MARKT UND MANAGEMENT
Lebenslang lernen in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft
Erfolgsfaktor Lernfitness – ein Projektbericht
Der demografische Wandel macht die Personalrekrutierung auch für Unternehmen der Wohnungswirtschaft
schwieriger. Ein attraktives Personalentwicklungsangebot wird so zum Wettbewerbsvorteil in der
Konkurrenz um die besten und klügsten Köpfe. Eine Rolle spielen auch Weiterbildungen sowie Konzepte,
die ältere Arbeitnehmer für neue Anforderungen fit machen. Warum man lebenslang lernen sollte,
verdeutlicht ein Modellprojekt unter Beteiligung von GdW-Unternehmen.
THEMA DES MONATS
Prof. Dr. Christian Stamov-
Roßnagel
Lehrstuhl Organisational
Behaviour, Psychology & Methods
Jacobs University Bremen gGmbH
Bremen
Das Projekt startete deshalb mit einer Umfrage
bei den vier Mitgliedsunternehmen (insgesamt
484 Teilnehmer, 17-64 Jahre, Schnitt 41,9 Jah-
re). Ziel war die Ableitung von Ansatzpunkten
der Entwicklung auf die Bedarfe der Teilnehmer
abgestimmter Trainings. Die Teilnehmer bewer-
teten ihren Lernerfolg im Unternehmen sowie
zentrale unternehmensseitige und persönliche
Stellgrößen dieses Lernerfolgs, von denen je drei
statistisch signifikant auf den Lernerfolg einzahl-
ten (siehe Abbildung 2 auf S. 50).
Lernklima steht für die Einschätzung, welchen
Stellenwert ein Unternehmen aus Sicht der Be-
schäftigten lebenslangem Lernen und Weiterbil-
dung beimisst. Das Altersklima gibt an, als wie
lern- und leistungsfähig Beschäftigte über 50 im
Unternehmen im Durchschnitt wahrgenommen
werden. Führungskräfteunterstützung bezog
sich auf die erlebte Unterstützung durch direkte
Vorgesetzte für die Teilnahme an Weiterbildun-
gen. Lernüberzeugung stand für die Überzeu-
gung, zum erfolgreichen Lernen grundsätzlich in
der Lage zu sein, während die Lernkontrolle sich
auf die Fertigkeit bezog, sich selbst angemessene
Lernziele setzen und das eigene Lernen in Rich-
tung Zielerreichung steuern zu können. Verän-
derungsbereitschaft bezeichnete die individuelle
Bereitschaft, sich schnell und flexibel auf neue
Arbeitsumstände einzustellen. Die Umfrage-
ergebnisse zeichneten ein recht klares Bild (siehe
Abbildung 3 auf S. 50).
Die vier Projektunternehmenwiesen ein insgesamt
eher günstiges Lernklima auf. Je nach Unterneh-
men stimmten bis zu 72% der Befragten der Aus-
sage zu, dass im Unternehmen die Überzeugung
herrsche, dass beständiges Lernen wichtig sei für
gute berufliche Leistung. Auch das Altersklima
war in den Projektunternehmen eher positiv aus-
Die Anforderungen an Beschäftigte in der Im-
mobilienwirtschaft nehmen zu – und damit der
Bedarf an Personalentwicklung. Auch wird die
Personalrekrutierung wegen demografiebeding-
ten Nachwuchsmangels schwieriger. Im „Kon-
kurrrenzkampf“ um die besten Köpfe spielen
Weiterbildungen eine wichtige Rolle, die häufig
unter „Lernen lernen“ firmieren. Sie sollen Be-
schäftigte fit machen für die Anforderungen des
lebenslangen Lernens.
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs-
und Immobilienunternehmen e. V. ging einen in-
novativen Weg mit einem Modellprojekt, in dem
vier Mitgliedsunternehmen aus Berlin, Bremen,
Kiel und Köln mit der Jacobs University Bremen
kooperierten. Ausgangspunkt war die gut belegte
Erkenntnis, dass die leichter Schritt haltenmit den
wachsenden Lernanforderungen amArbeitsplatz,
die etwas für ihre Lernfitness tun. Wenig bekannt
ist dabei, dass Lernfitness nicht zwangsläufig mit
dem Alter abbaut. Zwar lässt das Gedächtnis ein
wenig nach, aber schwerer wiegen die Zweifel,
die ausgerechnet erfahrene Beschäftigte häufig
an ihrer Lernfähigkeit hegen – und die dieWeiter-
bildungsmotivation dämpfen. Die gute Nachricht:
Solche Zweifel lassen sich mit bewährten, aber
in der Personalentwicklung bislang selten einge-
setztenMethoden gut ausräumen. Hier setzte das
Modellprojekt an. Lernfitness ist nicht in erster
Linie ein gutes Gedächtnis, sondern vor allemeine
intelligente Kombination trainierbarer Kompe-
tenzen, mit denen Beschäftigte ihr Lernen selbst
in die Hand nehmen können (siehe Abbildung 1).
Vorne anfangen: Bestandsaufnahme zu
Lernklima und Lernfitness
Die Lernfitness Beschäftigter hängt wesentlich
vom Lernumfeld eines Unternehmens ab. Die
Unterstützung durch Führungskräfte, das ge-
nerelle Weiterbildungsangebot und das Lernkli-
ma – diese Einflussgrößen prägen die Sicht von
Beschäftigten auf ihre Lernfähigkeit und mithin
ihre Lernfitness.
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12|2016
ABB. 1: KOMPETENZEN TRAINIEREN
Lernfitness heißt …
… den eigenen
Lernbedarf
ermitteln
… sich effek-
tive Lernziele
setzen
… passende
Lernwege
wählen
… den eigenen
Lernfortschritt
steuern
Quelle aller Grafiken: Autor