Die Wohnungswirtschaft 1/2018 - page 62

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te durch eine hochemotionale Kundenansprache
hervor. Eine Konsequenz aus der Erkenntnis, dass
neben rationalen Faktoren wie Miethöhe, Lage,
Ausstattung und Grundriss weiche Faktoren bei
Wohnentscheidungen eine maßgebliche Rolle
spielen: Der Lifestyle muss stimmen. Vermarktet
werden also nicht Wohnungen, VWI vermietet und
verkauft ein Lebensgefühl.
So wurde z. B. erst vor kurzem die Tradition län-
gerer Projektnamen wie „Wohnen in ...xy“ aufge-
beben zugunsten von Namen, die für sich allein
stehen. Auch die Bildsprache hat sich radikal
gewandelt, weg vom Abbildhaften, von Gebäu-
defotos oder Renderings – hin zu stimmungsvol-
len Visualisierungen, die einzig und allein darauf
abheben, ein Lebensgefühl zu vermitteln. Ein Bei-
spiel ist das Wohnprojekt „Salzteich“ inWolfsburg.
Der Name des Neubauprojekts ist eine 1:1-Refe-
renz an den Standort am Salzteich im Stadtteil
Wohltberg, den jeder Wolfsburger kennt. Die
Bildsprache auf der Titel- und Rückseite verzich-
tet gänzlich auf Gebäudeansichten, stattdessen
zeigt sie die Rückenansicht einer jungen Frau
bzw. eines jungen Mannes vor einem Sonnenun-
tergang am Wald. Beim Verkaufsexposé findet
sich die Neubau-Marke „Salzteich“ prominent
im Vordergrund, während die Dachmarke „VWI“
dezent im Hintergrund bleibt – als Absender auf
der Rückseite des Prospekts.
Das Verhältnis zwischen Dach- und Neubaupro-
jekt-Marke folgt dabei einer fein austarierten
Chronologie über die verschiedenen Phasen der
Immobilienvermarktung hinweg, also vom Spa-
tenstich über den Vertriebsstart, den Erstbezug
bis in die Betriebsphase. Erstmals kommuni-
ziert wird eine Neubau-Projektmarke anlässlich
des Spatenstichs, ist also essenzielles Tool der
Pressearbeit und dient der Herausbildung eines
Images. Die bekanntere Dachmarke hat in diesem
Augenblick eine wichtige begleitende Funktion,
lebt sozusagen in Koexistenzmit demneuen, aber
noch unbekannten Namen. Das erzeugt Vertrauen.
ZumVertriebsstart wird die Neubau-Projektmarke
dann plakativ über alle relevanten Vertriebs- und
Medienkanäle gespielt, die Dachmarke dagegen
zurückgenommen. Im Vordergrund steht, was an
den Mann und die Frau gebracht werden soll: das
neue Wohnprojekt. Dieses Verhältnis ändert sich
dann zum Zeitpunkt des Erstbezugs abermals:
Nun wird die Präsenz der Projektmarke wieder
zurückgefahren und die Dachmarke in der Be-
richterstattung prominent platziert. Einen letz-
ten „Change“ in der Markengewichtung gibt es
dann beim Übergang in die Betriebsphase: Die
Projektmarke bleibt zwar als Name bestehen, die
Dachmarke übernimmt aber als vertrauensbilden-
des Element eine Führungsrolle.
Was also nach außen mitunter beliebig oder zu-
fällig wirkt, folgt einem ausgeklügelten und in
den Effekten genau aufeinander abgestimmten
System. Der ideale Verlauf dieser Vorgehensweise
erzielt also nicht nur die notwendigen Begehrlich-
keiten bei den Wohnungsinteressenten, sondern
führt letztlich zur (Voll-)Vermietung des Objek-
tes bereits vor Fertigstellung in einemgehobenen
Mietpreisumfeld. „Mit dem Konzept der Marken-
führung für Neubauvorhaben wird der Vertrieb
optimal unterstützt und zugleich die Unterneh-
mensmarke emotional aufgeladen“, zeigt sich
Ulrich Sörgel, Leiter Wohnimmobilien, Marketing
und Kommunikation bei VWI, überzeugt.
Dreimarkenstrategie mit
drei Geschwindigkeiten
Bei der Quartiersentwicklung „Steimker Gärten“
verfolgt VWI sogar eine Dreimarkenstrategie, die
darauf abzielt, VWI als Dachmarke, „Steimker
Gärten“ als Quartiers-Projektmarke sowie vier
Neubau-Projektmarken der VWI erfolgreich zu
positionieren. Es handelt sich bei den „Steimker
Gärten“ um das derzeit größte Neubauquartier
Sichtbarkeit mit Fernwirkung: Baustellenmarketing für das innovative Stadtquartier Steimker Gärten
mit beleuchteter Pylone entlang der Nordsteimker Straße in Wolfsburg
MARKT UND MANAGEMENT
Ohne eine „Story“, die Emotionen und Stimmungen transportiert, Identität und Vertrauen
bietet, geht bei der Immobilienvermarktung heute nichts mehr
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