CONTROLLER Magazin 1/2019 - page 32

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Zeitpunkt in den Prozess mit eingebunden
werden.
Letztlich kann eine Optimierungs-
maßnahme nur erfolgreich umgesetzt werden,
wenn beide Partner dazu beitragen. Transpa-
rente Strukturen und offene Kommunikation
über mögliche Maßnahmen sind dazu wichtige
Voraussetzungen.
Keine Standardisierung im Angebotswesen
auf Lieferantenseite
Wenn im Beschaffungsprozess letztlich ver-
schiedene Lieferanten für extern zu beschaf-
fende Bauteile angefragt werden, ist es Kern-
aufgabe des Einkaufs, die eingehenden Ange-
bote zu vergleichen und unter Berücksichtigung
verschiedener Faktoren eine Entscheidung zu
treffen. In den meisten Fällen findet die Ange-
botsabgabe auf Basis der individuellen Formate
der Lieferanten statt.
Ein Vergleich – insbe-
sondere der Cost Breakdowns – ist nur mit
mühsamer manueller Arbeit möglich.
Ge-
wisse Komponenten lassen sich noch relativ
leicht vergleichen (z. B. Materialpreise), andere
Elemente – wie Fertigungsprozesse und Ferti-
gungskosten – können in ihrer Zusammenset-
zung sehr unterschiedlich dargestellt werden.
Dies macht es dem Einkauf extrem schwer, die
benötigten Vergleiche auf Detailebene durchzu-
führen.
Er kann damit nur in eingeschränk-
ter Weise auf die jeweiligen Bestandteile
des Lieferantenangebots in den Verhand-
lungen eingehen.
Best Practice – Enterprise
Product Costing
Um die hier beschriebenen Herausforderungen
zu meistern, bedarf es einer
ganzheitlichen
Managementmethode, wie z. B. dem Enter-
Technologien oder neue Regionen sind dadurch
nicht darstellbar.
Fehlende Kenntnis über die tatsächlichen
Kostentreiber
Bei der Beschaffung komplexer Baugruppen
sind vielfältige Fertigungsverfahren, unter-
schiedliche Sublieferanten oder die standort-
übergreifende Fertigung häufig anzutreffende
Phänomene.
Je größer die Komplexität der
Produkte und der zur Fertigung eingerich-
teten Lieferketten, desto schwieriger wird
es zu ermitteln, welche Bestandteile die
größten Optimierungspotentiale aufwei-
sen.
Simple ABC-Analysen greifen erheblich zu
kurz. Konzentriert sich die Optimierung (ledig-
lich) auf die letzten Stufen im Prozess, verfehlt
sie häufig das Ziel.
Um die Beschaffung komplexer Baugruppen
fundiert bewerten zu können, sind detaillierte
Kenntnisse des gesamten Prozesses erforder-
lich. Darüber hinaus sollten die eventuellen
Schwächen des Prozesses bekannt sein, da
Hebel an diesen Stellen besonders wirksam
eingesetzt werden können.
Fehlende Integration der Lieferanten in
das Kostenmanagement
Häufig betreiben Unternehmen Target Costing
oder Value Engineering als interne Disziplin, um
z. B. dem Einkauf Ziele für Kostenreduktionen
vorgeben zu können. Hierbei wird außer Acht
gelassen, dass es erforderlich ist, auch das
Know-how und die Möglichkeiten der jeweiligen
Lieferanten mit zu berücksichtigen.
Dies kann
nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn
die Lieferanten bereits zu einem frühen
gungskosten zu.
Kernfaktor bei der Ermitt-
lung ist die Zykluszeit der einzelnen Ferti-
gungsschritte
. Diese hängt von einer Vielzahl
von Variablen ab, je nachdem um welches Fer-
tigungsverfahren es sich handelt. So sind z. B.
beim Spritzguss Faktoren wie Wanddicke oder
projizierte Fläche des Bauteils ausschlagge-
bend. Bei mechanischer Bearbeitung, wie etwa
dem Bohren, spielt die Dicke des Materials
ebenso eine Rolle wie der Bohrdurchmesser.
Derartiges Know-how ist letztlich erforderlich,
um die tatsächlichen Fertigungszeiten und not-
wendigen Maschinen oder Qualifizierung der
Mitarbeiter beurteilen zu können. Wer nicht im
eigenen Unternehmen über dieselben Prozesse
oder zumindest über Experten in dem Bereich
verfügt, wird sich auf die Auskunftsbereitschaft
des Lieferanten verlassen müssen.
Fehlende Datenbasis für zielführende
Benchmarks
Ein wesentliches Kernziel ist es, den sogenann-
ten „Best Price“ zu ermitteln. Hierzu werden für
die Ermittlung der Zielkosten eines Produkts
oder einer Baugruppe ideale Rahmenbedingun-
gen angenommen.
Diese „Greenfield-Annä-
herung“ ermöglicht, die grundsätzlich vor-
handenen Optimierungspotentiale in den
Angeboten der Lieferanten zu erkennen
und entsprechend zu adressieren.
Um dies
zielgerichtet durchführen zu können, sind um-
fangreiche Datenbestände erforderlich, die für
die Ermittlung der Greenfield-Szenarien heran-
gezogen werden können. Hierzu benötigt man
Informationen etwa zu den Lohnniveaus in ver-
schiedenen Regionen der Welt, zu Anschaf-
fungspreisen für Maschinen, Materialpreisen
oder Gemeinkostenstrukturen unterschiedli-
cher Unternehmensgrößen. Derartige Daten-
banken sind (nur) schwer aufzubauen oder mit
Eigenmitteln zu recherchieren. Im Bestfall ha-
ben Unternehmen beispielsweise für den kalku-
latorischen Brownfield-Ansatz über Jahre hin-
weg die detaillierten Angebote ihrer Lieferanten
in entsprechende Excel-Dateien aufgenom-
men. Selten führen sie strukturierte zentrali-
sierte Datenbanken, um dieses Wissen verfüg-
bar zu machen. Diese Daten decken nur dieje-
nigen Bereiche ab, die in der Vergangenheit be-
reits relevant waren. Neue Materialien und
Autor
Alexander M. Swoboda
ist CEO der Facton GmbH. FACTON wurde 1998 gegründet und
ist an Standorten in Deutschland und USA vertreten. Seit 2006
wird das Unternehmen von Hasso Plattner unterstützt, dem
Gründer und Aufsichtsratsvorsitzenden der SAP AG.
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