, „der richtige ist“.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Viele Kommunen erst am Anfang
Während vielerorts die ersten Wohnungen bereits
fertiggestellt sind, wird in anderen Kommunen
noch heftig diskutiert oder geplant. Hohe Ziele
hat sich beispielsweise die Landeshauptstadt
Kiel mit der Gründung eines Unternehmens
unter städtischer Führung gesetzt. Stadtrat
Gerwin Stöcken, Dezernent für Soziales, Woh-
nen, Gesundheit und Sport, ist überzeugt: „Die
Wohnungsgesellschaft wird in enger Kooperation
mit den Partnern des Masterplans Wohnen ein
wichtiger Motor für den Kieler Wohnungsbau
werden“. Mit städtischen Bauprojekten wie im
„Schusterkrug“ und dem Ankauf von Wohnun-
gen, die hinter dem Hauptbahnhof im Bereich
„Marthas Insel“ errichtet werden, sei bereits ein
Anfang gemacht worden.
Die Ausrichtung der neuen Gesellschaft ist ein-
deutig: die Schaffung bezahlbaren Wohnraums
für Personengruppen ohne bzw. mit geringem
Einkommen in allen Stadtteilen, die Versorgung
besonderer Bedarfsgruppen und die Förderung
besonderer Wohnformen. Die neue Gesellschaft
werde nicht in den Wettbewerb mit vorhande-
nen Anbietern treten, sondern eine Nische für
bestimmte bedürftige Gruppen bedienen. Bevor
mit demBau neuer Wohnungen begonnenwerden
kann, sind noch viele Detailfragen durch externe
Expertise zu klären. Denkbar ist nach Darstellung
der Stadtverwaltung auch, die Form einer Genos-
senschaft mit finanzieller Beteiligungsmöglichkeit
aller Kieler zu wählen.
Beispielhaftes Objekt der KWG in Salzhausen. Hieran angelehnt sind z. B. auch die
anderen Haustypen für Sozialwohnungen in Jesteburg
Quelle: KWG
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