MARKT UND MANAGEMENT
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12|2016
die Legitimität von Produkten, Dienstleistungen
und Geschäftsmodellen haben.
Von Leitplanken und Wertvorstellungen
Doch woran orientiert sich jeder Einzelne? Was
sind die zentralen Werte – abgesehen von den
großen Begriffen, wie Humanität, Solidarität und
Verantwortung? Welche Folgen hat wirtschaftli-
ches Handeln für den Menschen, die Umwelt und
das Gemeinwesen?
Im beruflichen Alltag werden Wertvorstellun-
gen gebraucht und auf die Probe gestellt. Wie
wichtig es ist, eigene Wertvorstellungen zu
leben, formulierte bereits Aristoteles: „Hohe
Moralbegriffe sind Gewohnheitssache. Wir wer-
den gerecht durch gerechtes Handeln, maßvoll
durch maßvolles Tun, tapfer durch tapferes Ver-
halten.“ Eben dieses moralische Handeln steht
– angelehnt an Immanuel Kant, der fragte: „Was
sollen wir tun?“ – im Zentrum moderner Vor-
stellungen von (Unternehmens-)Ethik. Somit
ist die angewandte Ethik von Relevanz für das
tägliche Leben, die, so Frey/Schmalzried (s. o.),
jeweils einen Lebensbereich herausgreift und
Antworten zu geben versucht. Ethische Theorien
sollen moralische Überzeugungen erklären – und
stellen im Ergebnis ein Grundgerüst für das ei-
gene Handeln dar.
Demnach bedeutet eine gelungene Führung, an-
dere Menschen beim Definieren von Aufgaben
und Zielen anzuleiten und ihnen eine Orientie-
rung zu geben, um allen Beteiligten im Ergebnis
Sicherheit in Entscheidungssituationen vermit-
teln zu können. In ihrem Alltag steht eine Füh-
rungskraft dabei jeden Tag vor einer Vielzahl von
Aufgaben und Entscheidungen, die sie nicht nur
treffen, sondern ihren Mitarbeitern auch vermit-
teln sollte.
Ein an ethischen Grundprinzipien ausgerichteter
Führungsstil verspricht eine Form von Hilfestel-
lung bei schwierigen Entscheidungssituationen.
Eine an ethischen Fragen orientierte Führungs-
kraft wäre in diesem Zusammenhang in Bezug
auf die Entscheidungen und Handlungen, die an
ihren Status als Führungskraft gekoppelt sind,
eine moralisch integre Person. Relevant sind
sowohl genuin moralische Werte wie die Men-
schenwürde als auch nicht genuin moralische
Werte wie das Streben nach Gewinn. Hierbei baut
Moral bei ethikorientierter Führung nicht auf ei-
ner bestimmten Moraltheorie auf. Vielmehr wird
auf unterschiedliche Konzepte oder Philosophen
zurückgegriffen.
Großer Beliebtheit erfreuen sich z. B. die Ideen
Immanuel Kants, dessen Theorien u. a. den ka-
tegorischen Imperativ beinhalten, der wiederum
den Kern seiner Ethik der Pflichten und das zent-
rale Prinzip seiner Moraltheorie bildet. Demnach
möge ein jeder nur nach der Maxime handeln, von
der er zugleich wolle, dass sie allgemeines Gesetz
werde. Der kategorische Imperativ ist dabei we-
niger eine einzuhaltende Norm als vielmehr eine
Art Prüfkriterium, das Menschen dazu anhält,
ihre Handlungen dahingehend zu hinterfragen,
ob es erstrebenswert wäre, dass jeder Mensch zu
jeder Zeit so handelt.
Vorbildfunktion?
Auch wenn Kants Perspektive im Führungsalltag
nicht immer umsetzbar ist, kann das Bewusstsein
dieses Grundsatzes das Führungsverhalten po-
sitiv beeinflussen. Der Argumentation folgend,
müsste eine Orientierung an Kant Führungskräfte
dazu anleiten, nicht nur selbstbestimmt verant-
wortlich zu handeln, sondern auch die Mündig-
keit ihrer Mitarbeiter zu fördern. Die Relevanz
von Wertvorstellungen betont z. B. auch Wende-
lin Wiedeking, ehemaliger Vorstandsvorsitzen-
der der Porsche AG, der sinngemäß formulierte,
dass ein Unternehmer, der erfolgreich führen
will, Grundsätze benötige, zu denen er auch in
schwierigen Zeiten stehe und die er nicht jeden
Tag neu in den Wind hänge.
Selbststudium
Die Vermittlung dieser Inhalte an Führungskräf-
te ist nicht einheitlich geregelt. Im Berufsleben
übernehmen Angestellte häufig erst Personal-
verantwortung und besuchen anschließend
die notwendigen Weiterbildungen zum Thema
Mitarbeiterführung. Somit stellt sich die Frage,
welche Theorien und Modelle sich als Inspiration
für Führungskräfte eignen könnten.
Ein erfolgversprechendes Konzept beinhaltet
mehr als nur einen Führungsstil. Eine an ethi-
schen Grundsätzen orientierte Führungskraft
sollte verschiedene Stile kennen und situati-
onsspezifisch angemessen einsetzen können.
Eine gute und bis heute aktuelle Basis für Füh-
rungskräfte bildet ein Studium der „Klassiker“,
u. a. Aristoteles, Immanuel Kant oder auch Max
Weber, die Inspiration für das eigene Handeln
bieten. Denn „gute Führung“ ist zeitunabhängig;
und die Erwartungen von Mitarbeitern an den
Umgang untereinander und an die Kommunika-
tion miteinander dürften derzeit überwiegend
stabil sein.
Wie führen? Wie handeln?
Anregungen für einen gerechten und partizi-
pativen Führungsstil vermitteln beispielsweise
die Grundsätze des Benediktinerordens (unter:
e auf Benedikt von
Nursia zurückzuführenden Grundsätze des Or-
dens, der als der Älteste des westlichen Ordensle-
bens gilt, sind insbesondere in den Kapiteln „Der
Abt“ und „Die Einberufung der Brüder zum Rat“
niedergelegt. Die Führung eines dem Abt unter-
stellten Klosters schlägt sich in seiner Funktion
als Vorbild und Autorität gleichermaßen nieder.
Der Abt hat alle seine Untergebenen gleich zu
Unternehmensethik wird
zunehmend ein Thema.
Gute Führung setzt sich aus
verschiedenen Bausteinen
zusammen, die es zu
vermitteln gilt
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