DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2016 - page 52

MARKT UND MANAGEMENT
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12|2016
gung an und die Mehrheit (bis zu 63%) berichtete,
auf Strategien der Lernkontrolle zurückzugreifen.
Positiv: Es fanden sich keine Altersunterschiede,
ältere Beschäftigte berichteten vergleichbare
Lernkontrollfertigkeiten. Allerdings gaben je
nach Unternehmen bis zu 48,6% der Befragten
an, ihre Lernziele nicht oder nur selten zu pla-
nen – was Ausbaupotenzial bei der Lernkontrolle
nahelegte.
Insgesamt wird die Lernsituation bei den Mit-
gliedsunternehmen als gut bewertetet, die Al-
tersneutralität bildete eine tragfähige Grundlage
für den nachhaltigen Aufbau von Lernfitness.
Als Ziele entsprechender Trainings zeichneten
sich die Stärkung der Lernkontrolle ab sowie die
Fertigkeit, Unterstützung durch Führungskräfte
einzufordern.
Lernfitnesstrainings
Auf der Grundlage der Bestandsaufnahme wurden
Lernfitnesstrainings entwickelt, die am indivi-
duellen „Lernmodell“ – also der Auffassung über
das optimale Vorgehen beim Lernen und dessen
Möglichkeiten und Grenzen – der Teilnehmer
ansetzten. Die Bestandsaufnahme hatte gezeigt,
dass ein Großteil der Befragten vomWissen über
Methoden der Lernkontrolle und Lerntechniken
profitieren würde. Zugleich bezweifelte fast ein
Drittel der älteren Beschäftigten die Leistungs-
fähigkeit ihres Gedächtnisses – was dazu führen
kann, dass Lernanstrengungen vorzeitig abgebro-
chen oder gar nicht erst aufgenommen werden.
Die Veränderung des Lernmodells bestand aus
den drei Schritten:
• des Aufbaus von Änderungsmotivation,
• der eigentlichen Intervention in Formgezielter
„Lernexperimente“ und strukturierter Selbst-
reflektion und
• der Transfersicherung.
Diese drei Schritte wurden auf drei Trainingsein-
heiten à 180Minuten innerhalb von zehn Arbeits-
tagen verteilt. Demzufolge wurde das Training
mit zwei Gruppen (insgesamt 20 Teilnehmer) bei
einem der Mitgliedsunternehmen durchgeführt.
Bei einem weiteren Mitgliedsunternehmen ver-
mittelte eine der Trainerinnen internen Trainern
die Grundlagen zur eigenständigen Durchführung
von Lernfitnesstrainings.
Im Verlauf der Trainings erarbeiteten sich die
Teilnehmer nicht nur Wissen darüber, warummit
dem Alter einhergehende Gedächtniseinbußen
meist überschätzt werden und ihr Einfluss auf
berufliches Lernen geringer ist als gemeinhin
angenommen. Sie lernten Lerntechniken als we-
sentliche Lernressource kennen und überzeugten
sich in anschaulichen „Lernexperimenten“ von
deren Mehrwert. Deutlich wurde, dass bereits
einfache Techniken die Lernleistung um fast 15%
steigern können. Ein dritter wesentlicher Punkt:
die Besprechung von Möglichkeiten, im Training
gewonnene Einsichten in den Berufsalltag zu
übertragen. Leitlinie war die Entwicklung einer
Selbstmanagement-Strategie des Lernens. Die
Teilnehmer erhielten zwei computerbasierte
Übungsprogramme, mit denen sie auch über das
Training hinaus ihre Lern- und Gedächtniskapa-
zität in Eigenregie trainieren können.
Zur Evaluation der Trainings wurde eine Stichpro-
be aus zwölf Teilnehmern mit 83 Nichtteilnehmer
verglichen: Sieben Monate nach den Trainings
lag in dieser Onlinebefragung der Fokus auf der
Einschätzung des eigenen Lernerfolgs, der Lern-
fitness und Lernüberzeugung. Als Kernergebnis
lässt sich festhalten, dass die Trainingsteilneh-
mer insofern vom Training profitierten, als ihr
Lernerfolg zwischen der Eingangsbefragung
(Mittelwert 2,86 auf einer fünfstufigen Skala)
und der Evaluationsmessung (Mittelwert 4,21)
signifikant anstieg. In der Kontrollgruppe nahm
der empfundene Lernerfolg leicht ab. Die Evalua-
tion war mit sieben Monaten bewusst lange nach
den Trainings angesetzt, um zu verhindern, dass
sie nur kurzlebige „Stimmungseffekte“ erfasst.
Im Umkehrschluss heißt das, dass die Trainings-
wirkung potenziell längerfristiger Natur ist. Be-
merkenswert ist auch, dass sich der Unterschied
zwischen Eingangsanalyse und Evaluationsmes-
sung trotz der geringen Stichprobengröße statis-
tisch absichern ließ, was für einen eher starken
Effekt des Trainings spricht.
Fazit und Ausblick
Die Ergebnisse dieses Projekts sind ermutigend,
wenngleich sie wegen der geringen Teilnehmer-
zahl noch keine Grundlage für die unmittelbare
Übersetzung in eine Modelllösung bieten mö-
gen. Einer der Projekterträge ist auf jeden Fall
ein „Ressourcen-Check“ zur Ermittlung des
unternehmensspezifischen Lernumfelds. Er lie-
fert Unternehmen wichtige Impulse, wie sie das
lebenslange Lernen optimal unterstützen kön-
nen, und trägt so zur Gestaltung einer lebenslang
lernförderlichen Arbeitsumgebung bei. Zweiter
Projektertrag ist ein Lernfitnesstraining, das
ohne Weiteres in das Weiterbildungsangebot
von Mitgliedsunternehmen übernommen wer-
den kann. Es stellt zugleich auf die Bedarfe der
Immobilienwirtschaft ab und ist wissenschaftlich
fundiert.
Die Jacobs University Bremen steht dem GdW
und seinen Mitgliedsunternehmen auch über das
beschriebene Projekt hinaus beratend zur Verfü-
gung. Die Befragungs- und Trainingsinstrumente
werden kontinuierlich weiterentwickelt und im
Rahmen von Kooperationen gern zur Verfügung
gestellt.
Weitere Informationen:
Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
ABB. 2: STRUKTURELLE UND INDIVIDUELLE STELLGRÖSSEN
Lernklima
Lern­
überzeugung
Altersklima
Lernkontrolle
Führungs-
kräfte
Veränderungs-
bereitschaft
Lernerfolg
ABB. 3: ERFOLGSFAKTOREN UND AUSBAUPOTENZIALE
Günstig
Ausbaufähig
• Praktisch keine Alterseffekte
• Eher positives Lern- und
Altersklima
• Günstige Lernüberzeugungen
• Lernkontrolle steigerungsfähig
• Eher geringe Unterstützung
durch Führungskräfte
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