DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT 9/2015 - page 86

MARKT UND MANAGEMENT
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9|2015
Um- und Aufarbeitung vor Ort
Dass der Export von Altkleidern in Drittweltlän-
der (in Ostafrika „Mitumba“, nach den gepressten
Ballen genannt) umstritten ist, weil angeblich da-
runter die heimische Produktion in den Ländern
leidet, wird inzwischen differenziert gesehen: „In
den Entwicklungsländern deckt die importierte
Gebrauchtkleidung einen großen Teil der Versor-
gung zu erschwinglichen Preisen. Die traditionelle
Kleidung der heimischen Textilbranche können
sich viele armeMenschen kaumnoch leisten. Und
der Kleiderhandel, die Um- und Aufarbeitung
der Textilien gibt inzwischen vielen Menschen
Beschäftigung“, erklärt Werner Wilkens von der
DESWOS.
Die Container werden i. d. R. wöchentlich entleert, um Überlauf zu
vermeiden. Fremdstoffe werden sofort aussortiert und gesondert
entsorgt. Die Textilien gehen an zertifizierte Sortierbetriebe und
werden dort nach Qualitäten tragbarer Kleidung und nach Gewebearten
sortiert. Tragbare und modische Kleidung geht in Second-Hand-Läden
in Deutschland. Weitere Kleidung und Textilien, Jeans, Frotteeware,
Tisch- und Bettwäsche wird sortiert und in Ballen gepresst. Sie werden
von Händlern in Entwicklungsländern gekauft und gehen weitverzweigt
auf die örtlichen Märkte und bedienen auch dort Käufer mit wenig
Kaufkraft. Sie sind auch die Einkaufsware der Kleingewerbetreibenden,
die Kleidung umarbeiten und für lokale Ansprüche anfertigen.
Textilien, die so verschlissen sind, dass sie nicht mehr getragen werden
können, gehen als Fasern und Sekundärrohstoffe in die Industrie. Sie
dienen der Isolierung, dem Schallschutz, der Polsterung und anderen
Zwecken. Auch Putzlappen und –wolle werden so vertrieben. Ledig-
lich stofflich nicht verwertbare Reste werden zur Wärmegewinnung
verbrannt.
Eine typische Auflösung einer Containersammlung ergibt in etwa
folgendes Bild: Etwa 10% der Kleidung gelten als in Deutschland
verkaufbare Secondhandware. Bis zu 30% finden Absatzmärkte in
Osteuropa, dem Mittleren Osten und Afrika. 25% werden als Fasern für
Recyclingprodukte genutzt. 15% sind nur als Putzwolle zu gebrauchen
und 5% sind Schuhe, Taschen und andere Produkte. Am Ende bleiben
15% Müll, der von den Sammelunternehmen kostenpflichtig entsorgt
werden muss.
Wohnungsunternehmen bieten der DESWOS Stellplätze für
Textilcontainer an. Gut geeignet sind Wohnanlagen mit starker
Frequentierung, Gewerbeimmobilien oder leicht zu erreichende
Stellplätze mit Parkmöglichkeit. Möglich ist auch, der DESWOS
ein Straßenverzeichnis des Wohnungsbestandes mit den dazuge-
hörigen Freiflächen zur Verfügung zu stellen. Die DESWOS berät
mit dem Wohnungsunternehmen und einem zertifizierten Recy-
clingunternehmen Platzwahl und Modalitäten der Aufstellung.
Die Container haben Maße von ca. 1,15x1,15 m und eine Höhe
von 2,25 m. Alle nötigen Angaben und Fotos der Stellflächen
werden in Datenblätter übertragen. Die DESWOS meldet dann die
gemeinnützige Sammlung bei der zuständigen Behörde an. Hier
müssen längere Bearbeitungszeiten eingeplant werden.
Die Container sind für die DESWOS besonders gestaltet, damit
auf den Zweck der Kleidersammlung hingewiesen werden kann.
Jeder Container wird durch das Recyclingunternehmen haft-
pflichtversichert und erhält als Service eine Rufnummer (falls
versehentlich Schlüssel oder Wertsachen eingeworfen wurden).
Über einen QR-Code und die Webadresse wird Auskunft über die
Arbeit der DESWOS gegeben.
Nach dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) sind die Sammel-
unternehmen der DESWOS vertraglich verpflichtet, am Ende
eines Wirtschaftsjahres eine exakte Abrechnung vorzulegen und
gegebenenfalls über die Pauschalen hinaus nachzuvergüten. Der
Gestattungsvertrag ist jederzeit kündbar.
WAS PASSIERT MIT DEN TEXTILIEN?
WIE FUNKTIONIERT DIE TEILNAHME?
Hausbauprojekt Vetapalem, Indien: Hilfe zur Selbsthilfe ist ein Prinzip in allen
DESWOS-Projekten. Die Eigenleistung der Menschen hilft die Baukosten zu senken
Andreas Otto, Vorstand Gifhorner Wohnungsbau-Genossenschaft eG,
vor einem Altkleidercontainer
Quelle: GWG
Weitere Informationen:
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