CONTROLLER Magazin 1/2019 - page 15

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Mit der verpflichtenden Anwendung des neuen
Leasingstandards IFRS 16 für Geschäftsjahre,
die am oder nach dem 1. Januar 2019 begin-
nen, rückt für viele Implementationsprojekte
das Datum „an dem es ernst wird“ in greifbare
und spürbare Nähe. Obgleich die Ausarbeitung
des Standards durch das IASB einige Jahre in
Anspruch genommen hat und sich IFRS-An-
wender dadurch einen lückenlosen, klareren,
neuen Standard erhofft hatten, zeigt sich dem
Anwender insbesondere im Rahmen der Imple-
mentierungsprojekte, dass einige Punkte in der
praktischen Anwendung dann doch den ein
oder anderen Gedanken und Entscheidungen
abverlangen.
Software vs. Excel
Eine der ersten Entscheidungen, die ein Unter-
nehmen nach Analyse der „Leasing-Lage“ zu
treffen hat, ist, wie das Thema IT-seitig unter-
stützt werden soll. Konkret rangieren die Mög-
lichkeiten von einer in das entsprechende ERP-
System vollintegrierten Softwarelösung über
eine externe Softwarelösung bis hin zum „selbst
gebastelten“ Excel-Tool. IFRS-Anwender, bei
denen das Thema Leasing eine gewisse Grö-
ßenordnung bzw. Wichtigkeit einnimmt, werden
sich im Regelfall für eine software-basierte Lö-
sung entscheiden. Dies zum einen, um die sau-
bere Aufarbeitung des (Leasing-) Vertragsma-
nagements zu unterstützen, aber auch, um das
Thema Leasing möglichst effizient in die beste-
hende (fachliche) Prozesslandschaft zu integrie-
ren. Einige Softwareapplikationen bieten neben
den buchhalterischen Minimalanforderungen
auch Auswertungen zum Thema Leasing auf
Basis der eingegebenen Verträge an, welche im
Zusammenhang mit der Gesamtleasingstrategie
eines Unternehmens verwendet werden können.
Weiterentwicklung fachlicher
Interpretationen
Neben den weiteren „üblichen“ Herausforde-
rungen eines IT-Implementierungsprojekts gibt
es vor allem aber auch fachliche Aspekte, die
herausfordernd sind. So gab es nach Veröffent-
lichung des Standards in 2016 noch viele offe-
ne (Interpretations-) Fragen. Diese wurden kon-
tinuierlich durch Q&As des IASB aber auch den
geführten Diskurs im Expertenkreis adressiert.
Aufzupassen ist immer dann, wenn sich füh-
rende Experten- und IFRS-Kommentarmeinun-
gen im Verlauf des IFRS 16- Implementierungs-
projekts ändern. So geschehen bei einem der
signifikantesten Einschätzungsbereiche: der
Laufzeit des Lease. Hierbei ging es primär um
die Interpretation von Strafzahlungen im Zu-
sammenhang mit Kündigungsoptionen, die ei-
nen Einfluss auf die Laufzeit haben. Ging man
Anfang des Jahres noch klar davon aus, dass
hiermit ausschließlich vertragliche Strafzahlun-
gen gemeint sein können, tendiert die sich in
den letzten Monaten entwickelnde Praxisdis-
kussion nun eher dazu, den Begriff weit zu fas-
sen. So sollen auch die ggf. negativen ökonomi-
schen Auswirkungen, die die Ausübung einer
Kündigungsoption mit sich bringen, im weites-
ten Sinne als „Strafzahlungen“ subsumiert wer-
den. Nun gilt es natürlich, solche Veränderun-
gen in den laufenden IFRS 16-Projekten zu er-
fassen, auf Relevanz hin zu analysieren und zu
bestimmen, welche konkreten Auswirkungen
sich ergeben.
Daten, Daten, Daten
Ein weiterer Schlüsselfaktor beim Thema Lea-
sing-Bilanzierung ist der Umgang mit verschie-
denen Datenpunkten. So ist bereits für die kor-
rekte Erfassung aller Leasing-Verträge eine
Vielzahl an verschiedenen Informationen not-
wendig, die aus den Verträgen extrahiert wer-
den müssen. Neben den vorhandenen, aber
noch aufzubereitenden Daten gilt es auch, sich
dringend notwendige Informationen durch neue
Datenquellen zu erschließen. Oftmals findet der
IFRS-Anwender sich in dieser Situation, wenn
es um die Bestimmung des Grenzfremdkapital-
zinssatzes geht – die in der Praxis wohl meist
verbreitete Alternative, den benötigten Diskont-
zinssatz zu bestimmen. Hierbei gibt der Stan-
dard leider keine Hilfestellung. Die Anwender-
praxis ist aber dazu übergegangen, sich diesen
auf Basis der Zwiebeltechnik aufzubauen: Ne-
ben einem laufzeitäquivalenten Basiszinssatz
kommen weitere Elemente wie eine Kreditrisi-
koprämie und ggf. auch eine vermögens-
wertspezifische Anpassung mit dazu. Was sich
so einfach liest, kann für den einzelnen IFRS-
Anwender, wenn es um die entsprechende re-
gelmäßige Datenerhebung und Berechnung
des Zinssatzes geht, schnell zum kniffligen Pro-
blem werden. Woher die Daten nehmen und
wie interpretieren? Wobei letzteres durch einen
Ausflug in die Finanzmathematik gelöst werden
kann, kann die Datenherkunft auch schlichtweg
zur Kostenfrage werden, da Plattformzugänge
zu Bloomberg und Co nicht günstig sind.
Ein kurzer Blick auf die Zeitschiene
Die Praxiserfahrung verrät, dass sicherlich ein
großer Teil derjenigen IFRS-Anwender, bei de-
nen bereits die Implementierungsprojekte mit
Hochdruck laufen, dies voraussichtlich auch un-
ter Einhaltung der geforderten Stichtage schaf-
fen wird. Manche sogar mit etwas Puffer, ande-
re „just-in-time“. Kurzumfragen aus Seminaren
und Vorträgen zeigen uns aber, dass längst
nicht jeder IFRS-Anwender so weit ist. Wenn die
vom Standard geforderte Deadline 1. Januar
2019 (bzw. abweichende Geschäftsjahre, die
danach beginnen) in Gefahr ist, empfehlen wir,
entsprechend die Auswirkungen zu analysieren,
sich mit Ihrem Wirtschaftsprüfer bzw. Berater
zu besprechen und dann zu handeln. Noch ist
zumindest ein wenig Zeit, bis die entsprechen-
den ersten externen (Zwischen-) Abschlüsse er-
stellt und veröffentlicht werden müssen.
Kontakt:
Leasing IFRS 16:
Bald wird es ernst!
von Christian Landgraf, Jeetendra Singh-Verma
und Sebastian Repetz, Rödl & Partner
CM Januar / Februar 2019
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