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            12|2017
          
        
        
          
            Über die Anpassungsfähigkeit von Unternehmen
          
        
        
          
            Unternehmensführung in Zeiten des Wandels
          
        
        
          Die Wohnungs- und Immobilienwirtschaft erlebt herausfordernde Zeiten. Rechtliche und gesellschaftliche
        
        
          Rahmenbedingungen sowie die Anforderungen der Stakeholder wandeln sich. Die Digitalisierung setzt neue
        
        
          Wegemarken, angesichts des demografischen Wandels stellen sich z. B. auch Fragen nach den Personal-
        
        
          oder den Portfoliomanagementstrategien neu. Was macht in diesem Umfeld gute Unternehmensführung
        
        
          aus? Wie werden Unternehmen widerstandsfähiger und bleiben gleichzeitig anpassungsfähig?
        
        
          
            THEMA DES MONATS
          
        
        
          man nunmehr auch hier die Wechselwinde der
        
        
          Veränderung. Dies betrifft zunächst den demo-
        
        
          grafischen Wandel. Während einige Regionen im
        
        
          Lichte der Deindustrialisierung hohe Wande-
        
        
          rungsverluste zu verzeichnen haben, wird es in
        
        
          den Ballungszenten der Großstädte allmählich
        
        
          eng. Zwar boomt der Handel mit Immobilien,
        
        
          doch lässt sich die Nachfrage nach bezahlbarem
        
        
          Wohnraum für breite Schichten der Bevölke-
        
        
          rung gegenwärtig kaum befriedigen. Dies wird
        
        
          noch verstärkt durch die anhaltende Migration.
        
        
          Zusätzlich stellt die steigende Lebenserwar-
        
        
          tung neue Anforderungen an altersgerechten
        
        
          Wohnraum, z. B. in Sachen Barrierefreiheit und
        
        
          betreutes Wohnen.
        
        
          
            Herausforderung: Finanzmärkte
          
        
        
          Sieht man hiervon ab, so hat die bereits seit
        
        
          längerer Zeit zu verzeichnende Internationali-
        
        
          sierung der Finanzmärkte mittlerweile auch die
        
        
          Immobilien- und Wohnungswirtschaft erreicht.
        
        
          Dies eröffnet für die Branche nicht nur neue Fi-
        
        
          nanzierungschancen, sondern hat zwischenzeit-
        
        
          lich durch die Schaffung börsennotierter Immo-
        
        
          bilienaktiengesellschaften auch „Global Playern“
        
        
          in Form von Anlagegesellschaften den Zugang
        
        
          zum deutschen Wohnungsmarkt eröffnet, ohne
        
        
          jedoch bisher dessen lokale und funktionale Seg-
        
        
          mentierung im Kern zu beeinträchtigen.
        
        
          Mit der Niedrigzinspolitik der EZB wurde zu-
        
        
          gleich eine zunehmend steigende Nachfrage
        
        
          der Anleger nach Immobilien generiert, die zu
        
        
          einem deutlichen Anstieg der Immobilien- und
        
        
          Grundstückspreise geführt hat, mit deutlichen
        
        
          Auswirkungen auf den Wohnungsneubau in
        
        
          Deutschland.
        
        
          
            Herausforderung: Digitalisierung
          
        
        
          Zwar hat die zunehmende Digitalisierung des
        
        
          Wirtschaftsgeschehens ihren Niederschlag
        
        
          in einer Vielzahl von Vermittlungs- und Ver-
        
        
          gleichsportalen gefunden, doch weist die Immo-
        
        
          bilienwirtschaft gegenüber anderen Branchen
        
        
          noch einen deutlichen Nachholbedarf auf.
        
        
          
            Ausrichtung und Zukunftsfähigkeit eines
          
        
        
          
            Unternehmens am Markt
          
        
        
          Ziel effektiver Unternehmensführung – darüber
        
        
          besteht weitgehend Einigkeit – ist die strategi-
        
        
          sche Ausrichtung des Unternehmens am Markt
        
        
          und damit dessen Zukunftsfähigkeit. Ob dabei die
        
        
          Erwartungen und Zielvorgaben der Anteilseigner
        
        
          langfristig erfüllt werden, hängt nicht zuletzt
        
        
          von den Bedürfnissen der Stakeholder, also der
        
        
          Mieter und Käufer, ab.
        
        
          Dies betrifft nicht allein die Miete oder den Kauf-
        
        
          preis, sondern umfasst, wie sollte es auch anders
        
        
          sein, zugleich die sozialen Dimensionen des Woh-
        
        
          nens, und damit sowohl die Serviceleistungen
        
        
          des Vermieters als auch die baulichen und orga-
        
        
          nisatorischen Grundlagen für eine gelingende
        
        
          Nachbarschaft. So lassen sich manche im öffent-
        
        
          lichen und Unternehmensinteresse erforderli-
        
        
          chen Maßnahmen, wie die Nachverdichtung in
        
        
          den Ballungsräumen, gegen den Widerstand der
        
        
          „Altbewohner“ nur schwer durchsetzen, erwei-
        
        
          sen sich jedoch bei Einbindung der Beteiligten
        
        
          als machbar.
        
        
          Transparenz des Handelns und Kommunikations-
        
        
          fähigkeit des Managements sind nicht nur gegen-
        
        
          über den Anteilseignern und dem Aufsichtsrat,
        
        
          sondern auch im Verhältnis zu den Stakeholdern
        
        
          eine wesentliche Voraussetzung des Gelingens.
        
        
          
            Umgang mit normativen Vorgaben
          
        
        
          Es nimmt kaumWunder, dass in einer zunehmend
        
        
          verrechtlichten Wirtschaftsordnung zugleich
        
        
          die normativen Vorgaben des Gesetzgebers
        
        
          über weite Strecken das Handeln der Unterneh-
        
        
          mensleitung bestimmen. Dies gilt nicht nur im
        
        
          Hinblick auf die alljährlichen Nachtarierungen
        
        
          der energetischen Vorgaben des Bauens, son-
        
        
          dern betrifft zugleich die Sorgfaltspflichten des
        
        
          Managements, insbesondere unter dem Aspekt
        
        
          der Compliance. So wesentlich die Bedeutung
        
        
          der Einhaltung rechtlicher Rahmenvorgaben
        
        
          im Kontext einer sozialen und fairen Wettbe-
        
        
          werbsordnung auch ist, erweist es sich dennoch
        
        
          als geboten, den Entscheidungsspielraum der
        
        
          Leitungsorgane im Interesse eines funktionsfä-
        
        
          higen Wettbewerbs nicht unverhältnismäßig zu
        
        
          beschränken.
        
        
          Hier hat der deutsche Gesetzgeber mit der Ein-
        
        
          räumung einer Einschätzungsprärogative bei
        
        
          unternehmerischen Entscheidungen im Rahmen
        
        
          der Business Judgement Rule gemäß § 93 Abs.1
        
        
          Satz 2 AktG und § 34 Abs.1 Satz 2 GenG den rich-
        
        
          tigen Weg beschritten, der den Prognosespiel-
        
        
          raum der Geschäftsführung wahrt und zugleich
        
        
          dessen Überprüfung durch die Gerichte sachlich
        
        
          beschränkt. Dies hat der BGH nunmehr auch für
        
        
          den Bereich der GmbH anerkannt.
        
        
          August von Hayek hat den Wettbewerb zu Recht
        
        
          als Entdeckungsverfahren bezeichnet, das die
        
        
          Bedürfnisse der Nachfrager offenbart und uns
        
        
          Erkenntnisse vermittelt, die uns ohne Wettbe-
        
        
          werb nicht zugänglich wären. Für die Teilnehmer
        
        
          des Wettbewerbs gilt ohnedies die Leitmaxime
        
        
          Samuel Becketts: „Scheitern, erneut scheitern,
        
        
          besser scheitern.“