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komplexe Analyserechnungen ist ein Beleg da-
für. Oftmals liegt dies aber auch am Verhalten
des Managements vieler Unternehmen, die
sich fürchten, ihre Entscheidungen aus kom-
plexen Massendaten abzuleiten, oder den hier-
für erforderlichen organisatorischen Aufwand
scheuen. Ähnliches aber gilt auch für die er-
hoffte bessere Erstellung von ‚Forecasts auf
Basis von Echtzeitdaten‘. Denn nicht Datenvo-
lumen und zeitliche Datenverfügbarkeit be-
stimmen die Qualität von Planungen und Prog-
nosen, sondern vielmehr Volatilität und Dyna-
mik des zu prognostizierenden Unternehmens-
umfeldes. Diese werden vermutlich aber eher
noch zunehmen.
Deutlich macht die Diskussion um Industrie
4.0 aber in jedem Fall bereits jetzt schon, dass
sich das Produktionscontrolling gegenüber
neuen, oftmals technisch-getriebenen The-
men stets offen zeigen muss. Dass dies gelin-
gen kann, zeigt beispielsweise die Symbiose
von Controlling und Produktion beim Thema
Lean Production und der dort eingesetzten
Wertstrom-Methode zur Optimierung des Fer-
tigungsflusses.
2
Diese Methode hat den Blick
auf neue Produktionskennzahlen gelenkt.
Kennzahlen, wie Kundentakt, Fluss- und Fließ-
grad sowie die Kennzahl EPEI (Every-Part-
Every-Intervall), sind konkrete Beispiele dafür,
wie sich das Produktionscontrolling auch in
Zukunft sinnvoll weiterentwickelt lässt.
Diese gegenseitige Offenheit seitens des Cont-
rollings und der Technik ist gleichzeitig ein gutes
Beispiel für eine erfolgreiche funktionsübergrei-
fende Zusammenarbeit in Unternehmen, Voraus-
setzung wiederum, die Rentabilität und die Wett-
bewerbsfähigkeit von Produktionsunternehmen
langfristig zu sichern. Entsprechend darf man
auch beim Thema Industrie 4.0 hoffnungsvoll in
die Zukunft blicken, dabei aber das umfassende
und bewährte Instrumentarium des Produktions-
controllers, das in diesem Beitrag dargestellt
wurde, nicht aus den Augen verlieren.
Fußnoten
1
Vgl.
gerufen am 23.05.2018
2
Vgl. beispielsweise Gottmann, J. (2016): Pro-
duktionscontrolling – Wertströme und Kosten
optimieren, Wiesbaden
Produktionscontrolling 4.0:
neue Möglichkeiten und
neue Anforderungen?
Dennoch hat in jünger Zeit die Diskussion über
die Bedeutung des Produktionscontrollings mit
dem Aufflammen des Themas „Industrie 4.0“
und „Digitalisierung in der Fertigung“ einen
neuen Schub erhalten. Neue industrielle Ge-
schäftsmodelle, die erst mit der Digitalisierung
möglich werden, erhoffte Verbesserung in der
Prognosequalität von Produktionsdaten sowie
die Möglichkeiten einer Auswertung von Mas-
sendaten in Echtzeit, wie z. B. einer vorzeitigen
Erkennung drohender Fertigungsfehler oder
drohender Maschinenausfälle, und damit um-
fassendere Kontrollmöglichkeiten lassen auf
neue Aufgaben des Produktionscontrollings
und, damit verbunden, auf neue Anforderungen
an das Produktionscontrolling schließen.
Gleichzeitig könnten sich durch eine noch in-
tensivere Vernetzung der unterschiedlichsten
Fertigungseinrichtungen, teilweise sogar stand-
ortübergreifend, neue Rationalisierungspoten-
ziale ergeben. Denn durch die Vernetzung
könnte die Abstimmung der Fertigungseinrich-
tungen weiter optimiert und damit die Auslas-
tung der Anlagen erhöht werden, was wieder-
um zu einer besseren Deckung von Struktur-
kosten führen würde. Die Bewertung der renta-
bilitätssteigernden Wirkung läge beispielweise
in den Händen der Produktionscontroller.
Aber noch ist aktuell nicht eindeutig abzuse-
hen, welche Auswirkungen die neuen techni-
schen Möglichkeiten auf die Denk- und Hand-
lungsweise des Controllings tatsächlich haben
werden und ob sich der Produktionscontroller
sogar hin zum oft zitierten „Data Scientist“ ent-
wickeln wird. Der Euphorie, die in einigen Ver-
öffentlichungen geweckt wird, und die ein
„neues“ Produktionscontrolling erwarten lässt,
darf mit Skepsis begegnet werden. So scheint
beispielsweise die in Veröffentlichungen gefor-
derte stärkere Flexibilisierung von Produktions-
planung und Budgetierung schon seit länge-
rem – beispielsweise dank Business-Ware-
house-Konzepten – auch ohne die technischen
Möglichkeiten von Industrie 4.0, umsetzbar.
Viele verfügbare Daten liegen bereits heute
brach und werden nicht für ausreichende Da-
ten-Analysen genutzt. Die ungebrochene Liebe
des Controllers zu Excel und der Verzicht auf
Produktionscontrolling
und Industrie 4.0: Konzepte,
Instrumente und Kennzahlen
Controller sollten die Grundlagen und Gestal-
tungsmöglichkeiten durch Industrie 4.0 und
das Internet of Things kennen. Die Beiträge
in diesem Band erläutern die Auswirkungen
von Industrie 4.0 auf das Produktionscontrol-
ling. Außerdem werden die wichtigsten Kon-
zepte, Instrumente und Kennzahlen für das
Produktionscontrolling vorgestellt.
Der Controlling-Berater Band 53:
Produktionscontrolling und Industrie 4.0:
Konzepte, Instrumente und
Kennzahlen
Bandherausgeber: Andreas Klein
216 Seiten, € 68,48
Mat-Nr. 01401-0135, Haufe-Lexware 2018
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