DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2015 - page 80

MARKT UND MANAGEMENT
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9|2015
Zentral versus dezentral?
Dezentrale Unterbringung von Asylsuchenden
und Kriegsflüchtlingen
Zu den bundesweit konträr diskutierten Themen der letzten Monate gehört auch der Aspekt der angemes-
senen Unterbringung von Asylsuchenden und Kriegsflüchtlingen. Häufig werden dabei dezentrale und zent-
rale Unterbringung als unvereinbare, gegensätzliche Lösungen dargestellt. Der folgende Erfahrungsbericht
beschreibt die dezentrale Unterbringung bei der Städtischen Wohnungsgesellschaft Pirna mbH (WGP).
Beide Unterbringungsformen haben ihre Exis-
tenzberechtigung und können sogar ergänzend
zueinander eingesetzt werden. Zentrale Unter-
bringungen sind problematisch oder scheitern vor
allem dort, wo es zu Überbelegungen kommt, wo
keine angemessene Betreuung erfolgt und wo
beispielsweise ethnische und religiöse Spezifika
missachtet werden. Meistens geht dies mit un-
genügender Kommunikation einher. Maßgeblich
für einen Erfolg sind die professionelle Umsetzung
und die Sicherstellungmenschenwürdiger Bedin-
gungen für Asylsuchende und Kriegsflüchtlinge.
Dann können auch verschiedene Modelle der Un-
terbringung funktionieren.
Dabei bleibt auch zu bedenken, dass dezentrale
Unterbringung kein geschützter und eindeutig de-
finierter Begriff ist. ÜberbelegteWohnungen, ein
hoher Anteil vonWohnungen in einemObjekt, die
mit Asylsuchenden und Kriegsflüchtlingen belegt
werden, oder einzelne, stark belegte Häuser – z. B.
eines pro Stadtteil –, die dann als angeblich dezen-
trale Unterbringung „verkauft“ werden, habenmit
demSinn einer dezentralen Unterbringung nichts
zu tun. Folgeprobleme wie Auseinandersetzungen
zwischen den untergebrachten Personen, Konflik-
temit der Nachbarschaft, die „Beschädigung“ des
Images von Standorten und Objekten etc. sind so
vorprogrammiert!
Arbeitsdefinition
Aus Sicht des Autors liegt eine dezentrale Unter-
bringung vor,
• wenn es sich bei den genutzten Räumlichkei-
ten um Wohnungen (z. B. i.S.d. § 181 BewG)
handelt,
• wenn die Nutzung der Wohnungen in einer
typischen Art und Weise erfolgt (eigenstän-
dige Haushaltführung, Mindestmaß an Privat-
sphäre),
• wenn die Anzahl der untergebrachten Perso-
nen einen Wert nicht übersteigt, der auch bei
Jürgen Scheible
Geschäftsführer
Städtische Wohnungsgesell-
schaft Pirna mbH
Die WGP ist mit ca. 6.000 Wohnungen
(sowie 150 Gewerbeeinheiten) die größte
Vermieterin im Landkreis Sächsische
Schweiz/ Osterzgebirge. Der Leerstand bei
vermietbaren Wohnflächen beträgt gegen-
wärtig ca. 11%.
Mit 60 Beschäftigten, davon 6 Auszubil-
dende bzw. BA-Studenten, wurden 2014
ca. 25,5 Mio. € Umsatz erzielt. Die Bilanz-
summe beläuft sich auf: 182,2 Mio. €.
STÄDTISCHE WOHNUNGS-
GESELLSCHAFT PIRNA MBH
Weitere Informationen:
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in.pirna
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Neubau und Sanierung
Energie und Technik
Rechtssprechung
Haufe Gruppe
Markt undManagement
Stadtbauund Stadtentwicklung
Blick auf den Stadtteil Pirna-Sonnenstein und die Bauten, in denen in Pirna Wohnungen
für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden
Quelle: WGP
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