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1|2018
Gamification und Serious Games
Vertrauen aufbauen und Städte spielerisch entwickeln
Transparenz und Teilhabe sind zwei aktuelle Schlüsselbegriffe für die Entwicklung in vielen Städten
und Gemeinden. Im Idealfall ziehen Wohnungswirtschaft, Mieter und Kommunalverwaltung an einem
Strang. Dennoch kennen Investoren, Planer und Bürgermeister auch Quartiere, in denen sie mit
Unverständnis oder Widerständen kämpfen müssen. Serious Games sind eine erfolgreiche Methode, um
z. B. Planungsgegenstände zu kommunizieren und Widerstände abzubauen.
Planungsaufgaben im Bereich von Neubau- oder
Stadtteilentwicklungsvorhaben sind oft sehr
komplex. Eine gute begleitende Kommunikation
ist daher wichtig –wenn teils auch schwierig. Steht
der Kiez erst sprichwörtlich Kopf, ist die Kommuni-
kation schiefgelaufen. Das Ziel, die baldige Fertig-
stellung oder Inbetriebnahme, rückt in die Ferne.
Dabei ist die nun erforderliche Krisenkommuni-
kation erstens teuer und zweitens oft vermeidbar,
sofern bestimmte Kriterien erfüllt werden.
Serious Games bieten eine gute Möglichkeit, um
mit Menschen zu kommunizieren und Planungen
erfolgreich abzuschließen. Auf den ersten Blick
wirken Begriffewie Serious Games oder Gamifica-
tion jedoch oft befremdlich. Wer Millionensummen
in ein Quartier oder Bauprojekt investiert, denkt
eher an Rendite oder die gesetzte Deadline. Das
Wort Spiel ist bestenfalls ein technischer Ausdruck
für Spielraum; aus demProjekt- oder Zeitplan ken-
nen es viele Praktiker (noch) nicht.
Dabei sind spielerische Elemente im Alltag weit
verbreitetet: Ein einfaches Beispiel ist das Sam-
meln von Bonuspunkten beim täglichen Einkauf
im Supermarkt. Selbst im Personalmarketing
sind spielerische Elemente zu finden. In Zeiten
des Fachkräftemangels richten Firmenwie Airbus,
Brillux, Fresenius oder Tchibo ihre Arbeitgeber-
marke verstärkt auf den Nachwuchs aus – und
Dienstleister wie die Hamburger Firma Cyquest
GmbH helfen ihnen dabei. Sie verbinden Elemente
aus dem Recruitment (hier: Eignungsdiagnostik)
mit unterhaltsamen Elementen (Entertainment)
zum „Recrutainment“.
„Gamification ist dann erfolgreich, wenn eine In-
teraktion stattfindet und ein attraktiver Mehrwert
gebotenwird“, sagt ThorstenDoil, Geschäftsführer
der Firma Appsynatics, die für 60 Marketingclubs
einen interaktiven Informations-Hub entwickelt
hat. Genau wie beim Punkte sammeln im Super-
markt setzt das Berliner Start-up auf den spielen-
den Menschen, den „Homo ludens“, wenn die Mit-
glieder des Berufsverbandesmit der neuen Lösung
per Smartphone miteinander agieren und – statt
Punkte – Fotos vonClubveranstaltungen sammeln.
Realitäten werden durch Simulations-
und Rollenspiele erlebbar
Neben dem Werben um bestimmte Zielgruppen
kennt dieWirtschaft seit Jahren eineweitere Form
der Gamification. Unabhängig von analogen Kle-
bepunkten und digitalen Angeboten wie „Recru-
tainment“ setzt das Bildungswerk der Niedersäch-
sischenWirtschaft auf ein „Marketing Information
Game“. In dieserWirtschaftssimulation schlüpfen
Schüler in die Rolle von Führungskräften konkur-
rierender Industriebetriebe. „Wie funktioniert ein
Betrieb? Worauf muss ich als Unternehmer ach-
ten? In diesem Planspiel werden Jugendliche zu
Handelnden, sie üben strategisches Denken in der
Rolle als Unternehmer und übernehmen Ver-
THEMA DES MONATS
Thomas Knigge
Knigge Marketing- & PR-Beratung
Kiel
Wer spielt, streitet nicht: Mit Serious Games wie „Stadtspieler“ werden Konflikte vermieden und komplexe
Planungen greifbar. Die Methode war ein ausgewähltes Pilotprojekt der Nationalen Stadtentwicklungspolitik
Quelle: Felix Borkenau