CONTROLLER Magazin 2/2018 - page 16

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ten Blockchain-Ansätzen bestehen modifizierte
Konsensmechanismen.
Durch diese drei Prinzipien entsteht eine
Art manipulationssicheres, transparentes
Kassenbuch.
Mit einer nachvollziehbaren und
integren Transaktionsdatenbank wird ein neuer
Standard für Datenqualität und Sicherheit ge-
schaffen. Eine heterogene Gruppe aus sich
nicht vertrauenden Wirtschaftssubjekten ist
durch die Blockchain in der Lage, eine Vertrau-
ensbasis zu finden. Ohne Eingriff von vertrau-
ensstiftenden Intermediären können Transakti-
onen verifiziert und gespeichert werden. Die
Nutzung der Blockchain als Infrastruktur für
Geschäftsprozesse oder Supply-Chains mar-
kiert somit einen Paradigmenwechsel.
Mit der Blockchain als Basis sind viele weitere
Anwendungen denkbar: Smarte Kontrakte kön-
nen blockchain-basiert definierte Aktionen au-
tomatisiert ausführen. In Verbindung mit ver-
netzten Produkten (IoT) werden Prozesse trans-
parenter und effizienter. Erste Projekte zeigen
bereits das Potenzial der Blockchain. Im Okto-
ber 2016 nutzten die Commonwealth Bank of
Australia, Wells Fargo und Brighann Cotton die
Blockchain als Infrastruktur für die globale
Transaktion von Baumwolle.
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Der Einsatz der
Blockchain schaffte Transparenz zwischen
Käufer und Verkäufer, ein hohes Sicherheitsni-
veau und die Möglichkeit, die Sendung in Echt-
zeit zu verfolgen. Automatisierte Zahlungsströ-
me waren dabei an vorab vereinbarte Bedin-
gungen (Letter of Credit) geknüpft. Als Ergebnis
konnte das Projektteam die wesentlichen Vor-
teile einer Blockchain gegenüber traditionellen
Handelsfinanzierungen aufzeigen:
Transparenz:
Alle Beteiligten der Supply-
Chain haben aktuelle Daten, in einem in Echt-
zeit aktualisierten Netzwerk.
Kosten:
Keine physischen Dokumente und kein
Datenaustausch. Somit kein Risiko von fehler-
hafter Redundanz und Datenverlusten.
Individualität:
Angepasste Versicherungspo-
licen sind möglich.
Zweckmäßig:
Alle Parteien teilen zu jeder Zeit
online ein Transaktionsregister.
Sicherheit:
Verifizierte und unveränderbare Da-
tenbestände reduzieren die Gefahr von Betrug.
Analog könnte die Blockchain ähnliche Vor-
teile im Accounting und Audit-Bereich haben.
Blockchain als Infrastruktur
Die Blockchain ist genau genommen ein neu-
artiges Konzept, das auf vorhandenen Techno-
logien aufbaut und so einzigartige Vorteile
gegenüber zentralisierten Lösungen bietet.
Maßgeblich gehören zu den Sicherheitsmecha-
nismen die asymmetrischen Schlüsselpaare,
Hashwerte und der Konsensmechanismus. Mit
den asymmetrischen Schlüsselpaaren lassen
sich die Teilnehmer authentifizieren und Trans-
aktionen signieren, ohne dabei den Inhalt oder
die Identität des Senders zu erfahren. Mit dem
öffentlichen Schlüssel lassen sich Nachrichten
für einen bestimmten Empfänger verschlüs-
seln. Nur der Empfänger kann mittels des per-
sönlichen, privaten Schlüssels die Nachricht
entschlüsseln. Folglich können dadurch Trans-
aktionen sicher und für das Netzwerk transpa-
rent durchgeführt werden.
Ein weiterer Sicherheitsaspekt sind Hashfunk-
tionen. Durch
Hashwerte
wird der Blockinhalt
mit dem vorherigen Block in Form eines einma-
ligen Wertes verbunden. Eine nachträgliche
Manipulation des Inhaltes eines beliebigen Blo-
ckes würde den Hashwert verändern und somit
identifizierbar werden. Bevor der Inhalt sicher in
die Blockchain eingefügt werden kann, muss
dieser verifiziert werden. Mittels
Konsensme-
chanismen
gelingt eine Übereinstimmung der
kohärenten Knotenpunkte des Netzwerkes. Im
Fall von Bitcoin müssen Knotenpunkte für die
Blockerstellung eine Rechenaufgabe lösen, bei
dem der Schwierigkeitsgrad von der gesamten
beteiligten Rechenkapazität abhängt. Bei priva-
·
Öffentliche Architektur:
Ohne Zugangsbe-
schränkung ist es jedem potenziellen An-
wender gestattet, die Blockchain zu nutzen
und Mining-Aktivitäten durchzuführen.
Transaktionen werden durch Konsensproto-
kolle verifiziert. Geprägt ist diese Architek-
turart durch das größte Maß an Dezentralität.
·
Konsortiale Architektur:
Ähnlich der Struk-
tur eines Konsortialkredites haben vorausge-
wählte Knotenpunkte des Netzwerkes das
Recht, Transaktionen zu verifizieren. Partiell-
dezentralisiert werden Transaktionen durch
die Mehrheit der Knoten verifiziert.
·
Private Architektur:
Jeder Nutzer wird
durch eine zentrale Instanz einzeln zugelas-
sen und erhält unterschiedliche Rechte inner-
halb des Netzwerkes. Oft erhalten die Teil-
nehmer nur das Recht, den Inhalt der Block-
chain zu lesen und nicht aktiv zu schreiben.
Die Auswahl geeigneter Blockchain-Architektu-
ren richtet sich nach den individuellen Zielset-
zungen in den Punkten Sicherheit, Kontrolle,
Kosten, Zweck und Umfang. Für die Anwendung
durch private Unternehmungen bieten die kon-
sortiale und die private Blockchain ein Mindest-
maß an Zugangsbeschränkung und Kontrolle.
Multinationale Prozesse könnten etwa in einer
konsortialen Blockchain mit asymmetrischen
Befugnissen sowie Stimmrechten abgebildet
werden. Aber auch vollkommen private Block-
chain-Anwendungen ermöglichen eine neue
Form der Buchführung und bieten die Möglich-
keit, externen Instanzen temporären Zugang zu
gewähren. Ferner können hybride Strukturen
für individuelle Zielsetzungen gewählt werden.
Autoren
Prof. Dr. Horst Tisson
arbeitete nach seinem BWL-Studium für IBM, Andersen Consulting/
Accenture und Thomas J. C. Matzen. Seit 1995 ist er selbstständig
und in Beiräten tätig. Die Tisson & Company GmbH beschäftigt sich
heute mit digitalen Geschäftsmodellen und Smart Services. Er ist
zudem seit 2009 Professor für BWL an der FOM, insb. für Informa-
tionsmanagement und Controlling.
Sebastian Rieck, M. Sc.
arbeitet seit Beginn seiner akademischen Ausbildung als Juniorberater
in der Unternehmensberatung PRP HanseCorp GmbH. Im Rahmen sei-
ner Masterthesis erforschte Herr Rieck die Auswirkungen der Block-
chain Technologie auf Finanzintermediäre. Nach Abschluss des dualen
Masterstudiums folgten Publikationen und Beratungsaufträge zum
Thema Blockchain. Seine Schwerpunkte liegen in den Bereichen Digi-
talisierung, Beteiligungstransaktionen und Projektmanagement.
E-Mail:
Blockchain
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