Controller Magazin 7/8/2018 - page 85

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Die Personalauswahl obliegt unverändert dem
Personalwesen, dass aber der passende Ver-
antwortliche rasch seine Aufgabe übernimmt
und es im Zeitraum des Übergangs nicht zu
Stillständen kommt, dazu kann das Controlling
einen substanziellen Beitrag leisten.
Das Projekt beinhaltet auch das Hinterfragen
der eigenen Entscheidungen und die Bereit-
schaft, Fehler einzuräumen. Dies erfordert per-
sönliche Gespräche, in die sich die Ansprech-
partner des Controllings einbringen und auch
ihrerseits ihr Vorgehen reflektieren. Deshalb
sollte die ausscheidende Führungskraft durch
einen Controller über das ganze Projekt beglei-
tet werden. Wurde schon in der Vergangenheit
partnerschaftlich zusammengearbeitet, verein-
facht dies die Durchführung.
Vorausetzungen im Einzelfall
Unabhängig davon, ob die Abgabe der Verant-
wortung lange geplant war oder kurzfristig er-
folgt, gegen Ende der Tätigkeit ist der Betroffe-
ne primär sich selbst gegenüber verantwortlich.
Potentielle Sanktionen sind unwirksam, Dro-
hungen würden verpuffen. Es gibt nur eine
Möglichkeit, den ausscheidenden Verantwortli-
chen zu erreichen: durch Überzeugung. Dies
setzt voraus, dass über den Ausscheidungs-
zeitpunkt hinaus eine emotionale Bindung zum
Unternehmen bestehen bleibt.
Als zweiter Parameter kommt das Verhältnis
des Ausscheidenden zum Controlling, genauer
zum Controller ins Spiel. Konnte der Controller
bisher überzeugen und einen Wertbeitrag aus
Sicht des Ausscheidenden schaffen, besteht
auch die Akzeptanz, im Rahmen der letzten
100 Tage zusammenzuarbeiten. Wurde dage-
gen der Controller als pedantischer Erbsenzäh-
ler wahrgenommen, macht sich nur Erleichte-
rung breit, den Kontakt nunmehr auf das for-
male Minimum einzuschränken, mehr kann
nicht erwartet und durchgesetzt werden. Inso-
weit zeigt die Bereitschaft zur freiwilligen Zu-
sammenarbeit dem Controlling auf, wie es mit
der eigenen Reputation bestellt ist.
Verschiebung der Perspektive
Die Beurteilung des eigenen Ausscheidens
hängt vom Betroffenen ab. Einer ist froh, end-
lich die Aufgabe abgeben zu können, ein ande-
rer bedauert sein Ausscheiden. Hier hat das
Controlling wenig Einfluss auf die Wahrneh-
mung des Betroffenen. Die Diskussion der
Gründe ist selten ergiebig.
An erster Stelle gilt es, die aufgezeigten Sach-
verhalte zu erläutern und gemeinsam mit dem
Betroffenen abzustimmen, welche Auswirkun-
gen ein Stillstand von bis zu 200 Tagen in des-
sen Verantwortungsbereich und auf das ge-
samte Unternehmen hätte. Zwar mag dies in
unterschiedlicher Intensität gegeben sein, ist es
jedoch ohne Eingriffe des Verantwortlichen
möglich, 200 Tage dessen Aufgaben nur zu
verwalten, stellt sich die grundsätzliche Frage,
inwieweit eine solche Position überhaupt einer
Führungskraft bedarf. Ist die Einsicht gewon-
nen, dass ein leerer Schreibtisch eben nicht
das Ziel sein kann, ist die wesentliche Grundla-
ge für ein erfolgreiches Projekt gelegt.
Herausforderungen eines aus-
scheidenden Verantwortlichen
Die folgenden fünf Fragen geben Impulse für
die Tätigkeit der letzten 100 Tage. Diese gilt es
bei Beginn dieses Zeitraums aufzuwerfen, wo-
bei das Controlling bewusst die Rolle des Spar-
ringspartners einnimmt.
°
Was würde ich strategisch implementieren,
wenn ich noch drei Jahre Zeit hätte?
Neben den operativen Herausforderungen die
langfristige Unternehmensentwicklung nicht aus
dem Auge zu verlieren, zählt zu den zentralen
Controllingaufgaben. Hier fordert das Controlling
ausscheidende Mitarbeiter oftmals zu wenig.
Aufgrund der gewonnenen Erfahrung, der
Kenntnisse der internen und externen Ansprech-
partner, weiß der Ausscheidende um die Aufga-
ben, welche in Angriff zu nehmen wären. Da
dem Betroffenen klar ist, dass der das Projekt
nicht zu Ende bringen wird, scheut er sich oft
davor, seinem Nachfolger nicht abgeschlossene
Projekte zu übergeben. Dabei wird es für diesen
meistens die beste Lösung sein, direkt in einem
laufenden Projekt seine Fähigkeiten einzuset-
zen, da ein rascherer Einstieg kaum möglich ist.
Das Controlling hat eine Projektvergangenheit
mit dem Betroffenen, auf der aufgebaut wird.
Manche Projekte waren ungewöhnlich erfolg-
reich, so dass vielleicht etwas Vergleichbares
sinnvoll ist, andere kamen zu früh, jetzt wären
die Voraussetzungen besser, in einem Verant-
wortungsbereich herrscht langer Stillstand, hier
können letzte Impulse nicht schaden.
°
Welche Personalentscheidungen würde
ich treffen, wenn ich noch zwei Jahre auf
meiner Position verbleiben würde?
Schwierige Personalentscheidungen gehören zu
den Aufgaben, die kein Mensch gerne trifft.
Zwar können im Einzelfall persönliche Probleme
in der Zusammenarbeit bestehen, welche sich
bei einem neuen Vorgesetzten relativieren, dies
Autoren
Dipl.-BW (FH) Susanne Schneider
ist im Rechnungswesen eines Industriekonzernes in Essen tätig.
Daniel Themessl
ist im Gesundheitswesen in Duisburg tätig.
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