DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2016 - page 59

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behandeln. Für alle Bewohner des Klosters gelten
dieselben Regeln. Bei wichtigen Entscheidungen
ruft der Abt seine Ordensbrüder zur Beratung
zusammen, die Entscheidung selbst trifft er auf
dieser Basis – jedoch eigenständig und verant-
wortungsvoll.
Die Vorgehensweise bei den Benediktinern lässt
sich auf jeden Bereich der Wirtschaft übertra-
gen – und mit der von Max Weber geprägten
Unterscheidung von Gesinnungs- und Verant-
wortungsethik verknüpfen. Die besagt, dass
jegliches ethisches Handeln unter einer dieser
zwei Maximen stehen kann. Demnach macht es
einen Unterschied, ob ein Mensch nach bestem
Wissen handelt, ohne in die Zukunft zu denken,
oder, dem Grundsatz der Verantwortungsethik
folgend, für die voraussehbaren Folgen seines
Tuns in der Pflicht steht.
Relevanz von Aus- und Fortbildung
Ethische Modelle und Theorien sind dann notwen-
dig, wenn kritische Situationen eintreten. Gemäß
der bekannten asiatischen Weisheit „Bei ruhi-
gem Wetter kann jeder leicht Steuermann sein“,
gilt: Führung ist schwierig, wenn die Umstände
schwierig sind. Denn wie partizipativ und koope-
rativ ein Führungsstil auch seinmag, in kritischen
Zeiten bedarf es klarer Entscheidungen, die von
den Führungskräften durchgesetzt und verant-
wortet werden müssen. Führung stellt sich unter
solchen Umständen als komplexer sozialer und
kommunikativer Prozess dar, der solide Kompe-
tenzen des Führenden erfordert – die zumGroßteil
erlernbar sind. Damit stellt sich die Frage: Wie ist
es um die Ausbildung von Führungskräften in der
Wohnungswirtschaft bestellt?
Im Rahmen des integrierten Bildungskonzeptes
in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft sind
Personalführungs- undManagementkompetenzen
fester Bestandteil des Weiterbildungsangebotes
der branchenspezifischen Bildungsträger, wobei
Inhalte und Umfang variieren. So stehen bei der
Weiterbildung zum Immobilien-Ökonom Füh-
rungskonzepte auf dem Lehrplan. In der akade-
mischen Ausbildungwerden die Themen Führung
und Ethik vertieft behandelt: Wirtschaftsethik ist
z. B. Bestandteil von Bachelorprogrammen wie
demStudiengangWirtschaftswissenschaftenmit
der Spezialisierung Immobilienmanagement der
bbwHochschule in Kooperationmit der BBA – Aka-
demie der Immobilienwirtschaft e. V., Berlin. Ver-
tieft werden ethische Kompetenzen, z. T. erweitert
um eine internationale Managementperspektive,
in Masterstudiengängen wie dem Programm
„Business Administration – Real Estate Manage-
ment (MBA)“ der Berliner HTW Hochschule für
Technik und Wirtschaft, der BBA sowie der ZHAW
School of Management and Law, Winterthur.
Fazit
Erfreulich ist, dass Führungskompetenzen Be-
standteil der Lehrpläne der branchenspezifischen
Bildungsgänge sind. Dennoch hat ein ethikorien-
tierter Führungsstil noch nicht den Stellenwert,
den er benötigt. Ein Personalführungskonzept
mit durchgängigen Leitlinien existiert bisher
nicht. Dies wäre, gerade in Zeiten, in denen die
Unternehmen vor besonderen gesellschaftlichen
und wirtschaftlichen Herausforderungen stehen,
hilfreich. Denn ein ethikorientierter Führungs-
stil hat laut eines Artikels der Onlineausgabe der
Zeitschrift „Wirtschaftspsychologie aktuell“ aus
Führungskompetenzen werden
nicht „in die Wiege gelegt“:
Ein Großteil der notwendigen
Fähigkeiten für eine erfolgreiche
Mitarbeiterführung kann erlernt
werden
Quelle: BBA
dem Juni 2015 positive Effekte auf die Mitarbei-
ter und den Unternehmenserfolg. Die positiven
Einflüsse eines ethikorientierten Führungsstils
belegt eine Metaanalyse, die Studien mit fast
30.000 Teilnehmern zusammenfasst und unter
dem Titel „Ethical leadership: Meta-analytic
evidence of criterion-related and incremental
validity“ imMai 2015 im Journal of Applied Psy-
chology veröffentlicht wurde. Die Analyse zeige,
laut Wirtschaftspsychologie aktuell, dass Mitar-
beiter umso zufriedener und leistungsbereiter
sind, je gerechter sie geführt werden. Weiterhin
sind gemäß dem Forschungsprojekt, durch das 89
Studien rechnerisch zusammengefasst wurden,
die Mitarbeiter motivierter und wollten seltener
das Unternehmen verlassen. Als wichtiger Fak-
tor wurde dabei Vertrauen identifiziert. Die Füh-
rungskräfte, die gerecht führten, wurden auch als
vertrauenswürdig wahrgenommen – was für die
Motivation, Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit
mitverantwortlich war. Laut der 2015 vom Ro-
man Herzog Institut e. V. herausgegebenen Publi-
kation „Ethische Grundlagen guter Führung“ von
Dieter Frey sollten Führungskräfte sich bewusst
sein, dass faire Rahmenbedingungen die Grund-
lage für Leistung und Qualität schaffen.
Von einer stärkeren Ausprägung der ethikorien-
tierten Führung könnten die Unternehmen und
die Gesellschaft im Zeichen des demografischen
Wandels und dem damit einhergehenden Fach-
kräftemangel gleichermaßen profitieren: Eine
ethikorientierte Führung hilft nicht nur, die bes-
ten Köpfe in den Unternehmen zu halten, sondern
auch, um die gesellschaftlichen Herausforderun-
gen, die an die Branche herangetragen werden,
erfolgreich zu meistern.
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