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das wirtschaftlich effektive Zusammenwirken
von Equipment und Prozess sichert das Beste-
hen im Wettbewerb. Zu IP-fähigen Geräten
passen dabei keine zeitversetzten Kosteninfor-
mationen. Die gerne zitierte Vision, das Werk-
stück solle den nächsten Arbeitsschritt selbst
festlegen, bleibt ohne online und im Equipment
selbst verfügbare Kosteninformationen reali-
tätsfern. Man benötigt Verfahrenskosten, die
der geringen Granularität des Equipments an-
gepasst sind.
Entscheidungen zum wirtschaftlichen Design
von Produkten (wirtschaftliches Konstruieren)
bedürfen gleichfalls niedrig granularer Kos-
teninformationen. Beispielhaft ist der Ver-
gleich von unterschiedlichen Formvariablen
des Designs und ihre Auswirkung auf den Ver-
formungsprozess oder die Gestaltung eines
Presswerkzeugs.
Zielvision ist ein über die IP-Adressierung
schnell auswertbarer digitaler Kostenzwilling
[vgl. 2] und ein Prozess, der die für wirtschaft-
lich optimale Verfahrensentscheidungen not-
wendigen Kostendaten selbst generieren kann.
Beschrieben wird hier ein IT-gestützter Weg zur
Erzeugung von Kostenzwillingen mit Hilfe einer
IoT-Kostenrechnung, realisiert auf einer heute
verbreiteten Open-Source-IT-Struktur. Für je-
des gewählte Equipment wird mit den Metho-
den der Plankostenrechnung ein digitaler Kos-
tenzwilling erstellt und unternehmensweit ver-
fügbar gemacht (vgl. Abbildung 1).
Der Kostenzwilling repräsentiert alle wirtschaft-
lich planungsrelevanten Daten, hier über reine
Kostendaten hinausgehend.
Grenzen der Unternehmens
kostenrechnung
Konventionelle Kostenrechnungssysteme arbei-
ten häufig mit Sekundärkosten aus Umlagen
[5,6,8]. Sie sind in einer auf schnellen Informa-
tionsaustausch angewiesenen Gerätewelt we-
der zeitlich noch inhaltlich aussagefähig. Der
bekannte Verursachungs-Bias durch Aggrega-
tion unterschiedlicher Geräte in einer Kosten-
stelle verfälscht die Kalkulationen und die Kos-
tenkontrolle. Objektorientierung kann zwar be-
grenzt auch in der Unternehmenskostenrech-
nung hergestellt werden, indem jeder größeren
Maschine bzw. Anlage eine eigene Kostenstelle
zugeordnet wird. Diese Kostenplatzgliederung
ist verbreitet (siehe die Maschinenstundensatz-
rechnung zur Kalkulation). Beschäftigung, Ver-
bräuche und Kosten werden dann pro Kosten-
stelle geplant und Istwerte erfasst. Die Kosten-
stellen-Maschinenidentität kann dann als
Maschinenplankostenrechnung bezeichnet
werden, realisiert z. B. auf der Basis von SAP
®
ERP, wie in [8] beschrieben. Sie stößt aber bei
der Vielzahl von Equipments in der Smart Facto-
ry rasch an ihre Grenzen. Die vielfältigen, wenig
standardisierten Einzelplanungen verhindern
zudem einen Einsatz der klassischen Kosten-
rechnung in der Smart Factory.
Gestaltungsmerkmale einer
IoT-Kostenrechnung
Aktualität, Verursachungsgerechtigkeit, Stan-
dardisierung, Algorithmierung, Transparenz
und Vernetzung sind herausragende Merkmale
einer IoT-Kostenrechnung.
Aktualität
stellt si-
cher, dass Kosten als Basis von Entscheidun-
gen verwendbar sind.
Verursachungsgerech-
tigkeit
ist ein klassischer Anspruch an jede Art
von Kostenrechnung, erkennbar in der Ablei-
tung von Kosten und Ertrag aus dem Mengen-
gerüst der unterlegten Ressourcen und Prozes-
se und in der Fokussierung auf das einzelne
Equipment im Sinne einer geringen Granulari-
tät.
Standardisierung
bedeutet eine Eingren-
zung des Planungsgerüsts auf bestimmte Kos-
tenarten, Rechenformeln und Planungstechni-
ken. Diese Forderung begünstigt die Anwen-
dung von Data Warehouses im Sinne eines
„one single point of truth“ für die verarbeiteten
Daten.
Algorithmen
ermöglichen es, Kosten
aus dem Mengengerüst der Prozesse automa-
tisch abzuleiten, ohne dass zeitaufwändige Ab-
stimmvorgänge oder Interpretationen notwen-
dig sind. Beispiele sind die bekannten Formeln
zur Ermittlung der Abschreibungs- oder Zins-
kosten aus dem Anschaffungs- bzw. Wieder
beschaffungswert [8]. Kosteninformationen
müssen jederzeit rekonstruierbar sein. Nur mit
dieser Transparenz (cost tracking) erhalten sie
ihre Plausibilität.
Vernetzung
bedeutet den
ubiquitären Zugriff auf Kosteninformationen
über Internet und Intranet.
Eine IoT-Kostenrechnung fokussiert sich auf
die Interaktion zwischen Umgebungsdaten
(„Betriebsdaten“) eines Geräts (Ressource,
Equipment), den Gerätedaten selbst und der
Kosten, die dieses Gerät pro Zeiteinheit verur-
sacht, den Prozessen (Fertigungsprozesse,
Dienstleistungsprozesse), die dieses Gerät be-
legen und deren Prozesskosten. Ressourcen
und Prozesse bilden das Mengengerüst für
Kosteninformationen, die jeweils pro Hand-
lungsobjekt abrufbar sind, also für Geräte, Pro-
zesse, Produkte, Kostenstellen. Methodisch
erbt die IoT-Kostenrechnung die Planungs- und
Kontrollmethoden der flexiblen Plankosten-
rechnung. Beschäftigungs-, Verbrauchspla-
nung und Kostenplanung gehören zum gefor-
derten Funktionsumfang wie auch Plan-Ist-
und Soll-Ist-Vergleiche.
Diese Methodenkongruenz sichert die Integrati-
on in eine bestehende Plankostenrechnung
(Unternehmenskostenrechnung), wie sie bei-
spielsweise auf der Basis von SAP
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ERP CO
®
Abb. 1: Digitaler Kostenzwilling zur Prozessoptimierung
CM Januar / Februar 2019