DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2015 - page 79

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von einem kommunalen Wohnungsunternehmen
anmietet und diese sodannweitervermietet. Um-
gekehrt können zu den Personen mit dringendem
Wohnbedarf alle Personengruppen gehören, die
besondere Schwierigkeiten bei der Wohnraum-
suche haben. Neben Menschen im höheren Le-
bensalter, Alleinerziehenden, kinderreichen oder
einkommensschwachen Personen, Studenten oder
Gastarbeitern zählen hierzu auch Asylbewerber.
Ausgeschlossene Mieterschutzvorschriften
Verschiedene Vorschriften, die imRecht derWohn-
raummiete den Mieter schützen sollen, sind hier
ausgeschlossen, so etwa sind die Vorschriften über
die Mieterhöhung ausgeschlossen. Auch die sog.
„Mietpreisbremse“ gilt hier nicht. Der Vermieter
kannmit demHauptmieter die Höhe der Miete frei
verhandeln – es bleibt bei der Vertragsfreiheit.Wei-
ter sind die Vorschriften über denMieterschutz bei
Beendigung desMietverhältnisses ausgeschlossen.
Ausgeschlossen ist dieObliegenheit des Vermieters,
den Mieter im Kündigungsschreiben auf die Mög-
lichkeit des Kündigungswiderspruchs hinzuweisen,
den Kündigungsschutz nach § 573 BGB (Ordentli-
che Kündigung des Vermieters) oderweitere in der
Ausnahmevorschrift genannten Kündigungsrege-
lungen. Der Hauptmieter hat dadurch auch nicht
die Möglichkeit des Kündigungswiderspruchs. Das
Mietverhältnis kann befristet werden, wobei das
Mietverhältnis dann mit dem Ablauf der Mietzeit
endet.
Das Mietverhältnis zwischen dem Eigentümer
und dem Hauptmieter ist im Ergebnis wie ein
Geschäftsraum-Mietverhältnis anzusehen. Das
Mietverhältnis zwischen dem Hauptmieter und
dem Wohnraumnutzer ist ein Wohnraum-Miet-
verhältnis. Hier aber gelten die genannten Mie-
terschutzvorschriften aufgrund der Ausschluss-
vorschrift nicht, wenn der Wohnungsnutzer bei
Vertragsabschluss hierauf hingewiesen worden
ist. Hierdurch wird gewährleistet, dass es einen
„praktischen“ Gleichklang zwischen dem Haupt-
mietverhältnis und demUntermietverhältnis gibt.
Zu beachten ist allerdings, dass der allgemein üb-
licheWohnstandard gilt. EinenMustermietvertrag
finden Sie im GdW-Portal unter „Zuwanderung“.
Unterbringung im Rahmen der sozialen
Wohnraumförderung
Gem. § 27Abs. 2Wohnraumförderungsgesetzwird
derWohnberechtigungsschein auf Antrag desWoh-
nungssuchenden von der zuständigen Stelle für
die Dauer eines Jahres erteilt. Antragsberechtigt
sind Wohnungssuchende, die sich nicht nur vor-
übergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes
aufhalten und die rechtlich und tatsächlich in der
Lage sind, für sich und ihre Haushaltsangehörigen
auf längere Zeit einenWohnsitz alsMittelpunkt der
Lebensbeziehung zu begründen und dabei einen
selbständigen Haushalt zu führen. Für Flücht-
linge und Asylsuchende sind dies natürlich hohe
Hürden. Aus diesem Grund werden die entspre-
chenden Verwaltungsbestimmungen von einigen
Bundesländern relativ weit gefasst. Das Minis-
terium für Inneres und Bundesangelegenheiten
Schleswig-Holstein hat den rechtlichen Rahmen
insoweit ausgeweitet, als ein Mindestaufenthalt
von einemJahr auch dann vorliegen kann, wenn ein
Aufenthaltstitel oder eine Duldungweniger als ein
Jahr umfasst, aber keine aufenthaltsrechtlichen
Bedenken gegen die Verlängerung bestehen. Auch
bei gestattetemAufenthalt nach demAsylverfah-
rensgesetz und absehbarer Verfahrensdauer von
mindestens einem Jahr kann ein Anspruch auf ein
Wohnberechtigungsschein bestehen. Auch vom
Grundsatz, dass Verfügungsberechtigte nur di-
rekt an die zukünftigen Mieter gegen Vorlage des
Wohnberechtigungsscheines vermieten dürfen,
gibt es Ausnahmen. So ist auch die Vermietung an
juristische Personen zulässig, wenn die Unterver-
mietung konzeptionell begründet ist.
Soweit bei der Unterbringung von Asylsuchenden
im sozialen Wohnungsbau die Kosten der Förder-
mittel über den angemessenen Kosten der Unter-
kunft für Sozialleistungsempfänger liegen, bieten
einige Kommunen entsprechende Lösungsansätze.
So hat die Landeshauptstadt Kiel festgelegt, dass
bei einer Wohnung des sozialen Wohnungsbaus/
der sozialenWohnungsförderung die tatsächliche
Miete anerkannt wird und insofern ein Gleichklang
in der Beurteilung der Kosten hergestellt. Welche
Möglichkeiten es gibt, wären beim Land oder der
Kommune abzufragen.
Fazit
Wohnungsunternehmen nehmen ihre soziale Ver-
antwortung bei der Unterbringung von Flücht-
lingen wahr. In Abstimmung mit Bund, Ländern
und Kommunen sind rechtliche Möglichkeiten
auszuschöpfen, die für alle Beteiligten interessen-
gerecht sind. Neben den rechtlichen Erwägungen
ist jedoch auch notwendig, dass die Flüchtlinge in
ihren Wohnungen nicht alleingelassen werden,
sondern ihnen Hilfe angeboten wird. Hier unter-
stützt der GdW insbesondere die Aktivitäten des
Deutschen Städtetages u. a. zu Integration von
Flüchtlingen. Denn die Unterbringung von in Not
geratenen Menschen bleibt eine gesamtgesell-
schaftliche Aufgabe.
Mehr zu den bilanziellen und steuerlichen Impli-
kationen der Flüchtlingsunterbringung lesen Sie in
einer der folgenden Ausgaben unserer Serie „Bilanz
und Steuerwissen – Aktuelles aus den Prüfungsor-
ganisationen des GdW“.
Quelle: Fotolia
Mustermietvertrag zur Flüchtlingsunter-
bringung:
web.gdw.de/uploads/pdf/
Mustermietvertrag.pdf
Aktivitäten des Deutschen Städtetages zur
Integration von Flüchtlingen:
schwerpunkte
DOWNLOAD UND INFORMATIONEN
Weitere Informationen:
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