CONTROLLER Magazin 5/2018 - page 28

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Der Risikomanager als Bewahrer
des nachhaltigen Erfolgs
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Ein Risikomanager kann auch im positiven Sinn
als Störenfried gesehen werden. Nämlich dann,
wenn er als Warner oder wie ein Watch Dog
Unternehmen, die sich in der Komfortzone bei
guter Ertragslage befinden, auf sich abzeich-
nende Veränderungen aufmerksam macht, die
eine Bedrohung der Erfolgsfaktoren darstellen.
Diese Eigenschaft sollte
nicht nur dem Risi-
komanager
anhaften, sondern jeder Manager
in seiner Funktion als Risikoeigner sollte über
diese Eigenschaft verfügen.
Unternehmenskrisen haben einen konse-
quenten Verlauf (vgl. Abbildung 1): Eine
stra-
tegische Krise
zeichnet sich ab, wenn Ver-
änderungen im Umfeld des Unternehmens
nicht wahrgenommen werden, wobei deren
Tragweite, Dynamik und das Maß der Auswir-
kung zumeist deutlich unterschätzt werden.
In dieser Phase ist der Handlungsspielraum
noch recht groß und auch noch ausreichend
Zeit, um das Unternehmen neu zu positionie-
ren. Bereits jetzt sind das Management und
der Risikomanager gefordert, die Frühwarnsi-
gnale zu erkennen. Diese Bedrohungen auf
die Erfolgspotenziale zielen zumeist auf die
Kernkompetenz und Wettbewerbsvorteile ab.
Technologischer Wandel, demografische Ver-
änderungen, veränderte Kundenbedürfnisse,
Digitalisierung von Geschäftsprozessen, ge-
setzliche und regulatorische Veränderungen
können massive Auswirkungen auf das be-
stehende Geschäftsmodell haben. In diesem
Sinn kann das Management (und der Risiko-
manager) mit einer risikoadäquaten, zu-
kunfts- und wertorientierten strategischen
Unternehmensführung für den nachhaltigen
Erfolg und Bestand des Unternehmens sorgen.
Besonderes Augenmerk ist auf disruptive
Veränderungen zu legen.
Werden Veränderungen und Krisensymptome
nicht rechtzeitig erkannt und Gegensteuerungs-
maßnahmen ergriffen, tritt sehr rasch eine
Eigendynamik ein. Zuerst gehen die Umsätze
zurück, dann beginnen die Deckungsbeiträge
und die Erträge zu erodieren, die
Ertragskrise
ist eingetreten. Die erste Reaktion sind Spar-
maßnahmen und Investitionsrücknahmen. Da-
mit werden aber nur kurzfristige Korrekturen
geführt, der den Wandel der Zeit ausgeblendet
hat und von seiner Allmacht und Allwissenheit
überzeugt ist. Aber auch in größeren Organisa-
tionen findet man in Führungsetagen autoritä-
re, machtgetriebene Egozentriker, die ein Hin-
terfragen ihres Handelns nicht zulassen. In
großen Unternehmen ist es auch keine optima-
le Lösung, wenn Vorstand und Aufsichtsrat im
Alleingang Risikopolitik und Strategie festle-
gen, ohne dass es gelingt, die operativen Ein-
heiten und die Suborganisationen bereits im
Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. In
diesen Organisationsstrukturen ist ein Risiko-
manager auf verlorenem Posten und wird nur
als Störenfried angesehen. Selbst bei hoher
Qualifikation hat er keine Durchschlagskraft.
Aussagen werden getroffen wie: „Risiken sind
da, um sie einzugehen“, „Das ist unternehme-
risches Risiko“, „Das haben wir immer so ge-
macht“, „Das hat sich auch in der Vergangen-
heit bewährt“, „Das haben wir im Griff“, „Das
wird die Zukunft weisen“. Diese Unternehmen
verpassen den Wandel der Zeit und laufen Ge-
fahr, sehr bald vom Markt zu verschwinden. In
dem Buch „Der Vorstand und sein Risikomana-
ger“
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wird hingegen lebhaft beschrieben, wie
die Kommunikation zwischen beiden konstruk-
tiv entwickelt werden kann.
auch für fremde Dritte verständlich und nach-
vollziehbar sind. Vor allem
·
was zur Entscheidungsfindung beigetragen
hat,
·
wie die möglichen Chancen und Risiken
analysiert, beurteilt und bewertet wurden,
·
welche Recherchen vorgenommen wurden,
·
woher die Informationen stammen,
·
welche Prämissen unterstellt wurden,
·
ob die möglichen Risiken die Tragfähigkeit
mangels ausreichenden Eigenkapitals bzw.
Finanzierungsmöglichkeit überschreiten
würden,
·
Szenarien erstellt wurden und
·
„was-wäre-wenn-Fragestellungen“ mit
Maßnahmen unterlegt wurden.
Für das Risikomanagement und den Risikoma-
nager bedeutsam ist dies nun durch den Bedarf
an entscheidungsvorbereitenden Risikoanaly-
sen in der Vorbereitung „unternehmerischer
Entscheidungen“ (im Sinne von §93 AktG), was
eine engere Zusammenarbeit mit dem Control-
ling erfordert.
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Viele Hearings, Hauptversammlungen, Ge-
richtsverhandlungen oder Untersuchungsaus-
schüsse wären anders verlaufen, wenn Ge-
schäftsleiter solche Dokumentationen hätten
vorlegen können. Dazu bedarf es eines Risiko-
managers, der den Entscheidungsprozess be-
gleitet, die Themen kritisch hinterfragt, und
Fachbereichsverantwortlicher, die ihr Know-
how umfassend einbringen.
Der Störenfried
auf verlorenem Posten
Besonders in Klein- und Mittelständischen Un-
ternehmen hat das Risikomanagement noch
nicht überall Eingang gefunden. Diese werden
sehr oft hierarchisch von einem Patriarchen
Autor
Brigitta John, MBA
ist Vorstandsmitglied und Regionaldirektorin Österreich, Schweiz
der Risk Management Association und Unternehmensberaterin
„Smart Value Creation“. Vormals war sie Financial Director einer
amerikanischen Werbe- und Mediaagentur, Geschäftsführerin von
Michelin Österreich und CFO eines Automobilzulieferers.
E-Mail:
Abb. 1: Krisenzahnräder
Der Risikomanager schafft sich ab!
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