DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 12/2016 - page 64

MARKT UND MANAGEMENT
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die gesamte IT sowie alle Daten im eigenen Haus
bleiben: die sog. Private Cloud. Dazu muss das ei-
gene Rechenzentrum durch Leistungssteigerung
in die Lage versetzt werden, die Anwendungen
der festen und mobilen Arbeitsplätze über das
Internet zugänglich zu machen – und zwar auf
höchstem Qualitäts- und Sicherheitsniveau. In
der Praxis gelingt dies selten, daher entscheiden
sich die Unternehmen häufig für eine Mischform
aus Private und Public Cloud, die Hybrid Cloud.
Hier werden bestimmte Anwendungen, vor allem
solche, die nicht ausgesprochen geschäftskri-
tisch sind, von öffentlichen Anbietern bezogen,
besonders kritische dagegen im eigenen Unter-
nehmen bereitgestellt. Oft ist es keine leichte
Aufgabe, die verschiedenen IT-Prozesse sauber
zu trennen und auf gleich hohem Niveau zu be-
treiben. Wenn es gelingt, ist die Umstellung auf
hohe Servicequalität mit einer Aufwertung der
IT-Abteilung verbunden.
Welche Cloud-Formauch gewählt wird, in der Pra-
xis müssen auf Seiten des Nutzers einige Bedin-
gungen für ihren erfolgreichen Einsatz erfüllt sein,
die unter Umständen Probleme bereiten können.
Selbstverständlich gehört dazu (außer bei einer
Private Cloud) ein kompetenter, leistungsfähiger
und vertrauenswürdiger Cloud-Anbieter. Dieser
lässt sich mit guter Beratung und/oder Erfah-
rungswerten von Kunden wahrscheinlich immer
finden. Inzwischen sind erfahrene Provider in
erheblicher Zahl im Markt.
Hinzu kommen einige technische Voraussetzun-
gen auf Seiten der Cloud-Nutzer. Zumeinenmuss
eine schnelle und stabile Internetverbindung zur
Verfügung stehen – in erstaunlich vielen Gebie-
ten Deutschlands keine Selbstverständlichkeit,
besonders abseits der Ballungsgebiete. Zumande-
ren geht es um die Software selbst, die per Cloud
genutzt werden soll. Denn sie muss Cloud-fähig
sein, also bestimmte technische Voraussetzungen
erfüllen, um per Internet nutzbar zu sein.
Das Cloud-Modell
in der Wohnungswirtschaft
Faktoren wie Unternehmensgröße, -struktur und
-branche spielen eine Rolle, wenn es darum geht,
den Nutzwert des Cloud Computings abzuwägen.
In vielerlei Hinsicht ist die Cloud gerade imBereich
der Immobilien- und Wohnungswirtschaft eine
vielversprechende Alternative zur in Eigenregie
(On-Premises) betriebenen Software. Die Branche
ist von vielen kleineren Unternehmen geprägt, die
meist nicht die kritische Größe haben, ab der sich
eigene IT-Ressourcen rechnen könnten.
Zudem finden sehr viele typische Prozesse wie
Wohnungsabnahme, Instandhaltung, Schaden-
protokollierung oder Vermietung direkt vor Ort
an verschiedenen Standorten statt, was mo-
biles Arbeiten mit Anbindung an Datenbanken
aus Effizienzgründen unerlässlich macht, denn
nachträgliches Übertragen von Daten im Büro ist
zeitaufwändig und fehleranfällig. Die zahlreichen
Prozesse imUmfeld der Wohnungs- und Immobi-
lienbranche wie Auftrags- und Rechnungsbear-
beitung oder die Abwicklung von Schadensfällen
weisen an vielen Stellen Medienbrüche auf, von
Daten auf Notizzetteln über Faxantworten bis zu
analogen Fotos und handschriftlich ausgefüllten
Formularen. Ohne die Cloud ist die Integrationmo-
biler und medienübergreifender Arbeitsprozesse
kaum vorstellbar.
Allerdings gibt es vor allem bei kleineren lokal or-
ganisierten Wohnungsunternehmen sehr häufig
eine erhebliche technische Hürde beim Einstieg
in das Cloud-Modell, wie Peter Dümig, Senior
Server Product Manager bei Dell EMC, anmerkt:
„Wie in anderen Service-Branchen, beispiels-
weise im Gesundheitssektor, finden auch in der
Wohnungswirtschaft oft eigenständige, meist
von lokalen Anbietern entwickelte Softwarepa-
kete Verwendung, die auf das jeweilige Unter-
nehmen zugeschnitten und nicht auf mögliche
Cloud-Nutzungsmodelle ausgelegt sind. Mit
anderen Worten: Bei vielen Gesellschaften ist
die Software einfach nicht Cloud-ready – und es
ist nicht immer einfach, sie entsprechend umzu-
gestalten.“ Die „gute alte“ Lösung, die sich über
Jahre im stationären Betrieb im Unternehmen
bewährt hat, lässt sich also nicht mal so eben
nebenbei in eine Software verwandeln, auf die
per Internet und Rechenzentrum zugegriffen
werden kann.
EineMöglichkeit, in dieser Situation trotzdemdie
Vorteile der Wolke zu nutzen, bietet das iPaaS (in-
tegration Platform-as-a-Service)-Modell: IT-An-
bieter stellen hierbei eine Plattform bereit, die in
der Lage ist, unterschiedlichste Anwendungssoft-
ware über die Cloud miteinander zu integrieren.
Das In-House-Systemeines Nutzers (etwa Verwal-
tungssoftware und ERP- oder CRM-System) muss
nicht „die Cloud-Sprache sprechen“, sondern kann
über die entsprechende Plattformmit Cloud- und/
oder anderen eigenständigen Lösungen reibungs-
los zusammenarbeiten.
Bedeutung enormwachsenwird, ist der Gedanke,
Business-Software von einem „Versorger“ so wie
Strom, Gas und Wasser in bedarfsgerechter Men-
ge zu jeder Zeit und an jedem Ort zur Verfügung
gestellt zu bekommen, sehr verlockend. Gerade
kleine Unternehmen, die weder die erforderliche
IT-Kompetenz haben noch die IT-Infrastruktur
betreiben wollen oder können, werden durch die
Möglichkeit, ihre Software per Internet zu nut-
zen, in die Lage versetzt, Geschäftsprozesse und
-modelle umzusetzen, die sich sonst nur größere
Unternehmen leisten können.
Die Unternehmensmitarbeiter greifen bei die-
ser Art von Cloud-Nutzung, die als Public Cloud
bezeichnet wird, über ihre Endgeräte von ihrem
Arbeitsplatz oder per Smartphone und Tablet von
jedem beliebigen Standort aus über geschütz-
te Internetverbindungen auf Anwendungen,
Datenbanken und Backupdateien zu, die in gut
gesicherten Rechenzentren des Cloud-Providers
liegen. Für alle Themen der dahinterstehenden
Infrastruktur – Server, Speicher, Backupsyste-
me und Sicherheitsarchitektur sowie die Pflege
und Aktualisierung von Hard- und Software – ist
allein der Provider verantwortlich. Er stellt IT-
Leistungen im vereinbarten Umfang und zu den
vereinbarten Konditionen hinsichtlich Perfor-
manz, Fehlerfreiheit und Sicherheit zur Verfü-
gung und rechnet sie nach dem tatsächlichen
„Verbrauch“ ab. Damit entfällt für das Nutzer-
unternehmen die Notwendigkeit, Technik und
IT-Personal in erheblichem Volumen vorzuhalten
– mit allen positiven Auswirkungen auf die Fi-
nanzen (wenn SaaS auch kein Schnäppchen ist!).
Auftragsschwankungen spielen damit keine Rol-
le mehr, die Cloud bietet praktisch unbegrenzte
Skalierbarkeit: Die angeforderte Leistung wird
vom Provider entsprechend bedarfsgerecht
hoch- oder heruntergefahren, die jeweilige
Kapazitätsanpassung muss seine Infrastruktur
stemmen. Zentrale, gesicherte und redundant
ausgelegte Rechenzentren liefern zudem ein Si-
cherheitsniveau, wie es die wenigsten Unterneh-
men in Eigenregie garantieren können. Größere
Unternehmen, die über eine eigene leistungsfähi-
ge IT-Infrastruktur verfügen, können ein Gegen-
modell zur Public Cloud implementieren, bei dem
„Wie in anderen Service-Branchen, beispielsweise im Gesundheitssektor,
finden auch in der Wohnungswirtschaft oft eigenständige, meist von lokalen
Anbietern entwickelte Softwarepakete Verwendung, die auf das jeweilige
Unternehmen zugeschnitten und nicht auf mögliche Cloud-Nutzungsmodelle
ausgelegt sind. Mit anderen Worten: Bei vielen Gesellschaften ist die Software
einfach nicht Cloud-ready – und es ist nicht immer einfach, sie entsprechend
umzugestalten.“
Peter Dümig, Senior Server Product Manager bei Dell EMC
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