DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2016 - page 49

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12|2016
Personalentwicklung, Fort- und Weiterbildung
Die Zukunft der Arbeit – ein Transformationsprozess
Die Arbeitswelt verändert sich. Oft führen Disruption und Digitalisierung zu einer Abwehrhaltung
gegenüber dem Wandel – dabei birgt die Zukunft der Arbeit viele Chancen. Durch gezieltes Training
und die Befähigung von Mitarbeitern kann – branchenunabhängig – ein hoher Mehrwert generiert
und Motivation in der Belegschaft erzeugt werden.
Arbeitswelten der Zukunft – selbst in den po-
pulären sozialen Medien, Tageszeitungen und
Talkshows wird derzeit über die „Zukunft der
Arbeit“ diskutiert. Die Deutsche Bahn will diese
Veränderung aktiv gestalten und hat sechs Digi-
talisierungsoffensiven ins Leben gerufen. Eine
davon ist die Initiative „Arbeitswelten 4.0“.
Rund 80 Experten – Eisenbahner, Betriebsräte,
Wissenschaftler und Unternehmer – entwickeln
Prototypen und neue Ansätze, mit denen sich der
Konzern schon jetzt auf die Arbeit der Zukunft
vorbereitet.
Arbeitswelten von morgen
Ein Prototyp beschäftigt sich z. B. mit dem Rei-
seerlebnis der Kunden in den Zügen: Wie muss
Gastfreundschaft zukünftig aussehen, um den
Wünschen der Kunden zu genügen? Welches
neue Serviceverständnis ist von den Mitarbei-
tern in den Zügen gefragt, wenn die Fahrschein-
kontrolle durch Self Check-Ins wegfällt? Und die
Südostbayernbahn in Mühldorf am Inn hat z. B.
damit begonnen, die traditionell-hierarchische
Rollenverteilung abzuschaffen. Die Mitarbeiter
im Vertrieb organisieren sich selbst: Aufgaben-
verteilung, Dienstpläne oder Urlaubsplanung. Die
Folge: Motivation und Zufriedenheit steigen, die
Arbeit wird effizienter organisiert.
Doch was bedeutet diese „Zukunft der Arbeit“ für
die Personalentwicklung und die Fort- und Wei-
terbildung von Mitarbeitern? Die kurze Antwort
lautet: Sie stellen eine große Herausforderung und
auch eine große Chance dar.
Herausforderungen und Chancen
Organisationen und Arbeit haben sich schon im-
mer verändert undwerden es weiter tun. Die erste
industrielle Revolution begann mit der Mechani-
sierung, insbesondere durch Wasser- und Dampf-
kraft. Die zweite industrielle Revolution wird mit
Massenfertigung, der Nutzung elektrischer Energie
sowie der Verschmelzung von Produktion und For-
schung verbunden. Auch diese Revolution hat die
Branche der Verkehrsunternehmen wie auch der
Immobilienwirtschaft stark verändert. So erhöhte
sich zwar der Standard in vielen Lebensbereichen,
jedoch waren damit auch Risiken, hohe Invest-
ments und infrastrukturelle Herausforderungen
verbunden.
Zurzeit befinden wir uns in der dritten industriel-
len, der elektronischen Revolution. Die Computer-
nutzung trägt zu einer erheblichen Arbeitsredukti-
on bei. Administrativer Aufwand und langwierige
Prozesse konnten durch Standardisierung und Di-
gitalisierung verkürzt, anschaulich gemacht und
geteilt werden. Obwohl amAnfang viele Bedenken
bestanden, sind das Internet und die Weiterent-
wicklung der computerisierten, digitalen Welt
nicht mehr aus unserem Leben wegzudenken.
Wandel
Und noch ein Wandel steht an: die vierte Revolu-
tion. Organisationen, Unternehmen, Vereine und
auch Genossenschaften befinden sich in einer
digitalen Transformation. Menschen, Maschinen
und Produkte „kommunizieren“. Trotz bereits vor-
handener Vernetzung durch Internet, E-Mail und
Social-Media-Plattformen besteht nach wie vor
ein starker Handlungsbedarf, Berührungsängste,
Unsicherheiten undWiderstände bei Mitarbeitern
und Führungskräftenweiter abzubauen. Viele be-
fürchten, von „der Technik“ ersetzt zu werden.
VieleMenschen fühlen sich überfordert. So kommt
es bei manchen zu durchaus nachvollziehbaren
Abwehrhaltungen. Wie geht man als Arbeitgeber
damit um? Wie kannman seineMitarbeiter unter-
stützen? Wo darf und kannman auch Engagement
verlangen? Wie verändern sich Berufsbilder? Mit-
arbeitern und ihren Fähigkeiten kommt eine neue
oder veränderte Rolle zu, wenn sich die Arbeits-
welt durch die Digitalisierung rasant entwickelt.
Führung und Befähigung
Wissen und verstehen erzeugt Sicherheit. Führung
und Ausrichtung auf gemeinsame Ziele vermittelt
Orientierung. Mitgenommenwerden, teilnehmen,
teilhaben und mitgestalten erzeugt und unterhält
Motivation und Bindung. „Personalentwicklung“
übersetzt Inhalte in Formate, unterstützt Mitar-
beiter und Führungskräfte in der persönlichen und
organisationalen Transformation.
In der neuen Arbeitswelt wird es neben Linienor-
ganisationen auch Projektorganisationen geben.
Die Tendenz zu fluidenGesamtorganisationenwird
steigen. Dies bedeutet, dass die Personalentwick-
lung Führungskräfte und Mitarbeiter befähigen
muss, diese Zunahme anVerantwortung, Selbstma-
nagement und (Groß-)Projektmanagement unter-
nehmerisch realisieren zu können. VeränderteMee-
tingstrukturen brauchen veränderte Räume. Die
Wände der Einzelbüros stehen der Notwendigkeit
des schnellen, unkomplizierten und übergreifen-
den Austauschs im wahrsten Sinne des Wortes im
Wege. Räume desMiteinander, Räume der Transpa-
renz, der unkompliziertenKommunikation, Räume
des Rückzugs, des „Zu-Sich-Gehens“, Räume der
transparenten Vertraulichkeit – all dies muss von
den Architekten, den Immobilisten gestaltet und
entworfen werden. Räume unterstützen Inspira-
tion, Orientierung, Sicherheit, Freiheit. Hier trifft
Personalarbeit auf äußereUmsetzungsmöglichkeit
und erfährt die gegenseitige Spiegelung.
Dr. Ursula Schütze-Kreilkamp
Leiterin Personalentwicklung
Deutsche Bahn
THEMA DES MONATS
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